Hannes Fehringer über die Musik der Flatcat Ramblers zurück

Wahrscheinlich sind wir Old-Timer. Manche mögen es mangels besserer Kenntnis Country-Music nennen. Glücklich macht uns das nicht. Ganz im Gegensatz dazu, wenn wir am Wochenende die Instrumente auspacken und es heißt: „It’s pickin’ time!“

Über den Kamm geschoren werden wohl auch die Flatcat Ramblers in die Schublade für „Country-Music“ gesteckt. Aussagekraft hat das allerdings gerade mal so viel, dass die Band nicht Hip-Hop spielt. „Country-Music“ ist ein Hilfs-Hauptwort für völlig unbeleckte Hörer, die mit Begriffen wie „Bluegrass“ und „Western Swing“ noch weniger bis gar nichts anfangen können. Richtiger wäre der Begriff „rural music“, der in den ländlichen Raum der USA verweist und damit ein deutlicher Wegweiser in Richtung Folk ist. „Bluegrass“, eine Leitrichtung für die Flatcat Ramblers, wird im Handel gemeinhin unter „Country-Music“ eingeordnet und hat doch damit so wenig gemein. Fans in Westernwear und Cowboystiefeln sind auf einem Bluegrass-Festival so verloren wie ein Maverick, ein Kalb, das sich im Grand Canyon verlaufen hat. Mit der „Country Music“ von John Denver, Kenny Rogers, Johnny Cash etc. haben die Flatcat Ramblers genau so wenig zu tun wie in unseren Breiten Volksmusik mit dem Musikantenstadl.

Die USA als Einwanderungsland sind ein Schmelztiegel für verschiedene Herkünfte, was auch für die Musik gilt. Die angebliche Kulturlosigkeit der Amerikaner ist ein verbreiterter Irrglaube. In Wahrheit haben die USA eine sehr hoch entwickelte Kultur, die ihre Stärke aus der Vielheit bezieht, aus der Promenadenmischung verschiedener Strömungen und aus dem Ineinanderfließen verschiedener Traditionen. Einer der Ahnherren, die wir „Ramblers“ in Ehren halten, ist Bill Monroe, der Vater des Bluegrass. Was weniger bekannt ist: Monroe, der Meister der Mandoline, hat wesentliche Phrasen (Licks) von dem afroamerkanischen Bluesgitarristen Alfred Schultz gelernt. „Country-Blues“ – wieder der irreführende Vorsatz „Country“ – ist ebenfalls eine Lebensader für die Flatcat Ramblers. „Country-Blues“ meint eigentliche die akustische Spielart aus der Zeit der 78-er Schallplatten, Blind Blake und Mississippi John Hurt. Oder Yank Rachell, der als Bub seine erste Mandoline für ein Schwein eingetauscht hat.

Ein weiteres Element ist der frühe Rock’n’Roll, dessen Zwillingsbruder damals noch der Boogie war. Wir wollen Rock’n’Roll Nummern ebenfalls nicht elektrisch, sondern mit Akustikinstrumenten spielen und dem ländlichsten aller Instrumente: Der Mundharmonika, die das Gefühl von Freiheit aber auch Einsamkeit am besten ausdrückt. Natürlich darf in diesem Zusammenhang das fünfsaitige Banjo nicht fehlen. Auch hier bemühen wir uns, wieder sehr frühe Formen auferstehen zu lassen – etwa den großartigen Zwei-Finger-Stil von Wade Mainer.

Eine immer wichtigere Zutat für die Flatcat Ramblers werden Einflüsse aus der Hawaii-Musik sein. Auch hier möge der Leser nicht in die Falle tappen: Hawaiiklänge bekamen in den Sechzigerjahren bei uns einen sehr kitschigen Beigeschmack nach Schlagerparade. Tatsächlich ist die Hawaii-Musik alles andere als für einfache Gemüter. Solomon Hoopii, einer der wohl besten Spieler der Hawaii-Gitarre hat weite Ausflüge in den Jazz unternommen, seine Improvisationen erinnerten streckenweise sehr an Django Reinhardt. Die Steelgitarre wanderte dann auch in die „Western“-Musik ein und in den Blues auch, da aber als die ebenfalls quer gespielte Lapsteel-Gitarre.

Hilfreich für unsere Pläne wird auch die Bibliothek des US-Kongresses sein. Zum Glück gibt es auf der Website jede Menge an legalen mp3-Downloads alter Blues- und Fiddletunes, eine wahre Fundgrube für Freunde der „rural music“, wie wir es sind. Wir möchten gern in nächster Zeit einige dieser alten Nummern von den von digitalisierten 78-er-Schellacks herunterhören und arrangieren. Den eigentlichen Zweck davon heiligt ist unsere Philosophie: Wir wollen einfach gerne gemeinsam Musik machen, weil es Freude macht. Nicht dass wir Fernseher, MP3-Player, Computer und Videoplayer verdammen und zum Teufel wünschen. Es ist nur so, dass einem das Herz aufgeht, wenn es heißt „Come on boys and girls, it’s pickin’ time!“ – also Zeit, die Instrumente aus den Koffern zu holen, im Sommer draußen zu jammen. Das ist das Beste, um nach einer Woche Arbeit Freude und Kraft zu tanken.

Foto: Gabi Bayer

Foto: Norbert Mottas

Hannes Fehringer spielt nicht nur Banjo, Mandoline, Gitarre, Dobro, Steelguitar, Ukulele und und und, er ist auch der Musikhistoriker der Flatcat Ramblers.

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