Lautstarke Brauchtumshülsen (25. Juni 2003)

Wir sind eine ziemlich unverheiratete Firma, wie meine Kollegin zu sagen pflegt. Und das ist gut so, denn "Heiraten kann Ihre Gesundheit gefährden". Ist doch so eine Hochzeit mit einer Reihe von gesundheitsstrapazierenden Bräuchen - nicht nur für das Brautpaar - verbunden. Einer der lästigsten und in hohem Maße asozialen Bräuche ist das Böllerschießen, bei dem die ganze unschuldige Siedlung im frühen Morgengrauen aus ihrem verdienten Wochenendschlaf gedonnert wird.

Da in unserer aufgeklärten Zeit niemand ernsthaft glaubt, mit der Knallerei könne man böse Geister vertreiben oder verhindern, dass ein Drittel aller Ehen von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, kann es sich beim Böllern nur um eine inhaltsleere Brauchtumshülse handeln - oder um simple Freude am Lärmen.

Wenn sich nun im lärmgeplagten Bürger der Wunsch immer weniger unterdrücken lässt, es möge sich endlich einer dieser Knallköpfe verletzen, damit das Geballere ein Ende nimmt, wird es bedenklich. Wobei dieser Wunsch ohnedies nach hinten losgeht: Denn dass dieses Böllern zu schweren Gehörschäden führen kann, wird jeder Arzt bestätigen. Was in weiterer Folge dazu führt, dass die Radau-Brauchtümler noch mehr Schießpulver nehmen und noch lautere Böller abfeuern müssen, um überhaupt etwas zu hören.

Als Alternative zum Böllern könnte man neue Hochzeitsbräuche einführen, etwa das Winken mit Seidentüchern oder ein rituelles Haarkämmen der Gratulanten.

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Das verbellte Paradies (2. Juli 2003)

Was gibt es nach einem anstrengenden Tag im Büro Schöneres als sich auf das Fahrrad zu schwingen und eine Runde zu drehen. Mein "Hausweg" führt durch Getreidefelder, einen Auwald, die Donau entlang und durch die Au. Wenn am Abend die Sonne schon tief steht, taucht sie die ganze Landschaft in kräftige Farben.

Das Grün ist grüner, die Weizenfelder leuchten beinahe rot und durch die langen Schatten erhält die Gegend ein Plastizität, die fast schon irreal anmutet. Durch diese schöne Szenerie radle ich also, bin bester Laune und erfreue mich des Daseins. Plötzlich schießt aus einem Hausgarten ein grantiger Hund hervor, galoppiert zähnefletschend auf mich zu und verbellt mich direkt an meinen Wadeln. Seit ich einmal von so einem Hundsviech gebissen worden bin, bin ich auf derlei Attacken nicht gut zu sprechen. Ich brülle: "Schleich dich du Scheißköter, du blöder!" Der Hund lässt von meinen Wadeln ab, bellt noch ein paar Mal und verzupft sich schließlich.

Eine Viertelstunde später ertappe ich mich dabei, dass ich zwar noch immer durch eine wunderschöne Landschaft radle, davon aber nichts mitbekomme, weil in mir noch immer der Zorn auf den Köter kocht.

Ein paar Kilometer weiter sitzt ein großer semmelfarbener Hund am Straßenrand und blickt mir interessiert entgegen. Als ich auf seiner Höhe bin, hebt er den Kopf, als wolle er grüßen und wedelt mit dem Schwanz. Nach einiger Zeit drehe ich mich um und sehe, dass mir der Hund noch immer voll Interesse nachschaut. Und im Licht der Sonne, die bereits am Untergehen ist, leuchtet sein Fell besonders schön.

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Grüßen am Campingplatz (20. August 2003)

Ein wesentlicher Aspekt des Campinglebens besteht darin, ständig weite Wege zurücklegen zu müssen. Ob Wasser holen oder Wasser lassen, ob Morgen-, Mittags- oder Abendtoilette, ob Semmerl fürs Frühstück holen, ob Geschirrabwaschen, Müllentsorgen oder der Gang zum Badeplatz ... alles ist mit einem Fußmarsch verbunden. Stets vorbei an immer den selben Zelten mit immer den selben Leuten davor. Dabei zeigt sich noch eine Eigenheit des Campinglebens: Ein Großteil des Privatlebens spielt sich in der Öffentlichkeit ab. Nun gebietet es das ungeschriebene Gesetz österreichischer Campingplätze, die unmittelbaren Nachbarn zu grüßen oder ein paar freundliche Worte zu wechseln. An ihnen kommt man in der Regel bis zu zwanzigmal pro Tag vorbei. Bei der ersten und der letzten Begegnung kann gegrüßt werden. Dazwischen ist die kommunikative Kreativität besonders gefordert. Im Russischen gibt es einen geradezu genialen Gruß: "Mui ushe dhali! - Wir haben einander schon gegrüßt." So grüßen einander Russen, wenn sie sich innerhalb eines kurzen Zeitraums ein zweites Mal begegnen. Diesen Gruß gibt es weder im Französischen noch im Deutschen, den beiden Sprachen, die ich zum Grüßen meiner unmittelbaren Campingnachbarn am Wolfgangsee benützte. Wenn man Glück hat, sitzen die Nachbarn gerade beim Essen, dann kann man "Guten Appetit!" wünschen.

Der Familie aus Frankreich, mit der ich beim Frühstück den Schatten eines Baumes teilte, konnte ich in regelmäßigen Abständen berichten, was die Wettervorhersage im Radio angekündigt hat. Beim deutschen Ehepaar behalf ich mir meist mit dem Kommentieren des Wetters und der Wassertemperatur des Sees. Wichtig: Vorbeischleichen gilt nicht!

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Wider den Sockenterror! (27. August 2003)

Ich bin bekennender Warmduscher, Schattenparker und - Sockenträger. Jawohl, meine sehr geehrten Damen und Herren: Ich trage Socken. Auch im Sommer. Auch mit kurzen Hosen. Auch mit Sandalen. Und ich schleudere hiermit dem landläufigen Sockenterror ein entschiedenes NEIN! entgegen. Nein, nein und noch einmal: nein! Der Geschmackspolizeiverordnung, ein Mann dürfe niemals weiße Socken tragen - es sei denn zu sportlichen oder medizinischen Anlässen - kann ich ja noch etwas abgewinnen. Aber dass mann(!) niemals Socken und Sandalen gleichzeitig tragen dürfe, das lehne ich mit Bestimmtheit ab.Während meines Sommerurlaubs trug ich meinen - in Bekleidungshinsicht äußerst toleranten - ReisegefährtInnen zuliebe ein paar Mal keine Socken zwischen meiner Haut und den Sandalen. Und was hatte ich davon? Hautabschürfungen, Blasen und brennende Sohlen. Fußsohlen, wohlgemerkt - nicht die Sohlen der Sandalen. Da ich mir keine wassergekühlen, titanveredelten, fußfixierenden und dennoch nicht klebenden Sandalen leisten kann und will, werde ich weiterhin Socken verwenden. Socken kann ich bei Bedarf auch mehrmals am Tag wechseln und diese problemlos in der Tasche mitführen. Sockenlos getragene Sandalen hingegen bleiben schon aus Gründen der Hygiene mehr als pfuigack.Das einzige Problem bei den Socken stellt sich beim Waschen ein: Obwohl ich Socken IMMER paarweise trage - auch dazu stehe ich! - und diese paarweise zur Schmutzwäsche werfe, kommt nach dem Waschen stets eine ungerade Anzahl an Socken aus der Waschmaschine. Das ist der Preis des Widerstands.

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Winter Trend-Sportart: „Eiskratzing“ 2004/5

Heute bin ich schon wieder zu spät gekommen. Das müsste nicht sein, ist aber. Der Volksmund, dem beschieden wird, unendliche Weisheit zu verbreiten, schuf den klugen Ausspruch: „An manchen Tagen kommt alles zusammen“. Bei mir ist das täglich der Fall. Das stimmt jetzt natürlich nicht wirklich, aber manchmal da hunzt es schon gewaltig und dann komme ich mitunter zu spät.

So ein Hunz-Tag beginnt zum Beispiel damit, dass das Auto von einer Eisschicht überzogen ist. Nun gibt es drei Arten von Eis: Normales Eis, weiches Eis und boshaftes Eis. Raten Sie einmal, mit welcher Art Eis ich es zu tun habe. Vollkommen richtig! Boshaftes Eis ist dadurch gekennzeichnet, dass sich über der eigentlichen Eisschicht eine weitere Schicht gebildet hat, die derart hart und spiegelglatt ist, dass man mit dem Eiskratzer nur unter höchster Kraftanwendung Resultate erzielen kann. Meist bestehen die Resultate darin, dass der Stil des Eiskratzers abbricht, und bei genauerem Hinsehen könnte man meinen, die Eisschicht würde höhnisch grinsen.

Früher oder später (meist zweiteres) habe ich mich dann doch zur Windschutzscheibe durchgearbeitet und kann mich hinter das Lenkrad klemmen.

Kaum fahre ich ein paar Meter, da beginnt die Scheibe innen Eis anzusetzen. Da hilft kein Gebläse, weder kalt noch warm (was eh noch nicht zur Verfügung steht). Da hilft nur reiben. Jetzt hat die Innenseite der Windschutzscheibe den verflixten Nachteil, dass sie derart blöd gewölbt ist, sodass man sich beim Eiskratzen ziemlich verbiegen muss, um die Scheibe frei zu kriegen. Dass einem dabei das Lenkrad im Weg ist, ist nur eine kleine Bosheit am Rande.

So, nun sind die Scheiben frei, aber die nächsten Widrigkeiten des Straßenverkehrs warten bereits auf mich.

Fortsetzung folgt.

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„Gegenzeit“ auf dem Weg zur Arbeit 2004/6

An manchen Tagen herrscht „Gegenzeit“. Das ist so wie Gegenwind, nur dass einem statt Luft Zeit entgegengeblasen wird. An solchen Tagen geht einfach nichts weiter. Auch im Straßenverkehr. Es beginnt schon einmal damit, dass man sich erst durch eine dicke Schicht Eis kratzen muss, bevor man das Auto benutzen kann.

Mein Weg zur Arbeit beginnt an der B 123a. Wäre ich zehn Sekunden früher an der Kreuzung Richtung Mauthausen gewesen, dann würde ich VOR dem Lastwagen fahren, der gerade abgebogen ist und nicht dahinter. Allerdings habe ich nichts dagegen, wenn auf der B 123a vor mir ein Lastwagen fährt, denn in dieser Gegend treiben ziemlich viele Kurvenschneidrüpel ihr Unwesen. Vor einem bulligen Lastwagen haben sie dann doch mehr Respekt als vor meinem Kleinwagen, und ich begebe mich also in den Schutz des Brummers. Dieser biegt bei der nächsten Schottergrube links ab und muss natürlich einigen Gegenverkehr abwarten. Gerade so lange, bis ein Betonmischfahrzeug vor mir auf die Straße fährt. Auch gut, ein Betonmisch-LKW macht noch mehr Eindruck auf Kurvenschneider und hält sie mir vom Leib.

Die nächste Hürde ist der Bahnübergang in Pyburg. Natürlich ist Rot angesagt. Der Zug fährt langsam in die Haltestelle ein. Ein paar Leute steigen aus, ein paar steigen ein. Dann schließen sich die Türen. Noch immer ist Rot. Der Zug setzt sich langsam in Bewegung, fährt jetzt erst über den Bereich des Bahnübergangs. Dann erlöscht das Licht und ich kann in die B 123 abbiegen.

Nein. Auf der Mauthausner Brücke kommt mir kein Schwerfahrzeug entgegen, wegen dem der Verkehr kurzzeitig angehalten werden muss. Meine Verspätung beträgt bereits 15 Minuten und ich bin noch nicht einmal auf der B3.

Fortsetzung folgt.

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Trilogie der Verzögerungen 2004/7

Aufmerksame LeserInnen wissen, dass ich hier erkläre, warum ich manchmal zu spät komme. Dies ist der dritte Teil — ich habe bereits eine Viertelstunde Verspätung angesammelt — und ich befinde mich gerade auf der Mauthausner Brücke, um auf die B 3 Richtung Perg zu fahren. Natürlich ist zunächst einmal Rot. Dazu sind Ampeln schließlich da. Kaum bin ich auf der B 3, werde ich auch schon mit der allerungünstigsten Konstellation des Straßenverkehrs konfrontiert: Traktor — Mopedauto — Lastwagen, und dahinter eine lange Kolonne. Und gut durchwachsener Gegenverkehr. Wohlgemerkt: es ist das gute Recht aller, hier zu fahren! Ich will nur erklären, warum ich zu spät komme.

Vor mir fährt ein „Nervösi“, der es einfach nicht glauben will, dass derzeit Überholen nicht drin ist: Er lenkt das Auto zur Fahrbahnmitte, sieht dass etliche Fahrzeuge entgegenkommen. Fährt wieder nach rechts. Lenkt das Auto wieder in die Mitte: wieder nichts — wieder nach rechts. So geht das die ganze Zeit. Solche Fahrer erinnern mich an Wespen, die auch zunächst in nervösem Zickzack umher fliegen, bevor sie sich aufs Marmeladebrot setzen. Einzig, wer von beiden intelligenter ist, wage ich nicht zu beurteilen.

Hui! Jetzt kommt von hinten einer dahergeschossen, der die Sperrlinie, die extra wegen seinesgleichen aufgemalt wurde, ebenso ignoriert, wie das entgegenkommende Fahrzeug. Dessen Lenkerin legt eine filmreife Vollbremsung hin. Auch ich muss heftig einschleifen, denn der [hier Schimpfwort einfügen!] zwängt sich zwischen mich und den Wespenmann. Schon wieder setzt der [...!] zum Überholen an und kollidiert fast mit dem Wespenmann, der gerade wieder Richtung Fahrbahnmitte unterwegs ist.

Ich sehe nun bereits die Skyline von Perg. Bald werde ich am Arbeitsplatz eintreffen, wenn nicht...

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He! Sie da hinten: Halten Sie Abstand! 2004/8

Ich will mich ja nicht zum Abraham a Santa Clara des Straßenverkehrs hoch stilisieren, aber es gibt schon ein paar Verkehrsteilnehmer, denen ich gerne ordentlich die Leviten lesen würde.

Meine besonderen Freunde sind etwa die Hintendraufpicker. Ich halte mich weitgehend an die Geschwindigkeitsbegrenzungen – Tachoungenauigkeit bereits mitgerechnet. Und doch gibt es immer wieder welche, die herangeschossen kommen und dann auf Stoßstangenfühlung gehen.

Manchmal lassen sie auch ihre wunderschöne Lichthupe aufblitzen. Glauben die im Ernst, dass mich ihre Rüpelhaftigkeit dazu bewegen kann, eine Gesetzesübertretung zu begehen? (Besonders schlimm ist es übrigens auf der B 123 im Ortsgebiet von Pyburg, wo viele – zum Leidwesen der Anrainer – am liebsten mit vollem Karacho durchpreschen würden.) Schauen Sie sich einmal so einen Hintendraufpicker genauer an: Der Oberkörper leicht vorgebeugt, der Kopf noch weiter nach vorne geneigt und im Blick ein Ingrimm, der ans Pathologische grenzt. Und das Fahrzeug: meist ein mit allerlei P-Klumpert aufgemotztes Protzomobil.

In der Fahrschule lernt man Folgendes: Wenn sich der Abstand nicht an die Fahrgeschwindigkeit anpassen lässt (weil sich etwa hinten einer nicht zu benehmen weiß), dann muss man die Geschwindigkeit an den Abstand anpassen. Damit haben diese Rüpel eine besondere Freude. Nun ist der Straßenverkehr nicht gerade der Ort, wo man sich mit gegenseitigen Provokationen blöd spielen sollte, aber manche machen es einem schon ziemlich schwer, Abstand zu bewahren. Insbesondere wenn man mit Leuten konfrontiert ist, die ihr Fahrzeug und die Straße dazu missbrauchen, Aggression und Machtkomplexe ungehemmt auszuleben.

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Die falsche Schlange 2004/19

Es interessiert Sie sicher, warum ich mich vor dem Einkaufengehen satt esse. Nein, nicht weil man im Hunger dazu neigt, viel zu viel einzukaufen, was mir mitunter auch in sattem Zustand passiert. Nein! Ich esse mich satt, damit ich die Wartezeit an der Kasse besser überstehe. Aus irgendeinem Grund habe ich die untrügliche Fähigkeit, mich bei den Supermarktkassen treffsicher an jener Schlange anzustellen, in der es am längsten dauert. Da nutzt es auch nichts, wenn ich die kürzeste Schlange wähle. Dann sind mit einer an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit Leute vor mir, die Proviant für 20 Personen einkaufen, die 14 Tage auf einer Selbstversorgerhütte verbringen. Habe ich allerdings meinen Fehler bemerkt und will noch schnell die Schlange wechseln, da geht es schwupp!, schwupp!, schwupp!, und schon stehen an der Schlange, die ich angepeilt hatte, drei Einkaufende mit überbordend vollgeladenen Einkaufswagerl.

Und dann gibt es auch noch Leute, die vergessen haben, ihr Gemüse abzuwägen. Diese werden von den Wartenden mit strafenden Blicken gefoltert, während die Kassiererin zur Gemüsewaage eilt. Strafende Blicke treffen einen auch dann, wenn man beim Überprüfen des Kassazettels feststellt, dass der Scannerpreis nicht mit dem Preis am Regal übereinstimmt. In diesem Fall muss die Kassiererin von ihrer Kollegin den Kassaschlüssel beantragen, und es kann schon eine Weile dauern, bis die Differenz ausbezahlt wird. So etwas passiert gerne am Freitagnachmittag, wenn besonders viele Leute an den Kassen angestellt sind. Ein beliebtes Spiel ist auch der Kleingeldtrick. Die einkaufende Person schüttet ihr gesamtes Kleingeld auf das Förderband, um dann genau jene Münzen herauszuklauben, mit denen am münzintensivsten bezahlt werden kann. Natürlich fallen dabei ein paar Münzen zu Boden, rollen unter die Einkaufswagerl und Süßigkeitenständer...

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Finsternislauf im Supermarkt 2004/21

Als Reaktion auf meine Kolumne in der Kalenderwoche 19 schilderte mir Leser Wilhelm G., welche Umstände ihn länger als geplant in der Schlange vor der Supermarktkasse verweilen lassen. Sie beginnen bei Kassabonrollen, die ausgerechnet dann zur Neige gehen müssen, wenn er fast schon dran war und gehen bis zu Bankomatkartenbenutzern, die entweder den falschen Code im Kopf haben oder mit einer defekten Bankomatkarte zahlen wollen und kein Bargeld bei sich haben. Was natürlich die Kassiere vor größere Herausforderungen stellt: Der Kunde kann nicht zahlen, die Waren aber sind schon in der Kassa eingescannt... eine dumme G’schicht.

Bei der Gelegenheit könnte ich berichten, wie ich einmal beim Einkaufen gescheitert bin: Damals fiel der Strom in einem Teil des Ortes aus. Auch in dem Supermarkt, in dem ich mich gerade befand. Auf einen Schlag war es nicht nur finster sondern auch ganz still, da außer dem Licht auch alle Ventilatoren und Kühlaggregate ausfielen. Die Einkaufenden hielten inne. Es war, als würden sie sich in Zeitlupe bewegen, da sie nicht wussten, was jetzt kommt. Große Aufregung herrschte bei den Angestellten. Insbesondere der Filialleiter klagte, dass nun alles in der Scannerkasse gelöscht sei... auch eine dumme G’schicht. Noch dazu war der Supermarkt nur diffus von den Notleuchten beleuchtet, was die Atmosphäre zusätzlich interessant gestaltete.

Ich wusste, dass ich heute nichts mehr bekommen würde, räumte meine paar Waren wieder zurück ins Regal und schaute, was die anderen Leute so machten. Manche von ihnen hatten ihre Wagerl ganz schön voll geladen und wären sicher vor mir in der Schlange zu stehen gekommen, aber ohne Strom waren sie machtlos. Die habe ich aber ganz schön reingelegt, was?

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Geheimnisvolle Katzen auf dem Autodach 2004/25

Katzen sind nicht nur anmutige, sondern auch rätselhafte und geheimnisvolle Wesen. Eines der bestgehüteten Geheimnisse ist folgendes: Was machen die Katzen in der Nacht auf meinem Autodach? Fast wäre ich versucht gewesen, in den letzten Satz ein „verdammt nochmal!“ einzuflechten. Lautete bislang eine Volksweisheit „In der Nacht sind alle Katzen grau!“, so darf ich diese korrigieren und in „In der Nacht sind alle Katzen auf meinem Autodach!“ umwandeln. Was sie dort treiben, bleibt ein Rätsel. Ich verstehe ja, dass sie sich an kalten Tagen auf die noch warme Motorhaube legen. Aber im Sommer auf das Dach zu klettern, ist eine Unart. Die Spuren, die die Katzen dabei hinterlassen, lassen Folgendes rekonstruieren: Zuerst suchen sich die Katzen eine braunschlammige Drecklacke und tunken tüchtig ihre Pfoten ein. Dann springen sie auf die Motorhaube, nehmen Anlauf, eilen die Windschutzscheibe empor, tanzen eine Weile auf dem Dach, um anschließend die Heckscheibe hinunter zu rutschen. Dabei benutzen sie den Heckscheibenwischer als Trampolin, von dem sie sich in die Wiese katapultieren.

Wenn ich am Morgen die Windschutzscheibe reinige, sehe ich im Hof ein, zwei Katzen liegen, die scheinbar dösen. Kaum fühlen sie sich aber unbeobachtet, schauen sie mit einem Auge, wie ich wohl auf die Katzenspuren reagiere. Blicke ich die Katzen dann streng an, setzen sie eine Unschuldsmiene auf. „Auto? Was für ein Auto? Nein, sagt mir jetzt gerade nichts...“ – Ganz wie bei Gary Larson.

PS: Sollten sich unter den P. T. LeserInnen Leute befinden, die Gary Larson nicht kennen, dann empfehle ich diesen, sich alsbald in eine Buchhandlung zu begeben und ein paar Gary Larson Bücher zu kaufen. Stunden der Heiterkeit sind vorprogrammiert!

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Eigentlich habe ich Recht 2004/39

Anlässlich des Schulanfangs sieht man überall Plakate mit Aufschriften wie „Danke, dass Sie langsam fahren!“ oder „Aktion Schutzengel“. Das ist gut gemeint, bringt aber gar nichts.

An die Vernunft von AutofahrerInnen zu appellieren, muss zwangsweise ins Leere greifen. Denn diejenigen, die vernünftig fahren, fahren mit und ohne Plakate vernünftig. (Zum Glück stellen diese auch die Mehrheit auf den Straßen dar). Aber diejenigen, die ihre Vernunft abstreifen, sobald sie ins Auto steigen, werden auch durch Appelle an die Vernunft nicht davon abgehalten, weiterhin durch die Straßen zu rüpeln.

Nehmen wir zum Beispiel Alkohol am Steuer: Wenn ich in Gesellschaft darauf hinweise, dass ich ausschließlich mit 0,0 Promille fahre, werde ich gern milde belächelt. Meist höre ich aber „Eigentlich hast du eh Recht“. Nun verlangt jedes „eigentlich“ förmlich ein „aber“. Das soll hier nicht unser Problem sein. Was mich bekümmert, ist, WARUM die Leute glauben, dass ich eigentlich eh Recht habe. Nicht etwa, dass sie sagen, mit Alkohol verlangsame sich die Reaktionsfähigkeit der Fahrer, was in kritischen Situationen zu Unfällen führen kann. Oder dass Alkoholisierte am Steuer ihre Mitmenschen grob fahrlässig gefährden. Nein! Was die „Eigentlich-Sager“ fürchten, ist erwischt zu werden. Und für Leute, die das Auto beruflich brauchen, ist der Entzug des Führerscheins eben ein großes Problem. Solange ausschließlich die Angst vor einer Strafe die Leute zum vernünftig Fahren veranlasst, hilft es nur, diese Angst so konkret wie möglich zu gestalten. Mit anderen Worten: Mehr Polizei-Präsenz auf der Straße, strenge Kontrolle von Geschwindigkeit und Fahrtüchtigkeit hilft um ein Vielfaches mehr, als Plakate mit gelben Schutzengerl-Flügeln oder Plakate, die für ein Verhalten danken, das gerade jene nicht an den Tag legen, an die sich die Plakate richten.

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Zeitsprünge am Samstag Morgen 2004/42

„Zeit ist, was verhindert, dass nicht alles auf einmal passiert“, stand als Graffiti auf einer Herrentoilette in Austin, Texas, zu lesen. Bei mir ist die diesbezügliche Gefahr sehr gering, obwohl die Zeit beileibe nicht gleichmäßig dahin fließt. Wie – sagen wir einmal – die Donau an einem Dienstag Morgen.

Nehmen wir zum Beispiel vorigen Samstag. Es begann damit, dass mein Wecker – mein Funkwecker wohlgemerkt! – vor ging. Ich hatte ihn auf 9 Uhr gestellt und meinen Radioapparat so programmiert, dass er sich gleichzeitig einschalten würde. Auf dass ich gleich mit Weltnachrichten in den Tag starten könnte. Als dann der Wecker piepste, wunderte ich mich, dass der Radio stumm blieb. So schaltete ich ihn manuell ein, hörte aber Musik und nicht die erwarteten Nachrichten. Mittlerweile zeigte mein Funkwecker 9.05 Uhr. Also stand ich auf und schaute auf die anderen Uhren in meinem Haushalt, und alle zeigten 8.45 Uhr. Als Demokrat ließ ich dies als offizielle Uhrzeit gelten.

Wer nun glaubt, ich hätte auf diese Weise eine Viertelstunde gewonnen, täuscht sich. Denn: „Die Zeit, die man unerwartet gewinnt, strebt unerbittlich danach, wieder vertrödelt zu werden. Plus Zinsen!“ Genau so kam es dann auch: Ich hatte vor, um fünf vor elf zur Taufe meines Neffen zu erscheinen, wurde aber Opfer eines spontanen Zeitsprungs. Beim Schuheputzen schaute ich auf die Uhr: Es war 10.20 Uhr. Also noch genug Zeit, ein paar kleine Erledigungen zu machen, wie zum Beispiel neue Batterien in den Fotoapparat zu schieben oder einen kurzen Zeitungsartikel zu lesen. Und wie ich wieder auf die Uhr schaue, war es – schwuppsdiwupps – 10.50 Uhr. Da in den nächsten zehn Minuten kein weiterer – rückläufiger – Zeitsprung erfolgte, kam ich wieder einmal zu spät. Zum Glück war das meinem Neffen egal. Er ist ja noch so klein!

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Für das leibliche Wohl ist gesorgt 2004/45

Im Journalismus bleibt leider oft zu wenig Zeit, um das Rad neu zu erfinden. Das gilt auch für Redewendungen. Daher greifen wir in der Hitze des nahenden Redaktionsschlusses gerne in die Phrasenkiste und verwenden vorgefertigte Redewendungen. Und schreiben zum Beispiel „Für das leibliche Wohl ist gesorgt“.

Seit einem Monat befinden wir uns in der Vorweihnachtszeit. Abertausende Advent-, Weihnachts- und Christkindlmärkte kommen auf uns zu. Ich kann schon jetzt berichten, dass auf allen für das leibliche Wohl gesorgt sein wird.

Doch verweilen wir noch kurz bei der Redewendung. So etwas bringt die Sprache nicht aus sich selbst hervor. „Für das leibliche Wohl ist gesorgt“ muss irgendwann einmal von irgendwem erfunden worden sein. Von irgendwem, der auf seine Weise versucht hat, witzig zu wirken. Das hat dann anderen gefallen, diese haben es übernommen. Und so weiter. Dieses Prinzip erinnert an die Sinnsprüche, die von Kopiergerät zu Kopiergerät wandern und nun in unzähligen Büros und Ämtern an den Wänden hängen, ohne dass noch jemand sagen könnte, wo sie ihren Anfang genommen haben.

Schauen wir uns die Redewendung einmal genauer an: Da fällt als erstes auf, dass in diesem Satz kein Subjekt vorhanden ist. Uns wird nicht verraten, wessen Fürsorge sich da dem leiblichen Wohl widmet. Und dann der Ausdruck „leibliches Wohl“. Was man alles darunter verstehen kann: Heißt es frei von Kopfschmerzen, Muskelkater und kein Jucken in der Nase? Nein. Wir alle wissen, dass es genug zu essen und zu trinken gibt. Weitere „leibliche“ Wohltaten dürfen wir nicht erwarten.

Sollte jemand von meinen p. t. LeserInnen wissen, wann und von wem zum ersten Mal „das leibliche Wohl“ als Synonym für Speisen und Getränke verwendet wurde, wäre ich für eine kurze Nachricht sehr dankbar.

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Weihnachtsrituale 2004/51

Feste wie Weihnachten haben nicht nur wirtschaftliche oder religiöse Bedeutung, sondern dienen auch dazu, den Jahresverlauf zu strukturieren. Um den Wiedererkennungswert zu steigern, sind derartige Feste mit ritualisierter Folklore und Bräuchen verbunden.Ein beliebter Weihnachtsbrauch ist es etwa, darüber zu klagen, dass die Geschäfte bereits im September beginnen, Weihnachtsware feil zu bieten und sich weihnachtlich zu schmücken. „Das verdirbt mir die ganze Weihnachtsstimmung!“, lautet eine beliebte Klage. Dabei merken die Klagenden gar nicht, dass sie bereits ein Weihnachtsritual ausführen.

Ebenso alle Jahre wieder – meist kurz nach Nikolaus – kommt die von heftigen Emotionen begleitete Diskussion „Weihnachtsmann kontra Christkindl“. Als ob in der langen Adventzeit nicht Platz für beide wäre. Wenn es darum geht, in Fußgängerzonen herumzustolzieren und Werbezettel und kleine Geschenke zu verteilen, ist der Weihnachtsmann sicher um Häuser kompetenter als das Christkindl. Andererseits würde der Weihnachtsmann eine merkwürdige Figur abgeben, würde er in Windeln gewickelt in der Weihnachtskrippe liegen. Das würde selbst bei Ochs und Esel zu Verwirrung führen.

Mein persönliches Weihnachtsritual besteht darin, dass ich mir jedes Jahr vornehme, diesmal aber wirklich rechtzeitig die Geschenke zu besorgen. Und dann kommt das Weihnachtsfest mit einer derartigen Geschwindigkeit herangerast, dass ich wie das Kaninchen vor einer Schlange erstarre. Und dadurch wertvolle Zeit verliere.

Aber heuer lasse ich mich nicht ins Bockshorn jagen: Ich werde die Geschenke bereits am 23. Dezember besorgen. Das kann ich sicher in aller Ruhe erledigen.

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Geisterfahrer unterwegs (2004/50)

Manchmal empfiehlt es sich, sich die Fahrer von Autos, die merkwürdige Linien ziehen, näher anzuschauen. Natürlich nur, wenn es die Verkehrssicherheit zulässt und wenn man nicht die gesamte Konzentration dazu aufwenden muss, um eine Kollision abzuwenden.

Heute kam mir ein LKW entgegen, der sich in britischer Noblesse auf der linken Fahrspur bewegte, die blöderweise mit meiner rechten ident war. Und was sehe ich hinter dem Lenkrad? Niemanden. Sollte es sich um einen von Geisterhand gelenkten LKW handeln? Wohl kaum, denn wer auch immer dieses Fahrzeug lenkte, war offensichtlich von allen guten Geistern verlassen. Nach geraumer Weile tauchte dann doch der Kopf eines Lenkers von unten auf. Dieser (der Lenker, nicht der Kopf) dürfte sich wohl gerade die Schuhbänder gebunden, das Handy aufgeklaubt oder einfach eine Mutprobe absolviert haben.

Mehr Action bot jener dreiste LKW-Lenker, der mir auf der Mauthausner Brücke sein Fahrzeug entgegen lenkte. Die graziöse Schlangenlinie, die er fuhr, rührte daher, dass er während des Fahrens einen Pullover auszog.

Einen ähnlichen Akrobatikakt leistete der Fahrer eines roten BMW, den ich in Perg beobachtete: In der gestikulierenden rechten Hand hielt er eine Zigarette und in der linken ein Handy. Gelenkt hat er wohl mit den Knien.

Dagegen ist K. W. ein Lercherl, denn er begnügt sich damit, auf längeren Fahrten die Partitur einer Symphonie über das Lenkrad zu klemmen und diese dann zu dirigieren.

Und da war dann noch R. D., der die Leute, mit denen er spricht, anzusehen pflegt. Das gebietet zwar die Höflichkeit, empfiehlt sich aber weniger, wenn man ein Fahrzeug lenkt und der Gesprächspartner auf der hinteren Bank sitzt. Und schon gar nicht dann, wenn ich der Angesprochene bin.

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Wünsche eines Foto-Zensors (2004/53)

Meine sehr geehrten Damen und Herren PolitikerInnen, jetzt müssen Sie stark sein. Denn was in den nächsten Zeilen steht, das wollte ich Ihnen immer schon mitteilen. Und der Jahreswechsel scheint mir ein geeigneter Anlass. Vielleicht finden Sie sogar Anregungen für allfällige Neujahrsvorsätze!

Gerne berichten wir RedakteurInnen über Ihre politischen Aktivitäten, über Ihre Vorhaben und Projekte oder Ihre Kritik an anderen PolitikerInnen. Wo ich – als schärfster Foto-Zensor der „Tips“ – aber Bauchweh bekomme, das sind manche Fotos, die Sie uns zukommen lassen. Ich kann es sehr gut nachvollziehen, welche Freude es bereitet, das eigene Konterfei in der Zeitung zu finden. Da gibt es nichts dagegen einzuwenden, keine Frage. Aber das Foto sollte in erster Linie den Bericht illustrieren. Stattdessen bekomme ich Gruppenfotos mit Ihren Textvorschlägen in der Art „Gemeinderat XY und Stadträtin YX freuen sich, dass das Licht im Besenkammerl funktioniert“ oder „Stadtrat XY überzeugte sich von der Qualität der Besenkammerlbeleuchtung“. Manchmal werden auch Nicht-PolitikerInnen auf das Foto eingeladen. Dann heißt es Stadtrat XY informierte sich bei YX über die Beleuchtung im Besenkammerl“.

Noch einmal: Gerne berichte ich über Ihre Aktivitäten und gerne illustriere ich das mit einem fetzigen Foto. Da ich aber nicht überall selbst fotografieren kann, muss ich mich an Sie wenden: Haben Sie Mut, ein bisschen Humor zu zeigen und bringen Sie Fotos, die unsere LeserInnen gerne betrachten.

P. S.: Eine von mir sehr geschätzte Politikerin aus Amstetten ersuchte ich einmal, mir Fotos zu schicken, die unsere Zeitung aufwerten. Darauf antwortete sie mit einem entwaffnenden Lächeln: „Wenn ich auf einem Foto bin, dann ist das immer eine Aufwertung!“

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Alles in Butter! (2004/47)

Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, welch große Verwüstungen ein Vierterl Schlagobers anrichten kann? Dazu braucht es nur im Kühlschrank umzufallen. Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, halten gerade jenes Stück Käse, mit dem sie den Schlagobersbecher angerempelt hatten, in der Hand. Die andere Hand hält den Kühlschranktürgriff. Bis Sie reagieren können, ist der Becher bis zum letzten Tropfen ausgeronnen. Wie durch ein Wunder gelingt es dem Schlagobers, zunächst alle Kühlschrankfächer zu überfluten, um dann in die Laden unter dem Kühlschrank zu fließen, wo er sein Zerstörungswerk fortsetzt. Im Kühlschrank schwimmen nun Wurst, Butter, Marmelade-, Gurken-, Pfefferoni-, Mixed-Pickles- und andere Gläser, Bier-, Mineralwasser- und Hollersaftflaschen sowie der Käse, den Sie im Schock wieder in den Kühlschrank zurück gelegt hatten, im Obers. Unten in den Laden beginnen die Schachteln, in denen Reis, Linsen, Kakao und Bohnen aufbewahrt sind, sich gierig mit Obers vollzusaugen. Die Mehl-, Zucker-, Couscous-, Polenta-, Haferflocken- und Salzsackerl tun es den Schachteln gleich. Und trotzdem ist noch immer genug Schlagobers vorhanden, um auf den Boden zu tropfen und mit einer bislang ungeahnten Fließgeschwindigkeit unter das Lebensmittelkastl zu eilen. Bis Sie mit Putzfetzen, Küchenrolle – oder was auch immer Sie in der Not an sich reißen – zur Stelle sind, ist das Elend schon vollendet. Wenn gerade jetzt das Telefon klingeln sollte, gehen sie ruhig ran. Schlimmer kann es eh nicht mehr werden. Lassen Sie die Person, die anruft, gar nicht erst zu Wort kommen, sondern klagen Sie einfach ihr Leid. Schildern Sie ausführlich, welch dramatische Szenen sich gerade im und unter dem Kühlschrank abspielen. Und schließen Sie ihre Ausführungen mit einem Vortrag über perfekte Vorratshaltung in einem Ein-Personen-Haushalt.

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Klangwolken am Campingplatz (2004/36)

Zum Wesen des Zeltens gehört, dass man akustisch mit dem gesamten Campingplatz verbunden ist. Das ist insbesondere dann interessant, wenn auf dem Campingplatz viele Youngsters wohnen, die gerade ihre Musik-Missions-Phase durchleben. Da müssen sie der ganzen Welt, oder zumindest dem ganzen Campingplatz, ihren Musikgeschmack mitteilen. Und zwar mit der höchsten Lautstärke, die sie aus ihren CD-Playern heraus quälen können. Spannend wird es, wenn dann noch eine Reggae-, eine Hardrock- und eine Chart-Pop-Fraktion um die Vorherrschaft in der Beschallung kämpfen. Wer da mitten drunter lebt, erhält ein kostenloses Kakophonie-Abenteuer.

Ganz anders ist da der Campingplatz in Kirschentheuer in Kärnten: So sehr dort bei der Ausstattung der Sanitärräume gespart wird, so sehr erweist man sich großzügig bei der nächtlichen Beschallung der Campinggäste. Dafür sorgt der zum Campingplatz gehörende Biergarten. Und nicht dass Sie jetzt denken, dass der Wind hin und wieder ein paar Töne auf die Wiese weht: Nein! Um den Hörgenuss zu perfektionieren, ist dort eine Lautsprecherbox im Freien angebracht, die nicht zu leise eingestellt ist. Immer wieder mischt sich in die Musik das donnernde Lachen einer bierluminierten Herrenrunde. Einer davon brilliert mit einem überhaupt nicht penetranten „Drillbohrerlachen“, das in der neuen deutschen Rechtschreibung mit „Bruhoho-keck-keck-keck-kch!“ wiederzugeben ist.

Oder dass Sie etwa glauben, zu einer christlichen Zeit wäre Ruhe eingekehrt. Auch Nein! Ich habe extra für Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, auf die Uhr geschaut: Um 1.17 Uhr morgens brach mitten im Song „I Want To Break Free“ von Queen die Musik ab. Dann hörte man das Zuschlagen von Autotüren und den einen oder anderen Kavalierstart.

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Lästiane der Lüfte (2004/22)

Der Menschheit ist es aufs Trefflichste gelungen, zahlreiche Tierarten auszurotten. Aber bei den Gelsen hat sie kläglich versagt. Diese umschwirren uns nach wie vor.

Im Grunde genommen könnten sich die Menschen die Gelsen zum Vorbild nehmen: Diese nehmen sich nur so viel Blut wie sie brauchen, lassen aber sonst ihr Opfer weitgehend unbeschädigt.

Trotzdem: Vorbild hin und Vorbild her, Gelsen sind einfach lästig. Sehr lästig sogar. Ich meine, es gäbe nichts gegen Gelsen, Bremsen und Co. einzuwenden, wenn diese sich darauf beschränken würden, in unzugänglichen Sumpfgebieten fröhliche Urständ zu feiern. Da würde ich sagen: Das ist die Natur. Die weiß schon, was sie tut. Aber dort, wo ich meinen Bauchansatz weg nordicwalke, da brauche ich keine lästigen Viecher. Meine Nordic Walking Hausroute führt größtenteils durch eine Agrarwüste, das ist nicht Natur, und da haben Gelsen aber auch schon gar nichts zu suchen. Zumal Nordic Walker besonders hilflose Opfer der Blutsauger sind. Wegen der Stöcke, die mittels Klettverschluss an der Hand befestigt sind, kann man eine gelandete Gelse nicht erschlagen. Da kann man nur hilflos zusehen, wie sie sich gemütlich den Tisch deckt, in aller Ruhe eine Serviette um den Hals knüpft, diese glatt streicht, voll Vorfreude tief Luft holt und dann – Patsch! – in der Zwischenzeit ist es mir doch gelungen, die Stöcke abzustreifen und das lästige Tier zu erledigen.

Zur Strafe verfolgt mich den Rest des Weges ein Mückenschwarm, der einen halben Meter über meinem Kopf dahin schwebt. Beginne ich zu laufen, fliegen die Mücken schneller. Bremse ich abrupt, fliegen sie kurz weiter, bremsen ebenfalls und kehren zurück, um über meinem Kopf eine Wolke der Lästigkeit zu formieren. Bei diesen Satelliten-Mücken hilft allerdings nur ignorieren.

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Rätselreise per Bahn (2004/48)

Die zahllosen Beschwerden über kryptische Fahrpreisgebarung gehen den Damen und Herren der ÖBB wahrscheinlich schon ziemlich auf die Nerven. Daher wende ich mich an Sie, meine verehrten LeserInnen.

Vorige Woche reiste ich nach Linz, was mich vor die Aufgabe stellte, eine Fahrkarte St. Valentin - Linz und retour zu erwerben. Da der Fahrkartenschalter am St. Valentiner Bahnhof bereits verwaist war, musste ich die Fahrkarte beim Automaten lösen. Das sollte für einen Bürger einer Eisenbahnergemeinde keine allzu schwere Herausforderung sein. Könnte man meinen. Ich drückte auf ein paar Knöpfe und erhielt tatsächlich den Vorschlag, eine einfache Fahrkarte nach Linz zu erstehen. Eigentlich wollte ich eine Retourfahrkarte, fand aber nirgends einen Knopf für diese Option. Zumindest nicht in der Zeitspanne, die ich den hinter mir angestellten Personen zu warten zumuten wollte. Außerdem wollte ich mich nicht als Technik-Depp outen. Daher nahm ich mit einer einfachen Fahrkarte vorlieb, die vier Euro kostete.

Für die Rückfahrt löste ich in Linz am Fahrkartenschalter eine Fahrkarte und bezahlte 3,70 Euro. Nun dachte ich, vielleicht kostet es von Linz nach St. Valentin deshalb weniger, weil es bergab geht. Oder beim Automaten werde eine Glückspielsteuer oder eine Komplikationsabgabe eingehoben. Oder es handelt sich einfach um eines der vielen großen Rätsel der Menschheit. Ich fragte daher den freundlichen Schaffner des Intercity 0815 „Big Bull Dozzer”. Dieser erklärte mir, das sei ganz einfach: Die Fahrkarte von St. Valentin nach Linz habe ich beim VVNB gekauft (wobei das N für Niederösterreich steht) und die Fahrkarte von Linz nach St. Valentin beim OÖVV. Und der OÖVV ist eben um 30 Cent billiger als der VVNB.

Mich beeindruckt die Kreativität der ÖBB, wenn es darum geht, ihre Kunden zu unterhalten.

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Der Untergang der abendländischen Kultur (2004/35)

Ein spannendes Sommerloch-Thema geistert derzeit durch die Medien: die eventuelle Rücknahme der Rechtschreibreform. Dieses Thema brennt uns allen derart unter den Fingernägeln, dass auch ich nicht umhin kann, meinen Senf dazuzugeben. Hängt doch von der Frage „neue“ oder „alte“ Rechtschreibung nicht mehr oder weniger ab als der Fortbestand der abendländischen Kultur oder deren Untergang.

Die Geschichte der deutschen Rechtschreibung ist eine Geschichte von Zank und Streit. Zunächst ging es darum, welcher deutsche Dialekt als Standardsprache zu gelten habe. Und da waren sich alle Gelehrten sicher, dass der jeweils eigene das wahre, echte und einzig gültige Deutsch sei. Dies spielte sich allerdings zu einer Zeit ab, in der die Leute, die schreiben und lesen konnten, eine verschwindend kleine Minderheit waren. Als es dann ans Normieren des Schreibens ging, wurde der Zank noch intensiver: Manche forderten, man möge so schreiben, wie man spricht. Das war anderen aber gar nicht recht und sie formulierten zum Teil sehr komplizierte Regeln, die sie in gelehrten Büchern veröffentlichten. Die Drucker aber, die diese Bücher herstellten, kümmerten sich einen feuchten Kehricht um diese Regeln und druckten die Regelwerke nach ihren eigenen pragmatischen Regeln, die im krassen Gegensatz zu dem standen, was in den Büchern gefordert wurde. Schön langsam entwickelte sich – zum Teil aus praktischen Gründen, zum Teil aus unerfindlichen – das, was wir „alte Rechtschreibung“ nennen. Dann erfrechten sich plötzlich einige Schriftgelehrte, die Schreibweise zu vereinfachen und erfanden in jahrelangen Diskussionen die „neue Rechtschreibung“. Und leiteten den Untergang des Abendlandes ein. Denn Sprache darf nicht leben und sich um Himmels willen auf gar keinen Fall weiter entwickeln. Wo kämen wir da hin?

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Längstfällige Klage über die Wetterlage (2004/27)

Schimpfen über das Wetter gehört zu den ältesten Kulturtechniken der Menschheit. Manche Anthropologen behaupten, Sprache habe sich aus dieser Kulturtechnik entwickelt. Stellen wir uns einmal unsere Vor-Vorfahren vor: In Felle gehüllt verbringen sie eine Nacht in einer Höhle. Wasser tropft von der Decke. Am Morgen streckt ein Individuum die Hand nach draußen und fühlt Regen darauf platschen. Ein anderes Individuum macht einen Fragelaut, worauf das erste mit einem mürrischen Brummen antwortet. In unsere Sprache übersetzt, würde das Gespräch folgendermaßen lauten: „Regnet es noch immer?“ „Ja. Sch*** Wetter!“

Das hat sich bis heute nicht geändert. Zumindest heuer. Voriges Jahr klagten wir noch über Dürre. Heuer scheint sich das Wetter am Kalender zu orientieren und vor allem die Wochenenden mit Wasserspenden zu bedenken. Und es war ja wirklich zum Haare raufen: Während der Woche dampfende Hitze im Büro, am Wochenende die ersehnte Abkühlung. In Form von nicht enden wollenden Regengüssen. Diese bescherten uns eine seltene Eintracht bei der Bewertung des Wetters. Insbesondere in einer Saison voller Sommerfeste und Open Air-Veranstaltungen. Besonders übel spielte das Wetter dem Donauradfest mit. Die wenigen, die sich tatsächlich mit dem Fahrrad durch die Wassermassen kämpften, wurden mit Applaus belohnt.

So darf es uns nicht wundern, dass so mancher entnervte Zeitgenosse die Fäuste ballte und gen Himmel schimpfte.

Zum Glück leben wir in einer Zeit, in der das Schimpfen noch hilft. Deshalb durften wir einen sonnigen Samstag erleben. Mit Grillerei, musikalisch umrahmt von idyllischen Rasenmäherklängen aus dem Nachbarsgarten. Am Sonntag war dann auch noch ein lauschiger Abend am Balkon drin.

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Glasscherben, Physik und Philosophie (2004/49)

„Pongsklengeldiklirrdiwenglidiwengldi!“ Was Sie soeben gehört haben, das waren keine Weihnachtsglocken, sondern ein gläsernes Salatschüsserl, das den direkten Weg vom Kasten zum Fußboden genommen hat. Und dabei – den Gesetzen der Physik folgend – zerschellt ist. Physiker würden das Resultat Entropie nennen, ich nenne es Scherbenhaufen. Wobei das mit der Entropie so eine Sache ist, die uns Normalsterbliche auch interessieren könnte. Vereinfacht ausgedrückt könnte man es so sagen: Alle Dinge, die hier auf Erden existieren, streben den Zustand des Chaos an. Deshalb kann Rauch, der aus einem Kamin entweicht, nicht mehr zurück in das Holzscheit verwandelt werden, das da verheizt wurde. Und deshalb wird aus dem Scherbenhaufen auf meinem Küchenboden nie wieder ein Salatschüsserl. Wobei das mit dem Glas so eine Sache ist, mit der man der Entropie ein Schnippchen schlagen könnte: Ich könnte alle Scherben einsammeln, schmelzen und aus dem flüssigen Glas wieder ein Salatschüsserl gießen. Zumindest in Gedanken. In Wirklichkeit hole ich Beserl und Mistschaufel, um die Entropie in meinen Abfalleimer zu befördern.

Und jetzt kommen wir an einen Punkt, wo die Physik besonders interessant wird: Der Scherbenhaufen auf meinem Mistschäuferl ist derart groß, dass man meinen könnte, das Glas reicht für mindestens drei Salatschüsserl. Und dann finde ich noch vier größere Scherben unter dem Küchentisch. Und beim nächsten Zusammenkehren tauchen noch immer neue Glasschüsserlscherben auf. Ja nimmt denn das nie ein Ende?, werden Sie fragen. Und indem Sie diese Frage formulieren, zeigen Sie, dass Sie das Prinzip der Entropie bereits verstanden haben. Erst wenn das letzte Glasschüsserl am Boden zerschellt ist, werdet ihr einsehen, dass man Geld nicht essen kann. Äh, falsch.

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Gerechte Strafe vom Heiligen Inkjettius (2005/2)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie demnächst schwarze Flecken auf meinen Händen und auf meinem grünen Pullover sehen und entdecken, dass die Spitze meines rechten Zeigefingers blau geschwollen ist, dann wissen Sie, dass ich vom Heiligen Inkjettius bestraft worden bin. Der sieht es nämlich gar nicht gern, wenn jemand die Tintenpatrone seines Druckers selbst befüllt. Was er aber überhaupt nicht verputzen kann, ist, wenn man sich keine Tintenstrahldruckernachfülltinte kauft, sondern diese selbst aus gewöhnlicher Tinte und Isopropylalkohol zusammenmixt. Dann greift er ein.

Da ich schon mehrfach von Strafexpeditionen des Heiligen Inkjettius heimgesucht worden bin, traf ich bei meinem letzten Tintenfrevel Vorkehrungen und breitete Zeitungspapier auf meinem Schreibtisch aus, bevor ich zur Tat schritt. Oh, wie stolz war ich, als ich die Zubereitung der Mixtur ohne Flecken zu machen bewerkstelligte. Um mir die Finger nicht schmutzig zu machen, fasste ich den Schraubverschluss des Tintenfasses sogar mit einem Papiertaschentuch an. Schon dachte ich, diesmal den Heiligen Inkjettius ausgetrickst zu haben, doch dann ging es Schlag auf Schlag. Ich zog das Tintengemisch mit einer Injektionsspritze auf, doch bevor ich die Tinte in die Patronen spritzen konnte, fiel die Spritze auseinander. Die Tinte rann über meine Hand auf das Zeitungspapier und drohte von dort in die Schreibtischlade zu fließen, die ich ein Stück offen gelassen hatte. Geistesgegenwärtig schob ich die Lade mit Schwung zu. Leider war ich nicht geistesgegenwärtig genug, vorher meinen Zeigefinger zurückzuziehen.

Zum Glück zählt lauthals Fluchen nicht zu den Sünden, die sofort bestraft werden. Aber ich fürchte, in dieser Hinsicht habe ich ein gehöriges Minus auf meine Karma-Bank gebucht.

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Getrüffeltes und Geerdäpfeltes (2005/3)

Aha, so also schmecken Trüffel! Die Presse-Empfänge der Wirtschaftskammer OÖ. sind unter anderem deshalb so beliebt, weil dort Köstlichkeiten serviert werden, die sich ein einfacher Redakteur nicht leisten könnte. Zum Beispiel Trüffel. Wobei meiner Geschmackssensorik bereits eine kleine Kostprobe genügte, um Trüffel auf die Liste jener Dinge zu setzen, die ich nicht unbedingt brauche.

Wenn man ein Stück Eichenwurzel lange genug im Kelomat kochen und mit etwas Pudelerde würzen würde, käme der gleiche Geschmack heraus.

Nehmen wir zum Vergleich Erdäpfel. Das Wort „Kartoffel“ kommt ja vom italienischen „tartufolo“, was wiederum „Trüffel“ heißt. Ich bin mir sicher, dass, wenn Erdäpfel genauso selten und teuer wie Trüffel wären, genauso ein Brimborium drum herum gemacht würde. Noch dazu, wo Erdäpfel ja wirklich köstlich schmecken. Ich stelle mir eine piekfeine Party vor, auf der die exklusivsten Gerichte gereicht werden. Als Höhepunkt kommt eine ganze (!) Kartoffel auf den Tisch. Sagen wir zum Beispiel eine Bratkartoffel. Die versammelten Gourmets rufen vor Entzücken „Aah!“ und „Ooh!“. Dann bekommt jeder eine dünne Scheibe. Ehrfurchtsvoll lassen die Gourmets die göttliche Frucht zwischen Gaumen und Zunge zergehen und schließen dabei genießerisch die Augen, um sich ganz auf die Geschmacksempfindungen konzentrieren zu können. Ein abschließender lustvoller Seufzer drückt tiefste Genugtuung aus. Das Gastgeberpaar strahlt vor Stolz, weil es seinen Gästen eine derart exklusive Speise anbieten konnte.

Und jetzt, meine Damen und Herren, kommt das Beste: Diese Gaumenfreude kann selbst ich mir mit meinem Gehalt als einfacher Redakteur leisten. Ja, ich glaube, es gehen sich sogar noch ein Spiegelei und ein Schöpflöffel Cremespinat aus. Und ein Glas Sodawasser.

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Die lustigen Chinesen (2005/4)

Im Zug hörte ich ein Gespräch zweier Frauen über Faschingskostüme. Eine sagte: „Ich gehe heuer wieder als Chinesin.“ Pikanterweise saß ganz in der Nähe eine echte Chinesin. Da kommt man schon ins Grübeln. Viele verkleiden sich im Fasching als Mitglieder einer „exotischen“ Kultur. Araber, Indianer, Ölscheichs, Japaner oder Chinesen sind Klassiker im Karnevalsgetümmel. Meist besteht so eine Verkleidung in der Überhöhung einfältiger Vorurteile und Klischees. Ob es nun die Chinesen sind oder die Japaner, die Kimonos tragen, ob die Chinesen wirklich kein „r“ aussprechen können und statt dessen „l“ sagen, ob die Araber wirklich nur Wasserpfeife rauchend im Harem herumlungern, wenn kümmert’s. Dass man damit die Menschenwürde dieser Personen mit Füßen tritt, daran denkt in der Lei-Lei-Stimmung niemand. Is jo nua a Gaudi!

Grundsätzlich gibt es nichts dagegen einzuwenden, die Welt einmal nicht aus dem engstirnigen Blickwinkel der eigenen Kultur zu betrachten. Und der Fasching bietet eine gute Gelegenheit, einmal ins Kleid einer fremden Kultur zu schlüpfen. Doch sollte man sich vorher ein bisschen informieren und vor allem unter keinen Umständen sich über etwas lustig machen, das man nicht versteht.

Dabei könnten wir uns auch die Frage stellen, welcher Klischees sich andere Kulturen bedienen würden, würden sie sich als Österreicher verkleiden, um im Fasching als Schenkelklopfer Erfolge zu feiern. Gamsbarthut und Plastikgoldhaube? Lederhose, Dirndl, Lippizaneroutfit?

Übrigens: Wenn ich zu einem Maskenfest gehen sollte, verkleide ich mich als Tankwart. Immerhin ist ein Tankwart genauso lustig wie ein Chinese. Und außerdem besitze ich

ein paar Tankwartuniformen. Schließlich versah ich drei Jahre hauptberuflich meinen Dienst an der Zapfsäule. P. S.: Haben Sie das Öl kontrolliert oder sollen wir lieber nachschauen?

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Es hat sich ausgehüpft! (2005/5)

Diesmal hat sie es übertrieben. Ich werde mich von ihr trennen. Mehr als zehn Jahre hat sie in meinem Haushalt verbracht. Und mir meine gesamte Wäsche gewaschen. Dafür tolerierte ich, dass sie meine Socken versteckte und beim Schleudern durch das Badezimmer hüpfte. Nun aber hat es sich ausgehüpft!

Denn was sie sich am Samstag geleistet hat, war dann doch zu viel. Und das kam so: Ich belud sie mit Hand- und Geschirrtüchern, dosierte Waschpulver und Weichspüler sparsam, wählte das Programm „Kochwäsche intensiv“ und begab mich zum Frühstück. Ganz klassisch: mit weich gekochtem Ei, selbst gebackenem Brot, Honig, selbst gemachter Marmelade und einer Kanne Tansanía-Tee. Wenn ich gewusst hätte, was sich gerade im Badezimmer abspielte, während ich so gemächlich frühstückte, wäre es mit der Gemächlichkeit vorbei gewesen. Sie wäre einer hurtigen Betriebsamkeit gewichen. Aber so ließ ich mir Zeit und las nach dem Frühstück noch eine Weile in der Tageszeitung. Schön langsam aber drang der Geruch von heißer Wäsche in die Küche. Von seeehr heißer Wäsche! Da bin ich dann doch ins Badezimmer gegangen, um nachzusehen, was meine Waschmaschine so treibt. Allerdings habe ich gar nichts gesehen. Nur Dampf, Dampf und nochmals Dampf. Heißer Dampf füllte das Badezimmer und reduzierte die Sichtweite auf einen halben Meter. Ich kämpfte mich entschlossen durch die Schwaden, zog den Stecker der Waschmaschine und öffnete das Fenster. Als sich der Nebel nach einiger Zeit gelichtet hatte, sah ich viel Wasser auf dem Fußboden. Wasser tropfte von der Decke, Wasser rann von der Wand, Wasser kondensierte, wo immer sich etwas zu kondensieren fand. Und inmitten dieses Regenwaldes stand meine Waschmaschine mit einer Gelassenheit, wie sie nur Waschmaschinen zu eigen sein kann. Und rauchte.

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Überschäumende Faschingsfreuden (2005/6)

Manchmal hat der Fasching auch lustige Seiten. Zum Beispiel am Faschingssamstag. Ich hatte fünf FreundInnen zu einem mehrgängigen Gala-Dinner geladen. Da Fasching war, bat ich alle, elegant gekleidet zu kommen. Ich legte mein schönstes Tischtuch auf den Tisch und deckte ihn nach allen Regeln der Kunst, Teller und Besteck fein säuberlich in der Reihenfolge der Speisen arrangiert. Selbst die Gläser hatte ich nach der Elmayer-Methode aufgestellt. In einer edlen Karaffe ruhte der dekantierte Wein. Die Servietten faltete ich auf sehr komplizierte kunstvolle Art. Auch Kerzenständer und eine Blumenvase fehlten nicht. Hochelegant eben. Nur in einer Hinsicht hielt ich mich nicht an die Vorgaben der Haute Cuisine: Als Aperitif servierte ich Bier. Und dann kam das, worauf Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, warten: Als ich die erste Flasche öffnete, ging es blob-blob-blob-blob. Schaum quoll aus der Flasche und ergoss sich in rasanter Geschwindigkeit auf das Tischtuch, drang zwischen und unter die Teller und Gläser und Messer und Gabeln und so weiter. Gleichzeitig piepste meine Eieruhr, um anzuzeigen, dass der Tee, den sich ein Gast gewünscht hatte, abzuseihen sei. Und die Ente wollte auch aus dem Rohr. Meine Gäste sprangen auf, um ihre elegante Kleidung zu schützen. Trotzdem musste es schnell gehen. Zunächst den Tee abseihen. Dann abservieren. Aber wohin mit dem Geschirr und dem Besteck und dem Kerzenständer mit den brennenden Kerzen? Die Arbeitsfläche meiner Küche war schließlich noch von meiner Kocherei voller Zeug. Eine resolute Freundin, die sich nicht so leicht unterkriegen lässt, koordinierte die Aufräum- und Wiederdeck-Aktion. Und mit einer Verzögerung von einer halben Stunde konnten wir uns zu Tisch begeben. Nur dass wir halt mit meinem zweitschönsten Tischtuch vorlieb nehmen mussten.

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Herzergreifende Mails (2005/7)

Bevor ich meine privaten E-Mails öffne, überprüfe ich per Web-Mail, welche Brieferl hereingekommen sind. Und dann lösche ich alle Mails, die komische Absender oder komische Betreffs aufweisen. Steht zum Beispiel als Absender „Personalbüro“ und als Betreff „fristlose Kündigung“ kann ich getrost davon ausgehen, dass es sich um ein Spam-Mail handelt. Manchmal steht im Betreff auch „letzte Aufforderung“. Da ich auch diese Mails ungelesen lösche, werde ich nie erfahren, wozu ich zum letzten Mal (hoffentlich!) aufgefordert worden wäre.

Eine besonders perfide Form von Mails treibt derzeit durchs Netz: Im Betreff steht „bitte an möglichst viele Menschen weiterleiten“. Öffnet man die Mail, steht meist als erster Satz: „Wer diese Mail löscht, der hat kein Herz“. Dann folgt eine herzergreifende Geschichte. Eine Person, meist ein kleines Kind, sei schwerkrank und würde eine teure Operation brauchen, die sich die Eltern nicht leisten könnten. Und die Provider-Firma wolle helfen und spende Geld pro weitergeleiteter Mail. Wenn nun so eine Mail an eine gutgläubige Person gerät, die Zugang zu einem großen Verteiler hat und vielleicht auch noch an einer seriösen Stelle – sagen wir einem Amt – sitzt, dann kommen viele Adressaten in den Genuss, sich entscheiden zu müssen, ob man herzlos ist oder weitere hundert Personen mit dem Mail beglücken soll. Manchmal ist dieses Mail noch mit einer tatsächlich existierenden Telefonnummer versehen, bei der man anrufen könne, um sich zu versichern, dass es sich um einen authentischen Fall handle. So eine Schneeball-Mail erreicht spielend mehrere tausend User.

Und nun rechnen Sie sich bitte aus, was passiert, wenn auch nur fünf Prozent der Mail-Empfänger auf die Idee kommen, bei der betreffenden Telefonnummer anzurufen, um zu fragen, ob hier wirklich ein krankes Kind Hilfe benötige.

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Die goldene Uhr in der Wurstsemmel (2005/8)

Ich freue mich immer über Feedback, vor allem natürlich über positives. Aber es geht auch anders: Vorige Woche rief mich ein Leser an, der seinen Namen nicht nennen wollte. Er beklagte sich darüber, dass wir einen positiven Artikel über einen Politiker geschrieben hatten, den er aber auch gar nicht ausstehen kann. Dabei steigerte sich der Anrufer in eine derartige Raserei hinein, dass er nur noch eine Serie von so deftigen Schimpfwörtern ins Telefon schrie, dass ich sie nicht einmal andeutungsweise wiedergeben möchte. Zum Schluss zitierte er Goethe und legte auf. Ohne mich auch nur zu Wort kommen zu lassen. Nun sind derlei Leserreaktionen zum Glück selten und auch nicht besonders ernst zu nehmen. Aber lehrreich sind sie allemal. Vor allem für uns Schreibende. Oft wissen wir ja nicht, was wir mit einem Wort auslösen können, das jemand in die falsche Kehle bekommt. Meist wissen wir nicht einmal, ob wir überhaupt etwas auslösen.

Oft ist es so, dass unsere LeserInnen etwas anderes lesen wollen, als manche Akteure wollen, das wir schreiben. Wenn mir nun jemand sagt „Des muas eini!“, habe ich die Aufgabe, ihm/ihr zu erklären, dass meine LeserInnen – so wie ich sie kenne – das nicht unbedingt interessieren wird. Die Stärke unserer Zeitung besteht darin, dass wir berichten, was sich in der Region so tut. Es müssen also nicht weltbewegende Ereignisse sein, um berichtenswert zu erscheinen. Aber wenn ein Vereinsmitglied einem anderen eine Wurstsemmel kauft, dann ist das vielleicht doch zu unspektakulär. Es sei denn dieser beißt auf etwas Hartes und findet in der Wurstsemmel genau jene goldene Uhr, die er vor einem Jahr beim Bungee-Jumping eingebüßt hat. Sollte Ihnen so etwas Ähnliches passieren, teilen Sie mir das bitte mit. Darüber werde ich mit Begeisterung ausführlich berichten.

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Trennungs-Schwäche (2005/9)

Bei jedem Einstellungsgespräch kommt eine Frage wie das Amen im Gebet: „Was ist Ihre größte Schwäche?“ Und die Bewerber – auch nicht auf der Nudelsuppe dahergeschwommen – antworten dann mit einer Belanglosigkeit. Zum Beispiel: „Ich bin völlig unmusikalisch.“ (Was nicht so gut ankommmt, wenn man sich als DirigentIn der Wiener Philharmoniker bewirbt).

Da dies hier kein Bewerbungsgespräch ist, darf ich eine meiner Schwächen preisgeben: Ich bin ein Aufheber. Was dazu führt, dass meine Wohnung schön langsam musealen Charakter annimmt.

Vorige Woche wollte ich zur Tat schreiten und mich zumindest von dem trennen, was ich sicher nie mehr brauchen werde. Etwa von meinen Mitschriften und Skripten aus der Studienzeit. Voller Energie, Entschlossenheit und Tatkraft krempelte ich die Ärmel hoch und zog einen Ordner aus dem Regal. Germanistik, erstes Semester. Brauche ich nie wieder. Bevor ich den Ordner wegwerfen wollte, überflog ich noch einmal die Seiten. Doch da war da eine Karikatur, die ein Studienkollege hinein gezeichnet hat, dort eine Telefonnummer, da eine Notiz über eine Einladung zu einer Party, dort ein Schüttelreim von einer Kollegin. Plötzlich stand meine Studienzeit wieder bildhaft vor mir. Tausende schöne Erinnerungen quollen hervor. Wie Regenwürmer nach einem Sommergewitter. Und der Ordner wanderte zurück ins Regal. Wo er wohl wieder eine Weile stehen bleiben wird.

Wovon ich mich am leichtesten trennen kann, ist Gewand. Alles, was ich innerhalb des letzten halben Jahres nicht angezogen habe, kommt in den Container. Nur: Da ist das T-Shirt mit dem Originalautogramm von Alvin Stardust, dort meine erste Tankwart-Uniform, da der alte Staubmantel aus den 50er-Jahren ...

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Wiedergeburt im Paralleluniversum (2005/10)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, feiern Sie mit mir meine Wiedergeburt. Nicht im Sinne von Seelenwanderung sondern mehr in symbolischem Sinne. Denn am Freitag Abend hatte ich beinahe ein "so-schnell-kann's-gehen"-Erlebnis. Ich war auf dem Weg zum Geschichtlichen Museum St. Valentin. Ein Teil dieses Weges hat keinen Gehsteig. Ich ging am äußerst linken Straßenrand und war dank meiner signalorangen Jacke gut sichtbar. Wenn mir ein Auto entgegen kam, trat ich noch weiter nach links. Dafür erwartete ich, dass die Autos, die von hinten kommen, so halbwegs rechts fahren. Was sie auch taten. Doch genau in dem Moment, als ein Auto auf meiner Höhe war, wurde es von einem anderen Auto überholt. Das überholende Auto hatte noch dazu einen Anhänger. Und das war verdammt knapp. Um ein Haar hätte er mich erwischt. Obwohl das sonst nicht meine Art ist, rief ich dem Fahrer drei Schimpfworte nach, die mit den Buchstaben T, A und D beginnen. Doch diese verhallten ungehört in der Finsternis der Nacht.

Die Theorie der Paralleluniversen fasziniert mich zumindest als Gedankenexperiment. Sie besagt, dass es unendlich viele Universen gebe. Und für alles, was passieren könne, gebe es ein eigenes Universum, in dem das tatsächlich passiere. Demnach wäre ich in einem dieser Universen ein paar Zentimeter weiter rechts gegangen. In diesem Universum gibt es an dieser Stelle keine Wortspende sondern möglicherweise einen Nachruf, auf den Bericht über das Oskar Klein-Konzert müssten Sie ebenfalls verzichten, bei der Gemeinderatswahl hätte eine St. Valentiner Partei eine Stimme weniger und und und.

Doch in dem Universum, in dem Sie und ich leben, ist das nicht passiert. Und sollte der Überholer diese Zeilen lesen und sich ertappt fühlen, dann möge er als Buße einen namhaften Betrag an "Ärzte ohne Grenzen" spenden. Und dann Schwamm drüber.

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Danksagungen für vorzeitiges Eierpecken (2005 KW 12)

Seit alters her werden Verhaltensregeln in Sprichwörter und Kalendersprüche gekleidet. Meist beinhalten diese auch gleich die Sanktionen, die Zuwiderhandelnde erwarten dürfen. Nehmen wir zur Illustration ein bekanntes Sprichwort: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.“

Weniger bekannt ist: „Wenn man vor Ostern Eier peckt, dann fällt der 1. Mai auf einen Sonntag!“

Früher hieß es „Bedankt’s euch beim Mottas!“, wenn die ganze Schulklasse wegen einer meiner Spitzbübereien Opfer einer Strafexpedition wurde. Heute sage ich: „Bedanken Sie sich bei meinen KollegInnen, dass heuer der 1. Mai auf einen Sonntag fällt!“. Trotz meiner eindringlichen Warnungen trugen sie 12 Tage (in Worten: ZWÖLF TAGE) vor Ostern einen Eierpeck-Wettkampf aus.

Das Resultat sehen Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn sie auf den Kalender schauen: Der 1. Mai fällt auf einen Sonntag. Jetzt sagen Sie vielleicht großmütig „Na und, gibt es halt einen freien Tag weniger“. Wenn es nur einer wäre! Ist Ihnen denn noch nie aufgefallen, dass der 1. Mai ein Feiertags-Indikatorentag ist? Dass er immer auf den selben Wochentag fällt wie der Christtag und Neujahr? Na, fällt der Groschen? Wir fallen heuer um drei Feiertage. So schaut es nämlich aus! Das sollten Sie unbedingt mitbedenken, wenn Sie meinen KollegInnen danken wollen.

Um derlei Unheil zumindest für das nächste Jahr abzuwenden, darf ich Sie mit einer weiteren Kalenderweisheit vertraut machen: „Wenn man beim Maibaumaufstellen mithilft, dann fällt der nächste 1. Mai auf einen Montag“. Daher rufe ich Sie schon jetzt – im März – dazu auf, beim Maibaumaufstellen zu helfen. Darüber hinaus vertraue ich darauf, dass Sie bis 2006 diese Kalenderdeutung längst vergessen haben.

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Krähen werden ganz legal vernichtet (2005 KW 15)

Bei meiner letzten Radtour fiel mir in der Nähe von St. Valentin eine Krähenfalle auf. Das ist ein Käfig, in den Krähen zwar hineinschlüpfen können, aber nicht mehr heraus. Darin flatterten zwei verängstigte Krähen umher. Auf dem Käfig ist ein Schild befestigt, auf dem um Verständnis für Krähenvernichtung geworben wird. Als Nesträuber würden Krähen dazu beitragen, dass Singvögel aussterben. Auf Anfrage erklärte mir Bezirksjägermeister Rupert Gruber, dass diese Art Krähen zu fangen legal sei. Die gefangenen Krähen würden erschossen. Auch Ruperg Gruber erklärte, dass Krähen eine Bedrohung für Wildtiere und Vögel seien und insbesondere in Niederösterreich überhand nehmen würden. Das ist einzusehen.

Aber nur wenige Meter von der Krähenfalle entfernt befindet sich ein bewaldeter Graben, der mit Müll und Bauschutt zugefüllt wird. Auch andere Gräben rund um St. Valentin werden immer wieder als Müllentsorgeplatz missbraucht. Dazu kommt, dass natürliche Lebensräume für Wildtiere und Vögel gerade in dieser Gegend immer kleiner werden. Viele bezeichnen die Felder rund um St. Valentin bereits als „Agrarwüste“. Wie weit diese Tendenz eine größere Bedrohung als die der Krähen darstellt, kann ich nicht beurteilen.

Nun muss man das nicht den Landwirten allein zur Last legen. Jeder will ertragreich wirtschaften und muss mit den Weltmarktpreisen konkurrieren können, um zu überleben. Daher können es sich viele Bauern nicht leisten, Teile ihres Landes brachliegen zu lassen, um Lebensraum für Wildtiere zu schaffen. Hier müss-ten Staat oder EU eingreifen und den Landwirten vernünftige Förderungen für die Schaffung und Pflege von Naturräumen zahlen. Denn sonst haben wir in absehbarer Zeit gar keine Wildtiere mehr. Mit oder ohne Krähen.

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„In der Natur geht nichts verloren“ (2005 KW 16)

Wenn ich als Kind wieder einmal etwas verlegt hatte oder nicht finden konnte, pflegte mein Vater zu sagen „In der Natur geht nichts verloren!“. Damit zitierte er das „erste chemische Grundgesetz“ von Antoine Laurent Lavoisier. Dieses besagt, dass bei einer chemischen Reaktion die Gesamtmasse der beteiligten Stoffe unverändert bleibt. Zum Auffinden verlorener Gegenstände ist dieses Grundgesetz eher nicht so hilfreich. Auch die Physik lehrt uns, dass sich weder Masse noch Energie ins Nichts auflösen können. Es gibt zwar allerlei Umwandlungen, aber kein Verschwinden. Dieses eherne Gesetz gilt sicher auch für die Zettel auf meinem Schreibtisch. Sollte man meinen. Trotzdem haben Zettel auf meinem Schreibtisch – insbesondere, wenn ich darauf wichtige Daten notiert habe – eine Halbwertszeit von einem Tag. Das heißt nach einem Tag sind die Hälfte aller Notiz-Zettel verschwunden. Wie wir vorhin gelernt haben, sind sie natürlich nicht wirklich verschwunden: Sie haben sich höchstens in etwas verwandelt, das sich auf einer anderen Ebene befindet als mein Schreibtisch. Vielleicht gibt es in Analogie zu den geheimen Elefanten-Friedhöfen auch einen geheimen Zettel-Friedhof. Für mich bedeutet es lediglich, dass ich die Zettel nicht finden kann, obwohl in der Natur nichts verloren geht. Daher habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, wichtige Daten im Computer zu speichern. Den kann ich aufgrund seiner Größe nicht so leicht verlegen. Andererseits habe ich auch schon so manche Information in den Tiefen seiner Silizium-Ganglien versenkt, und sie nie wieder gefunden. Hilfe bekam ich nun von meinen Kolleginnen: Sie schenkten mir ein Schulheft. Das würde nicht so leicht verschwinden wie ein Zettel. Nur: Immer wenn wer anruft und mir etwas mitteilt, das ich notieren muss, liegt das Heft nicht in Griffweite, wohl aber irgend ein Zettel...

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Arme Tröpfe in aller Herrgottsfrüh (2005 KW 17)

Neuerdings zwingen mich produktionsbedingte Umstände, dass ich an Montagen um 5 Uhr in der Früh aufstehen muss. Und „in der Früh“ schreibe ich nur für Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren. Denn für mich rangiert 5 Uhr unter „mitten in der Nacht“. Es ist schon wahr, dass so frühe Morgenstunden einen Reiz haben. Aber nur dann, wenn man sie schlafend verbringen kann. Ein guter Morgen beginnt für mich frühestens um sieben.

Ein Wirtschaftstreibender rügte mich einmal mit dem Hinweis auf Oberösterreichs Landeshauptmann a. D., Dr. Josef Ratzenböck. Dieser sei – bitteschön – jeden Morgen um halb fünf aufgestanden. „Sehen Sie“, habe ich geantwortet, „genau aus diesem Grund bin ich nicht Landeshauptmann geworden.“

Genutzt hat es mir nichts: Am Montag muss ich um fünf aus dem Bett.

Nun sollte man meinen, dass sich andere Leute, die das selbe Schicksal erdulden müssen, solidarisch gebaren. Dass einem etwa Leute, die einem im Straßenverkehr begegnen, einen „Ach, du bist auch so ein armer Tropf“-Blick zuwerfen. Aber weit gefehlt: Hätten Autos Ellenbogen, dann würden sich manche geradezu durch die Straßen rempeln. Am Montagmorgen gibt es keine Solidarität. Da wollen die Leute schnell dorthin, wo sie hin müssen, um es ebenso schnell wieder hinter sich zu bringen.

Andere Leute reagieren mit Ignoranz. Was mir egal wäre, würde es sich nicht um Leute handeln, die mir mit dem Auto entgegenkommen und zum Überholen ansetzen, wobei sie mit mir auf Kollisionskurs gehen. Und da ist es dann bei mir mit der Toleranz vorbei. Da gebe ich ihm per Lichthupe Morsezeichen, die ihn daran erinnern sollen, dass er sich nicht mehr im Bett, sondern im Auto befindet. Der arme Tropf!

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Wassersport mit hohem Lästigkeitsfaktor (2005 KW 18)

Es gibt Sportarten, bei denen haben einige wenige ihre Gaudi und alle anderen den Lärm. Eine dieser unsozialen Sportarten ist das Herumbrettern mit Wassermopeds, so genannten Jet-Skis. Bei diesem Spektakel strebt der Lästigkeitsfaktor gegen Unendlich. Und der Penetranzfaktor ebenso.

Kaum ist es Frühling, geht es los: Im Donaubereich zwischen St. Pantaleon, Naarn und Wallsee feiern diese Lärmer fröhliche Urständ. Mal auf der niederösterreichischen, mal auf der oberösterreichischen Seite. Sehr zum Ärgernis all jener, die hier Erholung suchen und Natur genießen wollen.

Fährt man an einem Sonntag bei Au – Gemeinde Strengberg – auf den Donauradweg, hört man Frösche quaken, den Gesang der Vögel und das Geplätscher des Damm-Begleitbaches. Etwas stromaufwärts hört man nur dieses hochfrequente Aufheulen der Wassermopeds. Die nervöse Fahrweise erhöht den Lästigkeitsfaktor noch einmal: Aufheulen, Abdrehen, Aufheulen, Abdrehen. Stundenlang. Dagegen sind Wespen, die einem beim Marmeladebrotessen umsummen geradezu eine Wohltat. Gemäß dem Gesetz „Wie man in den Wald hineinheult, so heult es zurück“ verstärkt sich der Lärm durch die Reflexion an den Bäumen des Auwalds. Den Lärm hört man bis in die Siedlungen in Erla. Entsprechend verärgerte Reaktionen gehen demgemäß bei den Behörden ein. In der BH Perg teilte man mir auch mit, dass dieses Jet-Skiing in dem besagten Donauabschnitt verboten sei, während mir die BH Amstetten mitteilte, dass sie dafür nicht zuständig sei.

Ich habe übrigens nichts gegen Motorboote. Die sind erstens nicht so laut, und zweitens: Wenn sie vorbei sind, sind sie vorbei. Bei den Jet-Skis aber kehrt erst Ruhe ein, wenn wieder einmal eines – wie schon einmal geschehen – an einem Baum am Naarner Badestrand zerschellt.

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Die Makkaroni-Schlacht bei Königgrätz (2005 KW 20)

Viele Menschen stellen sich beim Kochen ziemlich ungeschickt an, haben aber beim Essen keine Probleme. Bei mir ist das umgekehrt: Beim Zubereiten der meisten Speisen habe ich zwei rechte Hände. Die beiden linken hingegen benutze ich beim Essen. Insbesondere wenn es sich um Speisen ab der Schwierigkeitsklasse fünf (auf der zehnteiligen Elmayer-Skala) handelt. Dazu gehört etwa Fluchtnudel-Suppe. Hier ist zwar die Suppe ohne Probleme verspeisbar, die Nudeln aber weigern sich, auf dem Löffel zu bleiben. Ganz egal, ob man sich heimlich anpirscht und - schwupps! - einen Löffel voll Suppe aufnimmt, oder ob man den Löffel in den Suppenteller hält und wartet bis sich die Nudeln beruhigt haben, um dann den Löffel vorsichtig nach oben zu heben – alles ist vergeblich: Noch bevor man den Löffel zum Mund führen kann, haben die Nudeln bereits die Flucht ergriffen und sind in den Suppenteller zurück gehüpft. Oder auf das Tischtuch.

Ganz einfach zuzubereiten und fast unmöglich zu essen sind Makkaroni. Direkt in der Nudelfabrik habe ich mir eine Packung schwäbische Makkaroni gekauft. Nach kurzer Zubereitungszeit lagen sie al dente auf meinem Teller, angerichtet mit einer "Sauce Bolognese au Norbert". Jetzt aber wie essen? Um die Gabel wickeln lassen sich die 23 Zentimeter langen Dinger nicht. Also aufspießen. Doch wie verspeist man eine 23 Zentimeter lange, fünf Millimeter dicke und innen hohle Nudel jetzt wirklich? Der Ansaugtrick funktioniert nicht wirklich. Insbesondere, wenn man auch etwas Sauce abbekommen will. Nach längerem Kampf, nach dem das Tischtuch aussah, als hätte darauf die Schlacht bei Königgrätz stattgefunden, gab ich auf: Ich zersägte die Makkaroni in kleine Teile und verspeiste sie mit dem Vergnügen eines kulinarischen Feldherren nach dem unverhofften Sieg.
Ich rege hiermit die Entwicklung einer Makkaroni-Zange an. Die könnte dann "Mit-diesem-Gerät-kann-sogar-Norbert-Makkaroni-essen" heißen.

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Tragikomödie in der Autokolonne (2005 KW 21)

Gerne werde ich von ArbeitskollegInnen gehänselt, weil ich mich beim Autofahren weitgehend an die Gesetze halte. So fragte mich eine Kollegin zum Beispiel, ob ich eventuell am Dienstag von Linz Richtung St. Valentin gefahren sei. Ihr wäre nämlich eine Autokolonne entgegengekommen, angeführt von einem roten Auto. Gleich zur Beruhigung: Ich war ganz wo anders und habe auch keine Autokarawane hinter mir hergeschleift. Und wenn mehrere Autos hinter mir fahren müssen, dann nur deshalb, weil sie zu schnell fahren wollen. Viele, die sich an meine Stoßstange pickten, sollten mir eigentlich dankbar sein.

Besondere Freude mit mir hatte ein BMW-Fahrer. Ich bewegte mich in einer Kolonne – in der Mitte, wohlgemerkt, nicht am Anfang! Und es ging zäh dahin. Der BMW-Fahrer beschleunigte, bis er fast auf Stoßstangenfühlung kam, bremste, beschleunigte wieder. Dieser Zaubertanz bewirkte ganz zu seiner Betrübnis nicht, dass ich und die vor mir fahrenden Autos verschwanden. Deshalb begann er Slalom zu fahren. Wieder vergeblich. Im Rückspiegel sah ich, dass sich sein Gesicht bereits zu einer hasserfüllten Fratze verzogen hatte. Was seinem Fass aber den Boden ausschlug, war, dass ich kurz anhielt, um einer Gruppen von entgegenkommenden Linksabbiegern das Abbiegen zu ermöglichen. Während die sich freuten, dass sie doch noch abbiegen konnten und sich die hinter ihnen Fahrenden freuten, dass es endlich weiter ging, griff sich der BMW-Fahrer zuerst an den Kopf und hämmerte anschließend mit der Faust auf die Hupe. Ebenfalls vergeblich! Denn nach wenigen Sekunden hatten wir wieder zu der Kolonne aufgeschlossen. Bei der Mauthausner Brücke trennten sich unsere Wege; und ich bin sicher, dass der gute Mann vergnügt durchs Leben geht und viele Freunde hat.

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Und? (2005 KW 22)

Erscheint Ihnen diese Überschrift zu kurz? Haben Sie das Gefühl, dass hier etwas fehlt? Wenn ja: Ihr Gefühl, meine sehr geehrten Damen und Herren, trügt Sie nicht; ich werde es Ihnen erklären!

Beginnen wir mit Verhaltensregeln bei verlängerten Grußformeln. Wenn jemand fragt „Wie geht's?“ will er/sie als Antwort keine ausführliche Rede zur Lage der Nation hören. Falls es einem gut geht antwortet man mit „Danke, gut“, falls es einem schlecht geht nur mit „Danke!“ Das ist wie im Gasthaus: Wenn der Kellner/die Kellnerin fragt „Hat es Ihnen geschmeckt?“, antwortet man mit „Danke, sehr gut!“, falls es geschmeckt hat, und begnügt sich mit „Danke“, wenn es gerade noch genießbar war. Der/die erfahrene KellnerIn versteht es, diesen Code zu dechiffrieren und wird der Küche mitteilen, dass die Gäste es doch gemerkt haben, dass die Jägersoße schon zum zehnten Mal aufgewärmt wurde.

Aber zurück zu den erweiterten Grüßen: Eine der unangenehmsten und dennoch nicht seltenen Fragen lautet „Und?“ Die Konversation verläuft so: „Grüß dich!“ – „Grüß dich!“ – „Und?“

„Und?“ fragen diejenigen, die zu faul sind, ein „Wie geht's?“ zu formulieren. „Und?“ klingt so, als hätte man eine Rapportpflicht nicht wahr genommen. Es klingt nach „Wie sagt man? Wie lautet das Zauberwort?“ Deshalb gehören „Und?“-Frager bestraft: Ich empfehle auf die Frage „Und?“ mit einer detaillierten Beschreibung von Gemüts- und Gesundheitszustand zu antworten. Inklusive präziser Schilderung der Stoffwechselvorgänge (lange Version!).

Oder man gibt sich minimalistisch und antwortet mit einem zustimmenden „Ja-a.“ Folgendes Gespräch war ich vorige Woche gezwungen mitzuhören: „Grüß dich!“ – „Grüß dich!“ – „Und?“ – „Ja-a.“ Mehr gab es wohl nicht mitzuteilen.

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Betroffenes Schweigen des Telefon-Akkus (2005 KW 23)

Das kennen Sie sicher: Wenn in einem Zwiegespräch ein Gesprächspartner hartnäckig schweigt, fühlt sich der zweite genötigt, pausenlos weiter zu sprechen, bis er ins Plappern verfällt. Und zwar unabhängig davon, ob der Schweigende zustimmend nickt oder ausdruckslos dreinschaut.

Das funktioniert auch beim Telefonieren. Die perfideste Form des Telefonschweigens besteht darin, jemanden anzurufen, kurz zu grüßen und dann nichts mehr zu sagen. Zum Glück ist diese Unart in meinem Bekanntenkreis eher selten. Eine andere Form des Telefonschweigens ist das Essen während des Telefonats. Das macht mich dann doch nervös, wenn ich anstatt einer erwarteten Antwort nur Kaugeräusche höre.

Und dann gibt es noch das betroffene Schweigen. Man erzählt eine längere Geschichte und das Gegenüber am anderen Ende der Leitung schweigt, um den Redefluss nicht zu unterbrechen. Und jetzt kommen wir zur eigentlichen Geschichte:

Am Wochenende telefonierte ich mit einer Freundin und erzählte ihr eine längere Geschichte, während der sie betroffen schwieg. Wie ich zumindest glaubte. Ich verlor mich in immer mehr Details, ohne unterbrochen zu werden. Da aber unerwartet lange keine Reaktion kam, unterbrach ich meine Erzählung und fragte: „Hallo?“. Nichts. Etwas später bekam ich von dieser Freundin eine E-Mail, in der sie mir berichtete, dass der Akku ihres Telefons kurz nachdem sie abgehoben habe, kaputt gegangen sei. Das heißt, ich hatte vollkommen ins Leere geplappert.

Ich gehe stark davon aus, dass meine Telefonate nicht abgehört werden – warum auch. Aber sollte sich doch jemand – rein zum Spaß – in meine Leitung gehängt haben, dann hatte er/sie garantiert eine Riesengaudi.

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Aufruf: „Rettet die Buttersemmeln!“ (2005 KW 24)

Zur Einstimmung eine kleine Geschichte:

„Die vielen Buttersemmeln, die vielen Buttersemmeln!“, klagte Pfadfinderhauptmann Mayrhofer. „Die vielen guten Buttersemmeln!“ Er war dem Weinen nahe. Pfadfinderhauptmann Mayrhofer stand umringt von einer Gruppe von Pfadfindern am Ufer und blickte traurig dem Floß nach, das immer weiter auf den See hinaus trieb. Auf dem Floß befand sich ein sehr großer geflochtener Korb.

„Die vielen guten Buttersemmeln!“, sagte Pfadfinderhauptmann Mayrhofer noch einmal, aber da war nichts mehr zu machen.

So. Was können wir aus dieser Geschichte lernen?

Die Geschichte will in erster Linie darauf hinweisen, dass die Buttersemmel in Gefahr ist.

Wann haben Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Beispiel zum letzten Mal eine Buttersemmel gegessen? Na: Sehen Sie? Die Buttersemmel ist für viele der Inbegriff von gehobener Basisernährung. Der Geschmack einer Qualitätssemmel kommt mit einer dünnen Schicht Butter am besten zur Geltung. Und jetzt meine ich wirklich Qualitätssemmeln: Außen hat sie eine hauchdünne knusprige Kruste, innen ist sie flaumig. Beim Aufschneiden entfaltet sich ein derart köstlicher Duft, dass man am liebsten gleich reinbeißen möchte. Nun wird sie mit Butter bestrichen und wieder zusammengeklappt. Darauf lege ich großen Wert: Nur eine ganze Semmel ist eine Buttersemmel. Wer Deckel und Boden getrennt verspeist, beraubt sich des größten Buttersemmelgenusses. Vor allem aber leistet er/sie einer Tendenz Vorschub, die zur größten Gefahr für die Buttersemmel wird: Nämlich der Bestrebung, die fünf Segmente des Deckels wegzulassen, damit Semmelboden und Deckel gleich aussehen. Das aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wäre das Ende der Semmeln und damit auch der Buttersemmel.

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Abenteuer Bahntarif (2005 KW 25)

An dieser Stelle berichtete ich bereits im Herbst, dass eine Zugfahrt von St. Valentin nach Linz mehr kostet als eine Fahrt von Linz nach St. Valentin. Ich stellte die Vermutung an, dass diese Fahrt deshalb billiger ist, weil es bergab gehe und die ÖBB deshalb weniger Energie aufwenden müsse. Wenn es nur so einfach wäre. In Wirklichkeit ist es natürlich viel komplizierter (finde ich) bzw. viel einfacher (findet der Pressesprecher der ÖBB). Passen Sie auf!

Normalerweise sind Fahrkarten im Automaten billiger als beim Schalterbeamten. Insbesondere, wenn man ein Ermäßigungsticket kaufen will, erhält man die volle Ermäßigung nur, wenn man dieses bei einem Automaten löst. Damit will man verhindern, dass die Fahrgäste ihre Karte beim Schalterbeamten lösen. Denn dieser könnte ja auf die Idee kommen, den Kunden Fahrplanauskünfte zu geben oder sie kompetent zu beraten.

Fährt man allerdings von St. Valentin nach Linz, dann ist eine Hin&Retour-Fahrkarte vom Automaten um 40 Cent teurer als beim Schalter. Beziehungsweise ist der Schalter um 40 Cent billiger, wie ÖBB-Sprecher Johann Rankl betont. Warum das so ist, erklärt Rankl so: Der Schalterbeamte ist bemüht, für die Kunden die billigste Variante zu suchen und bietet daher die Fahrkarte zum Tarif des Oberösterreichischen Verkehrsverbundes an. Der Automat wiederum steht auf niederösterreichischem Boden und muss daher die Karte zum Tarif des teureren VVNB anbieten. Somit könne man nicht behaupten, dass der Automat teurer sei. Denn der Schalterbeamte könnte genauso die Karten zum niederösterreichischen Tarif verkaufen. Es handle sich also um einen Fall von Kulanz der ÖBB, so Rankl.

Noch kulanter wäre es natürlich, auch Automaten auf die kostengünstigere Variante umzuprogrammieren. Doch so viel Entgegenkommen wäre selbst für die kundenfreundliche ÖBB ein zu großes Opfer.

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Unedles Waidwerk (2005 KW 26)

Mit zwei JägerInnen sind wir in unserer Geschäftsstelle waidmännisch bzw. waidfrauisch gut bestückt. Und ich fröne – gewissermaßen außer Konkurrenz – ebenfalls der Jagd. Nur während meine WaidkollegInnen kapitalen Böcken und wohlschmeckenden Rehen nachjagen, sind die Opfer meiner Jagdzüge weniger edel. Es handelt sich dabei nicht einmal um Niederwild.

Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann ich es ja sagen: Meine bevorzugte Jagdbeute ist die Gemeine Stubenfliege. Dabei hätten Fliegen von mir gar nichts zu befürchten, wären sie nicht so gemein. Eine ihrer Gemeinheiten besteht zum Beispiel darin, dass sie – im Gegensatz zu mir – Frühaufsteher sind. Hat sich etwa am Abend eine Fliege unbemerkt in mein Schlafzimmer geschlichen, dann kann man davon ausgehen, dass sie mindestens eine Stunde früher wach wird, als ich geweckt zu werden wünsche. Dann fliegt sie brummend durch den Raum und macht sich einen Spaß daraus, immer wieder gegen meinen Kopf zu donnern. Bis ich es nicht mehr ignorieren kann und mit einem Kleidungsstück Jagd auf das Biest mache – um danach wider Willen hellwach, aber gar nicht munter zu sein.

Oder: Wenn ich mich nach einem langen harten Arbeitstag noch eine Stunde hinter den Herd klemme, um mir ein köstliches Abendessen zu kochen, dann will ich dieses in Ruhe genießen. Und nicht von Fliegen umsummt werden.

Daher greife ich zum Staubsauger, meinem Fly-Buster, und gehe auf Fliegenjagd. Und – ich schäme mich fast, es zu gestehen – jedesmal, wenn ich ein Biest wegsauge, erfüllt mich das mit Genugtuung. Doch im Gegensatz zu meinen WaidkollegInnen ist die einzige Trophäe, die bei mir an der Wand hängt, eine Metallskulptur des in Wien lebenden Künstlers Götz Bury. Bei den Fliegen reicht es mir, wenn sie verschwunden sind.

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Achtung, streng geheim! Nicht weitersagen! (2005 KW 27)

Ich werde Ihnen jetzt etwas verraten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Sie dürfen es aber niemandem weiter erzählen, denn es handelt sich um ein Geheimnis! Deshalb darf niemand außer Ihnen davon erfahren. Es muss wirklich unter uns bleiben. Nicht auszudenken, was passieren würde, erführe davon noch jemand. Uijuijuijui! Das könnte ziemlich ins Auge gehen. Zum Glück weiß ich dieses Geheimnis bei Ihnen in guten Händen.

Ich weiß, dass Sie schweigen können. Eine Fähigkeit, die ja heutzutage mehr als selten ist. Wie oft kommt es doch vor, dass einer beim Hühneraugenlicht seiner großen Zehe schwört, nichts weiter zu erzählen, und es dauert nicht lang, schon hat er sich verplappert. Nicht in böser Absicht. Einfach verplappert. Doch was einmal dem Mund entwichen ist, was einmal gesagt ist, das lässt sich nicht mehr zurücknehmen. Das ist wie bei einem Anrufbeantworter: Was man da drauf gesagt hat, das ist drauf gespeichert, das lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Peinlich, peinlich! Da kann man nur hoffen, dass ein Blitz in eine Stromleitung einschlägt und den Anrufbeantworter lahm legt.

So ist es beim Geheimnis: Einmal verraten, immer verraten. Und je geheimer, desto peinlicher. Da kann man sich auf den Mund schlagen; da kann man – um die Peinlichkeit nur noch zu erhöhen – sprudelnd weiterplappern, in der falschen Hoffnung, damit könne man vom Verrat ablenken; da kann man sich wünschen, dass sich die Erde auftue und einen verschlinge; da kann man machen, was man will: alles ist vergebens.

Aber Ihnen muss ich das ja nicht erzählen. Sie werden – wenn Sie mir den Ausdruck erlauben – dicht halten. Deshalb verrate ich auch Ihnen und nur Ihnen dieses Geheimnis. Und sonst niemandem.

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Camping, mit allen Wassern gewaschen (2005 KW 28)

Was Camping anbelangt, so bin ich mit allen Wassern gewaschen. Und das meine ich wörtlich: Unzählige Regenschauer und Landregen habe ich bereits campierend erlebt. Ich habe schon mehr als einmal all meine Kleidungsstücke zu einem Haufen inmitten meines Zeltes aufgeschichtet. Auf diesem noch trockenen Haufen bin ich gehockt, wie auf einer Insel, umflutet von all dem Wasser, das mein Zelt nicht mehr abhalten konnte; und das schon 10 Zentimeter tief war. Und kein Ende des Regens in Sicht. Und jedes Mal Zelt verlassen hieß nass werden und die Nässe ins Zelt tragen. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn der Schlafsack sehr viel Wasser aufgesogen hat. In der Früh wacht man mit einer schrumpeligen Haut auf, als hätte man in der Badewanne geschlafen. In der mit Wasser gefüllten, wohlgemerkt. Aber ich bin auch hartgesotten: Ich weiß, wie es ist, wenn das Zelt in der prallen Sonne steht und sich kein Lüftchen rührt: Dann ist es verdammt heiß, kann ich Ihnen sagen! Da ich hartgesotten und mit allen Camping-Wassern gewaschen bin, weiß ich auch, was ein erfahrener Camper alles mit auf die Reise nehmen muss. Ich habe wirklich an alles gedacht: Von der Taschenlampe bis zum Klopapier, vom Palatschinkenpfandl bis zum Lavoir; vom Hammer zum Heringe einschlagen bis zur Kombizange, um sie wieder aus der Erde zu ziehen; von der Gitarre bis zur gut sortieren Reise-Bibliothek. Und all das liegt derzeit in meiner Küche, denn morgen geht die Reise los.

Was ich noch nicht weiß, ist, wie ich das alles in mein Auto bekommen soll. Aber das soll nicht Ihr Problem sein, meine sehr verehrten Damen und Herren. Denn wenn Sie diese Zeilen lesen, bin ich bereits unterwegs. Im Regen, in der Sonne? – Wer weiß! Auf alle Fälle in Frankreich. Und dort werde ich auf Sie ein kleines Gläschen Pastis erheben!

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Pepi-Onkel unterwegs (2005 KW32)

Gestern bin ich hinter einem Pepi-Onkel gefahren. Damit Sie – meine sehr verehrten Damen und Herren – die Tragweite dieses Satzes verstehen können, muss ich wohl ein paar erklärende Worte nachreichen. Zunächst einmal, was ich meine, wenn ich „Pepi-Onkel“ sage. Also: Der Pepi-Onkel war ein entfernter Verwandter von mir. Wenn er auf Besuch kam, brachte er uns Kindern immer Schokolade mit, die schon einmal bessere Tage gesehen hatte. Aber das gehört nicht zum Thema. Als der Pepi-Onkel in Pension ging, kaufte er ein Auto und bereiste gemeinsam mit seiner Frau ganz Österreich. Ganz Österreich und ganz langsam. Viele Freunde macht sich der Pepi-Onkel in kurvigen Gebirgstälern, wo überholen unmöglich ist. Stellen Sie sich jetzt bitte eine Satellitenaufnahme von Österreich vor. Zoomen Sie auf Oberösterreich. Und jetzt auf das Salzkammergut. Gehen Sie noch näher heran, bis Sie den Stoderzinken finden. Und jetzt gehen Sie so nahe dran, dass Sie die Autokolonne sehen, die langsam von Gröbming Richtung Steinerhaus rollt. Schauen Sie sich das vorderste Auto an: Dieses wird vom Pepi-Onkel gelenkt. In den Autos dahinter sitzen fluchende und schimpfende Lenker. Wenn ich hinter so einem Pepi-Onkel herfahre, macht mir das nichts aus, denn, ob ich ein paar Minuten früher oder später an mein Ziel komme ist mir egal. Aber da gibt es so Nervöslinge, die selbst dann überholen, wenn sie beim besten Willen nicht sehen können, was sich hinter der nächsten Kurve auf sie zubewegt. Und die sind die eigentlich schlimmen Verkehrsteilnehmer. So einer war gestern hinter mir, als vor mir ein Pepi-Onkel fuhr. Ein Glück, dass es nicht gekracht hat, aber ein bisschen in den Graben fahren hätte ich dem Nervösling schon vergönnt.

Den Namen des Pepi-Onkels habe ich natürlich geändert, und ich entschuldige mich jetzt bei allen Pepi-Onkeln, die hier unschuldig zum Handkuss kamen.


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Positionskämpfe in der Warteschlange (2005 KW 34)

Wenn ich was nicht verputzen kann, dann sind das Leute, die sich vordrängen. Da ich aber ein höflicher Mensch bin, muss ich wohl mit solchen Mitbürgern leben.

Zum Beispiel an der Tankstelle: Gerade als ich zahlen wollte, zwängte sich eine junge Frau zwischen mich und die Kassa und sagte, sie wolle „an Schokalad“. Die sollte man einmal zur Nachschulung nach London schicken. Wer sich dort vordrängt, der wird nicht bedient, sondern höflich ersucht, sich hinten anzustellen.

Lustig ging es beim „Heroes Of Rock“-Konzert in Clam zu. In der Pause war eine lange Schlange am Getränkestand angestellt. Ich mag es nicht, wenn sich jemand in einer Schlange zu dicht an mich herandrängt. Deshalb hielt auch ich einen entsprechenden Abstand zu den vor mir Wartenden. So etwas lockt natürlich Vordränger an. Die schauen zuerst ein bisschen beschränkt drein und tun so, als würden sie da nur zufällig herumstehen, und dann – schwupps! – zwängen sie sich in die Schlange. Und dann schauen sie entweder auf den Boden oder in die Luft, um die strafenden Blicke der Wartenden nicht erwidern zu müssen.

Gegen die, die sich zu dicht an mich heranstellen, habe ich schon ein Abwehrmittel gefunden. Mit ein paar unerwarteten Drehbewegungen klopfe ich denen meinen Rucksack auf den Bauch. Das schaut zwar komisch aus, aber es wirkt.

Gegen die Hineinzwänger muss ich mir erst etwas einfallen lassen. Denn die sind sehr Kritik-resistent. Sonst wären sie über die Zurufe „Heh, hint’ o-stöhn!“, die aus den hinteren Reihen erschallten, zumindest rot geworden.

In der Warteschlange tauchte plötzlich die Frage auf, wer die zweite Band beim Woodstock-Konzert in Clam war. Und keinem von uns fiel sie ein. Hier kommt die erlösende Antwort: Es war Iron Butterfly.

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Begrenzte Haltbarkeit (2005 KW 35)

„Nichts in der Welt hält ewig“, lautet eine Binsenweisheit, die sich täglich bestätigt. Nun dauert mir die Ewigkeit eh ein bisserl zu lang, aber bei manchen Produkten wäre es mir recht, würden sie ein bisschen länger halten. Firmen, die besonders haltbare Produkte produzieren, geben gern lange Garantien, doch oft bringe ich mich selbst um das Vergnügen, diese Garantien zur Gänze zu genießen.

Nehmen wir zum Beispiel meine Pfeffermühle: Sehr gutes Produkt – zehn Jahre Garantie auf das Mahlwerk. In diesem Fall noch bis ins Jahr 2013. Jetzt musste diese Pfeffermühle aber unbedingt aus meinem Küchenkastl fallen und am Boden zerschellen. Das Mahlwerk blieb unbeschädigt, aber das Glas, in das es eingegossen war, ging zu Bruch. Nun kostet so ein Mühlenglas wahrscheinlich nicht mehr als ein Gurkenglas, aber kaputt ist auch dann kaputt, wenn nur der billigste Teil eines Produktes in Trümmern liegt.

Oder nehmen wir meine gelbe Gore-Tex Jacke. So eine Jacke hat man ein Leben lang – heißt es, deshalb kann man ruhig etwas mehr dafür ausgeben. Und eine lebenslange Garantie gibt es ebenfalls darauf. Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, ahnen bereits, was jetzt kommt: Die Jacke wurde mir bei einem Konzert in Stadt Haag gestohlen. Jetzt hat der Dieb zwar eine tolle Jacke mit ewig langer Garantie. Die kann er aber nicht in Anspruch nehmen, weil er keine Rechnung hat. Ich wiederum habe die Rechnung. Mit dieser allerdings kann ich noch weniger anfangen als der Dieb mit meiner Jacke.

Diese Liste könnte ich noch ewig lange fortsetzen. Aber wie bereits anfangs angemerkt, strebe ich Ewigkeit nicht an. Ich werde jedoch den Werdegang meiner neuen Gore-Tex Jacke mit größter Aufmerksamkeit verfolgen. Die Jacke habe ich nämlich ins Geschäft zurückgebracht: ein Garantiefall, wie ich hoffe.

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Dosen- und Türöffner für Katzen (2005 KW 36)

Unseren Garten durchstreift eine zugelaufene Katze, die einen Dosenöffner besitzt. Dieser ist 175 Zentimeter groß und hat dunkle und ein paar graue Haare. Um den Dosenöffner zu bedienen, muss die Katze nur derart treuherzig und hungrig aussehen, wie es sonst nur Dackel können. (Ich habe mich schon oft gefragt, woher Dackel das gelernt haben, dass sie all den Schmerz und Kummer dieser Welt in einen Blick legen können, wenn sie dem Besitzerchen zeigen wollen, dass sie hungrig sind.)

Reagiert der Dosenöffner nicht sofort, muss die Katze mit ein paar kräftigen „Miauern“ nachhelfen. Dann lässt der Dosenöffner alles liegen und stehen, holt eine frische Dose Katzenfutter vom Regal und öffnet sie, ohne dass sich die Katze weiters anstrengen muss. Die freie Zeit nützt die Katze, um dem Dosenöffner schnurrend um die Beine zu streifen und versuchsweise in die Höhe zu springen, um zu schauen, wie lange der Dosenöffner noch braucht.

Sie ahnen es bereits, meine sehr geehrten Damen und Herren: Dieser Dosenöffner bin ich.

Für eine andere Katze in unserem Haus wiederum bin ich der Türöffner. Wann immer ich zur Haustüre gehe, sitzt die Katze davor und will entweder hinaus oder hinein. Dann schaut sie mich mit einem „Machst du jetzt endlich die Tür auf?“-Blick an. Mehr will sie nicht. Nur hinein oder hinaus. Sie will auch weder gestreichelt noch getätschelt werden. Wenn ich das doch tue, dann zieht sie angewidert den Kopf ein. Diese Katze wird übrigens magisch von meinem Schlafzimmerfenster angezogen. Wenn das auch nur wenige Minuten unbewacht offen steht, kommt sie schon hereingesprungen, um gleich wieder hinauszuspringen. („Ich wollte nur kurz vorbei schauen und ein bisschen Schmutz mitbringen!“) Davon zeugen erdfarbene Katzentatzenspuren auf der Wand und dem frisch überzogenen Bett.

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Sport, Sport, Sport... (2005 KW 37)

Sport hat in unserer Firma einen sehr hohen Stellenwert. Ich schlage da etwas aus der Art: Noch nie habe ich ein Fußballspiel gesehen, weder im Fernsehen noch auf dem Rasen – außer die Schulspiele, die mitanzusehen ich gezwungen war. Und mir fällt keine Sportart ein, die so interessant wäre, dass ich zuschauen wollte.

Nehmen wir etwa die Tour de France: Sie führte heuer just durch den Ort im Elsass, in dem ich gerade Urlaub machte. Da aber schönes Wetter herrschte, zog ich es vor, eine Bergwanderung zu machen, anstatt mich an den Straßenrand zu stellen und „Allez! Allez!“ zu schreien.

Ich liebe es, stundenlang mit meinem Fahrrad durch die Landschaft zu tuckern. Aber das sei kein Sport, wurde mir von höchster Stelle beschieden – begleitet von einer abfälligen Geste: einer Handbewegung, wie wenn man eine lästige Fliege verscheucht.

Denn Sport ist nur dann Sport, wenn es Sieger und Verlierer gibt. Die Sieger werden bejubelt und dürfen Autogramme geben – die Verlierer dürfen sich durch die Hintertür verdrücken. So sehr dieses Denkmuster für Sport typisch ist, so tragisch ist es, wenn es auch in Wirtschaft und Politik angewandt wird.

Dann leben wir in einer Gesellschaft, in denen es sich die Sieger gut gehen lassen, und die Verlierer können schauen, wo sie bleiben. Mit dem Verlust von Solidarität und dem Ansteigen des Ellbogenkampfes sinkt auch der Grad der Menschlichkeit. Denn es gehört zum Mensch-Sein, dass man sich als Teil der Gesellschaft und der Menschheit begreift – und sich mitverantwortlich fühlt. Wer sich nur an Siegern orientiert, drückt gleichzeitig Verachtung den Verlierern gegenüber aus. Dabei könnte man von diesen mehr lernen als von Siegern. Immerhin haben sie es geschafft, trotz des eiskalten Klimas eine Überlebensstrategie zu entwickeln. Und Träume, Ideen und Hoffnung haben selbst die größten Looser.

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Sag zum Abschied leise „Tschüühüs!“ (2005 KW 38)

In einem Vortrag beklagte der rührige Heimatforscher, Sammler und Museumsgründer Anton Distelberger den Verfall der Sprache. Dies illustrierte er am Beispiel der Grußformeln. Während es früher „Grias di Gott“ und „Pfüat di Gott“ lautete, so grüße man heute mit „Seavas“ und – noch schlimmer – verabschiede sich mit „Tschüss!“ oder – am schlimmsten – „Tschüühüs!“

Im selben Vortrag berichtete Distelberger über bäuerliche Bräuche aus der Zeit, in der Gott noch im Gruß enthalten war. So erzählte er, dass wenn eine ledige Magd schwanger wurde, man sie vom Hof verjagte. Auch wenn das Kind vom Bauern selbst stammte. Da nun eine Magd mit Kind kaum Chance auf Anstellung hatte, pflegten die Mägde ihre Kinder in die Donau zu halten, damit sie sich erkälten und sterben.

Also mir ist lieber, die Leute grüßen sich mit „Hi!“ oder von mir aus „Howdy!“ und verabschieden sich mit „Ciao-ciao!“ oder „Tschüühüs!“ und dafür wird ledigen Müttern der gleiche Respekt entgegengebracht wie verheirateten. Und die Menschen sind dermaßen sozial abgesichert, dass ein Kind kein Problem bei der Arbeitssuche darstellt. (Hier hat unsere Gesellschaft allerdings noch intensiven Nachholbedarf!)

Mir persönlich sei auch noch ein kleiner Abschied gewährt: Die „Tips“ vollziehen gerade eine „Osterweiterung“ mit einer eigenen Geschäftsstelle in Amstetten. Da ich von nun an nur noch für die Amstetten-Ausgabe der „Tips“ schreiben werde, wird es in den Ausgaben für Perg/Enns keine Wortspenden mehr geben.

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"Nein!" zu Tempo 160 auf den Autobahnen (2005 KW 40)

Bin ich aber froh, dass die Tempo-160 Diskussion wieder aufgeflammt ist. Da kann ich wenigstens heftigen Widerspruch anmelden. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin entschieden gegen die Erhöhung des Tempolimits auf Autobahnen. Ich könnte jetzt argumentieren, dass das sinnloses Verpuffen von Sprit bedeutet. Aber dass ich damit nur wenige erreiche, ist mir auch bewusst. Schließlich ist das Matschkern über die hohen Spritpreise das eine und die Bereitschaft Sprit zu sparen das andere.

Wer regelmäßig die Autobahn benutzt, weiß, dass eh jetzt schon ein Großteil der Autofahrer 160 fährt. Und das mit Billigung der Exekutive – anders lässt es sich nicht erklären, dass die Autobahn-Raser nur in Ausnahmefällen zur Kasse gebeten werden. Daher darf man annehmen, dass Tempo 160 genauso großzügig ausgelegt wird, wie das derzeit gültige 130er-Limit. Aber nein, sagt Minister Gorbach, das 160er-Limit wird dann aber wirklich streng überwacht: man könnte zum Beispiel eine Section-Control-Anlage installieren. Super Idee! Kostet ja nichts.

Ich stelle mir vor, wie ein "ambitionierter" Autofahrer bei Amstetten auf die Autobahn fährt und mit tolerierten 160 km/h Richtung Wien brettert. Energisch lichthupt er die 130-Schleicher aus der Bahn. Dann kommt er nach Melk, wo laut Wunsch erlaubte 160 eingeführt werden sollen. Jetzt würde er – ja, ich spreche hier von typisch männlichem Fahrverhalten – gern einmal so richtig aufs Gas treten. Immerhin hat er sich sein schnelles Auto nicht nur gekauft, um es anzuschauen, sondern er will es auch hin und wieder tüchtig unterm Hintern krachen lassen. Und jetzt hat ihm der böse Minister eine Geschwindigkeitsüberwachung hingestellt und der Arme muss weiter mit 160 km/h dahin schleichen.

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Erlebnisreicher Weg zur Arbeitsstätte (2005 KW 41)

Um Benzin und Geld zu sparen, reise ich täglich per Bahn von St. Valentin nach Amstetten. Eine Wochenkarte ist um Häuser billiger als die Reise per Auto und obendrein erlebt man so einiges. Zum Beispiel auf dem drei Kilometer langen Weg zum Bahnhof. Dieser führt entlang eines Baches, und mit etwas Glück kann man Eisvögel beobachten. Und Enten sowieso.

Auch die ÖBB tun alles, um den Erlebnischarakter der Bahnreise zu steigern. So etwa am Montag im Intercity 543. Üblicherweise benutze ich den hintersten Waggon. Doch der war abgesperrt. Ebenso der vorletzte und der ... machen wir es kurz: die hinteren vier Waggons waren abgesperrt, in den vorderen mussten sich die Leute derart zusammen bampfen, dass zahlreiche Reisende nicht einmal im Gang Platz hatten, sondern vor der Klotür zusammen rücken mussten. Ich kam neben der Tür zu stehen. Doch nicht dass Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt denken, ich hätte den Blick aus dem Türfenster genießen können. Denn dieses war mit "Gebrechenszetteln M31-23" zugeklebt, auf denen in französischer, deutscher und italienischer Sprache darauf hingewiesen wurde, dass die Tür defekt ist.

Eine besondere Gaudi hatten diejenigen, die zur Toilette mussten, denn zuvor mussten sie sich durch den vollgestopften Gang wurschteln.

Endlich erbarmte sich der Schaffner und öffnete die hinteren Waggons für das p.t. Publikum. Doch da die wenigsten Reisenden etwas davon mitbekommen hatten, kam ich in den Genuss, einen Waggon für mich ganz alleine zu haben, während sich vorne die Leute weiter gegenseitig auf die Füße traten. Leider kamen, kaum hatte ich mich niedergelassen, schon die ersten Häuser von Amstetten in Sicht, und es war auch schon wieder Zeit, auszusteigen.

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Vom Lesen und von anderen Bedürfnissen (2005 KW 43)

Es freut mich sehr, dass Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, soeben diese Zeilen lesen. Jetzt wäre es interessant zu wissen, WO Sie gerade lesen. Und ich wage es, Ihnen die Gewissensfrage zu stellen: lesen Sie während des Essens? Oder machen Sie es wie ich: Zuerst esse ich mit Genuss und konzentriere alle meine Sinne auf das gute Essen (das ich mit viel Freude zubereitet hatte und daher mit entsprechender Aufmerksamkeit genießen will). Wenn ich dann gegessen habe, kommt die Zeitung dran. Sollten Sie auch diese Lese-Angewohnheit haben, lesen Sie bitte weiter. Sollten Sie die Zeitung aber während des Essens lesen, dann empfehle ich Ihnen, die Lektüre zu unterbrechen, in Ruhe weiter zu essen und danach weiter zu lesen. Denn was nun folgt beschäftigt uns zwar alle, ist aber als Tischgespräch eher ungeeignet.

Es handelt sich um Toilettenanlagen im öffentlichen Raum. Oder, um genauer zu sein, um das Fehlen dieser wichtigen Einrichtungen. Sollte man nun während eines Einkaufsbummels plötzlich eine Toilette brauchen, dann sucht man entweder eine Gaststätte auf – oder eine Zeitungs-Redaktion. Deshalb kommen immer wieder Leute zu uns und fragen höflich, ob sie die Toilette benützen dürfen. Und wir haben es natürlich noch niemandem verwehrt. Vor kurzem aber betrat eine ältere Dame grußlos die Redaktionsstube. Auf die höfliche Frage meiner Kollegin "Hätten Sie etwas gebraucht?" antwortete sie knapp: "Das WC". Sprach's, ging auf die Toilette und entschwand anschließend kommentarlos. Wir konnten ihr nicht einmal eine Tasse Kaffee anbieten. Zur Erklärung sollte ich vielleicht die Information nachreichen, dass in unseren Redaktionsräumlichkeiten früher die Krankenkasse beheimatet war. Und es kommen auch Zahllose, die uns ihre Krankenscheine abgeben wollen. Doch diese nehmen wir natürlich nicht entgegen.

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Absperrkontrollierer und Alarmanlagen (2005 KW 44)

Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass Männer Absperrkontrollierer sind und sich Frauen hingegen darauf verlassen, dass auch abgesperrt ist, wenn sie abgesperrt haben. Zum Beispiel das Büro nach Dienstschluss. Frauen sperren ab, stecken den Schlüssel ein und gehen ihres Weges, heißt es, Männer aber müssen zuvor an der Tür rütteln, um sich zu vergewissern, dass aber auch wirklich abgesperrt ist.

Auf mich trifft das teilweise zu. Wenn ich als Letzter gehe, zwingt mich ein unwiderstehlicher Drang, nach dem Absperren an der Tür zu rütteln. Dafür plagen mich später in der Nacht, wenn ich schon im Bett liege, niemals Zweifel, ob ich auch wirklich abgesperrt habe.

In meinem früheren Leben arbeitete ich als Tankwart. Zweimal ist es mir in den drei Jahren passiert, dass ich schon am Heimweg war, als ich mir dann doch nicht ganz sicher war, ob... Jedenfalls drehte ich um, fuhr zur Tankstelle zurück und rüttelte zum Test an der Tür. Nun war zwar tatsächlich abgesperrt, aber mein Rütteln löste die Alarmanlage aus. Woraufhin eine höllisch laute Sirene zu heulen anfing. So, jetzt hatte ich aber die Schlüssel irgendwo in der Tiefe meiner Tasche. Bis ich die herausgekramt hatte, gingen überall in der Nachbarschaft die Lichter in den Fenstern an. In anderen Fenstern gingen die Lichter aus, dafür zogen Personen den Vorhang zur Seite, um zu sehen, wer da in die Tankstelle einbricht. Bis ich endlich in der Tankstelle drinnen war und die Alarmanlage abgestellt hatte, war mein Aktivierungsgrad bereits auf 180. Und dann hieß es aufpassen: Denn so eine Aufregung überdeckt schnell die Erinnerung daran, ob man beim zweiten Mal abgesperrt hat. Also drehte ich den Schlüssel im Schloss und beobachtete einen grünen Lastwagen, der gerade vorbeifuhr. Dieser diente mir als Vergewisserungshilfe für allfällige Absperrzweifel.

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Unbekanntes Mostviertel (2005 KW 45)

Wenn ich mit dem Auto im Bezirk Amstetten unterwegs bin, fühle ich mich oft wie bei einer Expedition auf einem noch unerforschten Kontinent. Nicht dass der Zustand der Straßen so schlecht wäre. Nein, der ist ausgezeichnet. Wo es happert, das ist Ausstattung mit Wegweisern. Natürlich darf ich nicht verlangen, dass bei jeder wichtigen Kreuzung Wegweiser alle Orte anzeigen, in die man käme, würde man diesen oder jenen Weg nehmen. Und vielleicht habe ich das Pech, dass ausgerechnet jene Orte nicht ausgewiesen werden, die ich anpeile. So musste ich bereits mehrmals mit der Kirche ums Kreuz fahren, bis ich den idealen Weg von Amstetten nach Aschbach entdeckte. Wegweiser hätten mir die Arbeit wesentlich erleichtert.

Bei Licht am Tag kann man sich ja noch am Gefühl orientieren, aber in der Nacht wäre es sehr hilfreich, hin und wieder einen Orientierungspunkt anzutreffen. Denn: In der Nacht sind alle Straßen grau, sagt der Volksmund.

Eine besonders anregende Reise hatte ich am Montag: zu einem Termin in Ybbsitz. "19 Uhr, pünktlich", stand auf der Einladung. Als braver Streber gab ich die Zieladresse in den Routenplaner ein und druckte mir sowohl die Liste der Abzweigungen als auch die dazugehörige Karte aus. Ybbsitz fand ich auf Anhieb. Aber! In Wirklichkeit schaut immer alles anders aus als am Plan, den man im finsteren Auto sowieso nicht studieren könnte. Insbesondere, wenn es nirgends Plätze gibt, wo man anhalten könnte um sich zu orientieren. Ybbsitz mag ja bei Tageslicht ein entzückendes Örtchen sein, bei Nacht war es für mich ein Gewirr aus elendslangen menschenleeren schmalen Gässchen, die überall hin führten nur nicht an mein Ziel. Und niemand weit und breit, den ich fragen könnte. Endlich fand ich eine Gaststätte, in der ich freundliche Auskunft erhielt. Und kam mit nur zehn Minuten Verspätung an.

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Vermaledeite Einkäufe (2005 KW 46)

Manche Einkäufe stehen von Anfang an unter einem schlechten Stern. Da ersteht man so Produkte, mit denen man nie richtig froh wird. Mir ging es zum Beispiel so mit meiner Billigsdorfer Digitalkamera. Besonderes "Glück" hatte ich aber bei meiner aktuellen Investition, einem USB-Stick. Sie wissen schon, das sind diese kleinen Dinger, die man an den Computer stecken und auf denen man Daten speichern kann. In meinem Fall "könnte". Ich dachte, so ein Ding wäre praktisch, weil ich immer wieder Bilder von einem Computer auf einen anderen übertragen muss. Also fragte ich eine Freundin, ob sie wisse, was so ein USB koste. Wenige Tage darauf schickte sie mir ein SMS und teilte mir mit, dass ihr Bruder zu einem Fachgeschäft fahre, und mir so einen USB-Stick mitnehmen könnte. Ich antwortete "Bitte kaufen!" Leider habe ich das SMS nicht genau gelesen, denn das gute Stück kostete satte 75 Euro und hat zu allem Überfluss mehr Speicherplatz als ich je benötigen würde. Was auch im SMS stand. Als ich das SMS einen Tag darauf noch einmal las – und zwar genauer als beim ersten Mal – rief ich gleich bei der Freundin an, um die Bestellung rückgängig zu machen. Doch sie begrüßte mich gleich mit den Worten: "Dein USB-Stick liegt bereits auf meinem Schreibtisch!" Da war es für einen Rückzieher zu spät. Jetzt habe ich ihn also, diesen vermaledeiten USB-Stick mit dem Riesen-Speicherplatz und der 75 Euro gekostet hatte.

Der nächste Rückschlag kam, als ich den Stick an meinen Computer anschließen wollte. Denn der Stick funktioniert bei meinem alten Windows-Betriebssystem nicht. Daran änderte auch der Versuch nichts, einen Driver aus dem Internet herunter zu laden. Wofür ich einen Nachmittag vergebens vor dem Computer versch... äh, verbrachte, während draußen die Sonne schien. Jetzt könnte ich mir natürlich ein sauteures neues Betriebssystem kaufen, damit ich den sauteuren USB-Stick, den ich eh nicht brauche, benutzen kann. Vermaledeit bleibt eben vermaledeit, da würde auch ein neues Betriebssystem nichts daran ändern.

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Nur nicht auffallen! (2005 KW 47)

Ein sehr zu begrüßendes Gebot ist die Verpflichtung, das Auto auch bei Tag mit Abblendlicht zu beleuchten. Dies umso mehr, als ein Großteil aller Autos asphaltfarben ist. So als wollten sich die Autofahrer auf der Straße nur gut getarnt bewegen. Vielleicht unter dem Motto "Nur nicht gesehen werden – nur nicht auffallen". Fragt man einen Autobesitzer, warum er sich für die Farbe Asphaltgrau entschieden hat, bekommt man meist die Antwort, dies sei eine dankbare Farbe. Soll heißen, man sieht es nicht sofort, wenn das Auto staubig ist. Dass man auf der Straße auch nicht sofort gesehen wird, nehmen die Grauwagenfahrer gern in Kauf.

Immer wieder begegnen mir auf der Straße Grauwagenfahrer, die ohne Licht unterwegs sind, obwohl es bereits dämmert oder sich das Grau ihrer Fahrzeuge besonders harmonisch in den Nieselregen und in dahinstreifende Nebelschwaden einfügt.

Als besondere und kostenlose Serviceleistung versuche ich diese Fahrer auf ihre fehlende Beleuchtung hinzuweisen: Ich betätige die Lichthupe und schalte kurz meine Scheinwerfer aus und wieder ein. Die Reaktionen sind unterschiedlich.

Da gibt es etwa die Nichtreagierer. Die richten ihre Augen und ihre Aufmerksamkeit überallhin, nur nicht auf die Straße. Dann gibt es die, die glauben, ich wolle sie vor der Polizei warnen, die vielleicht irgendwo mit der Radarpistole die Geschwindigkeit kontrolliert. Sie danken verschwörerisch, reduzieren ihre Geschwindigkeit, lassen das Licht aber ausgeschaltet.

Die interessanteste Begegnung hatte ich auf der B1. Der Grauingrau-Wagen, der mir entgegen kam, wurde von einem ungefähr 50-jährigen Herren gelenkt. Als ich ihm die Lichtsignale sandte, verfins-terte sich sein Gesicht, und als er auf meiner Höhe war, drohte er mir böse mit der Faust. Und entschwand gut getarnt im Grau des Nebels.

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Reise im Orient Express (2005 KW 48)

Am Montag kam ich wieder in den Genuss einer Nachtreise im Orient Express. Ah! Orient Express! Das ist noch ein richtiger Name für einen Zug. Nicht so wie – mit Verlaub! – "Sportwelt Amadée", "Urlaub am Bauernhof" oder "Heeresgeschichtliches Museum". Und dann die Destination am Anzeiger über dem Bahnsteig: Da steht "Paris" (Ah! Paris!) und nicht etwa "Attnang-Puchheim".

Orient Express! Da denkt man an Agatha Christie und Graham Greene, es ist wie die Reise in einem Krimi mit einem Hauch der großen weiten Welt. Der Zug macht auch mehr her, als ein Intercity 08/15. Im hinteren Zugteil die Edelgarnituren, dann kommen die geheimnis-umwobenen Schlafwagen und vorne sind Spezialwaggons der französischen Bahngesellschaft SNCF: Die Sitze kann man mit einem Hebel nach hinten klappen, ein weiterer Hebel lässt eine gefederte Beinstütze nach oben schwappen.

Mit diesem glorreichen Zug durfte ich also am Montag durch die Nacht reisen. Im Zug spürte man, dass er bereits von weit her kommt und noch eine weite Fahrt vor sich hat. Im SNCF Waggon befanden sich einige Fahrgäste, die sich bereits zur Ruhe gebettet hatten: Ein paar Chinesinnen, die sich zusammen kuschelten. Neben mir saß ein Afrikaner, der eine französische Zeitung las und irgendwo im Waggon telefonierte ein Ungar. Er hatte das Handy auf laut gestellt, so konnte man nicht nur ihn telefonieren hören sondern auch seine Gesprächspartnerin, die aus irgend einem Grund weinte. Leider reichen meine Ungarisch-Kenntnisse nicht aus, um einem Gespräch folgen zu können. Mit einer Sammlung an Schicksalen und Gefühlen – und mir mitten drin – brauste der Orient Express durch die Nacht. Meine Reise war leider sehr kurz: Denn von Amstetten nach St. Valentin braucht der Orient Express nur eine Viertelstunde.

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Von Eseln und vom Eis (2005 KW 49)

Meine Lieblings-Volksweisheit lautet "Wenn es dem Esel zu gut geht, geht er aufs Eis tanzen". Weniger wegen der Aussage, denn die erinnert mich zu sehr an "Übermut tut selten gut". Nein. Aber ich kann mir auf dem Eis tanzende Esel sehr lebhaft vorstellen. Dieses Bild löst in mir immer Heiterkeit aus. Insbesondere seit ich einmal von einem Esel namens Fritzi attackiert wurde. Dem ging es auch zu gut. Da er kein Eis zur Verfügung hatte nahm sich er die Decke vor, auf der ich gerade mit zwei FreundInnen picknickte. Sein Tanzen bestand darin, auf unseren Speisen herumzutrampeln und alles was ich nicht in Sicherheit bringen konnte zu zerstampfen.

Wenn ich aufs Eis gehe, dann ist das weniger ein Zeichen für Übermut. Es liegt mehr daran, dass mich mein Weg zum Bahnhof über einen ungestreuten Pfad führt. Wer täglich sechs Kilometer übers Eis geht, kann schon einmal ausrutschen. Und so eröffnete ich vorige Woche die heurige Ausrutschsaison. Zum Glück bin ich ein guter Faller. Die meisten Menschen beginnen heftig herumzurudern, sobald sie zu stürzen drohen. Dann fallen sie so unglücklich, dass sie sich verletzen. Wenn ich spüre, dass sich das Hinfallen nicht mehr abwenden lässt, lasse ich mich auf den Hintern plumpsen. Das ergibt zwar mitunter blaue Flecken, aber gebrochen habe ich mir noch nie was.

Natürlich gibt es auch Stürze, die hat man nicht im Griff. Mit einem besonders gelungenen Sturz beendete ich die Vorjahrs-Saison. Damals herrschte ein ähnliches Wetter wie momentan. Tauwetter. Mit Resten von Schnee und Eis. Ich rutschte in einer stark abfallenden Wiese auf einer unter dem Schnee verborgenen Eisplatte aus und plumpste in eine mit Schlamm gefüllte Mulde. Der Schlamm dämpfte zwar den Aufprall. Dafür war mein gesamtes Gewand – von den Socken bis zur Haube inklusive Unterwäsche – schlammgetränkt. Wie schön!

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Fürchtehet Euch nicht! (2005 KW 50)

Da zur Zeit viel von leise rieselndem Schnee und stillen Nächten die Rede ist, will auch ich meine Betrachtungen mit dem Thema "Geräusche" beginnen. Keine Sorge: Ich stimme nicht ein in den Chor derer, die sich alle Jahre wieder über die nervtötende Beschallung mit Adventgedudel beklagen. Nein. Auf ein ganz anderes Geräusch möchte ich hinweisen. Sollten Sie etwa im Zug sitzen und plötzlich einen ohrenbetäubenden ratschenden Lärm hören, dann rufe ich Ihnen zu: "Fürchtehet Euch nicht!" Denn das bin nur ich, der gerade die neue Goretex-Jacke auszieht. Diese ist nämlich nicht nur von einem Reißverschluss geschlossen sondern auch mit einem Klettverschluss. Und dieser wiederum hält derart fest, dass ich ihn nur mit größter Kraftaufbietung öffnen kann. Dabei entsteht dieses Geräusch, das regelmäßig alle Fahrgäste in Schrecken erstarren lässt. Da halten alle in ihren Gesprächen inne und drehen sich in Richtung des Geräusches. Und sehen mich. Die erleichterten und die erbosten Blicke halten sich dabei die Waage.

Mit meinem Klettverschlusslärm brachte ich am Samstag sogar eine illustre Reisegruppe zum Schweigen: Die war gerade vom Linzer Christkindlmarkt kommend nach Ybbs unterwegs und dürfte sich am Punschstand vergnügt haben. Denn die Guten riefen per Handy alle Bekannten an und behaupteten, sie seien in den falschen Zug gestiegen und würden gerade in Bad Ischl aussteigen. Und amüsierten sich prächtig über die Reaktionen.

Gar keine Geräusche wiederum macht der Reißverschluss der Innentasche. Denn der hat sich gleich in der ersten Gebrauchswoche derart hoffnungslos verklemmt, dass ich nur unter stillen Verwünschungen und unter Zuhilfenahme bewährter Flüche meine Geldtasche gerade noch herauszwängen konnte – während der Schaffner geduldig wartete. Seither aber habe ich den Betrieb der Innentasche eingestellt.

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Ein guter Tag beginnt mit einem guten Morgen (2005 KW 51)

Die ersten zehn Worte, die ich jeden Tag spreche, bestehen aus fünfmal "Guten" und fünfmal "Morgen". An Spitzentagen komme ich sogar auf zehn "Guten" und zehn "Morgen" bevor ich etwas anderes sage. Und das rührt daher, dass ich fast jeden Morgen zur selben Zeit zum Bahnhof gehe und da fast immer den selben Leuten begegne. Meist ist es der Briefträger, der mir als erster entgegen kommt. Mein Weg führt einen Bach entlang. Dort treffe ich täglich eine Dame, die mit ihren beiden Hunden ihre Runden dreht. Ihr gilt mein zweites "Guten Morgen!". Bei der Brücke, die ich anschließend überquere, kommt mir fast jeden Tag eine Radfahrerin entgegen, die gerade vom Einkaufen kommt und die Waren im Korb an der Lenkstange transportiert.

Ein Stück weiter treffe ich einen alten Bekannten meines Bruders, der immer wenn ich die Stelle passiere, gerade die Straße überquert, um in seinen Wagen zu steigen. Kurz vor dem Bahnhof treffe ich wieder eine Postbotin auf einem Fahrrad.

Wenn ich mir vor der Zug-reise noch in der Bäckerei ein paar Semmerl oder Kipferl hole, kommt ein zusätzliches "Guten Morgen!" dazu.

Am Bahnsteig stehen natürlich auch ein paar Passagiere, die täglich den gleichen Zug nehmen. Auch wenn ich sie nur vom Sehen her kenne, wünschen wir einander einen guten Morgen. Nun kommt noch der Schaffner im Zug in den Genuss meines Morgengrußes, und wenn ich dann in der Redaktion eintreffe, wünsche ich meinen ArbeitskollegInnen einen guten Morgen. Manchmal habe ich einen Termin, bevor ich in die Redaktion komme. Und da passiert es hin und wieder, dass ich aus Gewohnheit trotzdem mit "Guten Morgen!" grüße.

Wen wundert es also, dass ich nach so vielen guten Morgenwünschen positiv gestimmt in den Tag gehe.

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Da war es um mich geschehen... (2005 KW 52)

Es geschah am Dienstag vor Weihnachten. Da war es um mich geschehen! Wie hatte so etwas passieren können? Ein kurzer schwacher Moment hat mich wohl schutzlos der süßen Verführung ausgeliefert.

Aber lassen Sie mich von vorne beginnen. Bis vor kurzem war ich heftiger Schokolade-Konsument. Das heißt: an freien Tagen und im Urlaub esse ich so gut wie gar keine Süßigkeiten, aber kaum befinde ich mich im Dienst verspüre ich ein unbändiges Verlangen nach Schokolade. Mein Kaufverhalten gewährleistet mehreren Großkonzernen ein sicheres Auskommen und tüchtige Profite. Bis ich eines Tages, nachdem ich eine köstliche Topfengolatsche verspeist hatte, von aber so was von heftigen Zahnschmerzen heimgesucht wurde. Es war ein Freitag, und mit Tabletten rettete ich mich in den Montag Morgen. (Es war erst das zweite Mal in meinem langen Leben, dass ich zu schmerzstillenden Mitteln griff!) Am Montag ging ich zum Zahnarzt, der mich freundlicherweise gleich dran nahm. Eine halbe Stunde später war ich schmerzfrei. Nach drei weiteren Behandlungen war mein Zahn wieder fest verschlossen und ich hätte munter weiter naschen können. Nun war ich aber schon fünf Tage ohne jegliche Süßigkeit ausgekommen und mich packte der Sportsgeist und ich beschloss zu testen, wie lange ich es wohl ohne Süßes aushalten würde.

In meinem Küchenkasten lagert ein Sackerl meiner Lieblingsnaschwaren: Kokos-Guzzis mit Schoko-Überzug. Die hatte ich seinerzeit für Halloween gekauft, bin sie aber nicht los geworden. Bei jedem Öffnen des Kastentürls lacht mich das Sackerl an. Aber ich blieb wochenlang hart wie ein Felsen. Bis dieser Dienstag vor Weihnachten kam. Nach dem dritten Guzzi dachte ich: "Oh Gott, was habe ich getan!" Aber es war zu spät; der Bann war gebrochen.

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Winterferien voller Gefahren. Teil 1 (KW 2, 2006)

Während meine Arbeit nicht gerade gesundheitsfördernd ist, war das, was ich in den Winterferien machte, geradezu gefährlich. Zum Beispiel Tee trinken: An einem trüben Nachmittag dachte ich mir, ich mach' es mir in meinem „Studio“ bei einer guten Kanne Tee gemütlich. So bereitete ich Tansanía Tee zu, stellte die Kanne, eine Tasse sowie ein Kännchen Milch auf ein Tablett und trug es in mein „Studio“. Leider verstellte mir das Tablett die Sicht auf den kleinen Vox-Gitarrenverstärker, der aus unerfindlichen Gründen mitten im Zimmer auf dem Boden stand. Noch im Sinkflug versuchte ich das Tablett irgendwie zu balancieren. Was mir mangels artistischer Begabung nicht sehr überzeugend gelang. Die Kanne fiel um und der Tee sowie die Milch ergossen sich auf den Teppich und auf den Gitarrenkoffer. Den ich gleich aufstellte, damit kein Tee in den Koffer laufen könne. Doch da öffnete sich der Koffer, meine Gitarre drohte herauszufallen. In solchen Situationen bräuchte man gut und gerne vier zusätzliche Hände.

Als noch gefährlicher als das Teetrinken stellte sich das Butterbrot-Essen am darauf folgenden Tag heraus. Um genauer zu sein, das Brot-Schneiden mit der Brotschneidemaschine. Wobei ich mir in den Finger schnitt. Aber nicht dass Sie glauben mit der Messerscheibe. Das können alle, aber ich scheine zu Höherem geboren zu sein. Das (selbstgebackene) Brot, das ich schneiden wollte war schon ein paar Tage alt und entsprechend hart. So musste ich doch einiges an Kraft anwenden, um das Stück mittels Brotschlitten nach hinten zu drücken. Doch das harte Brot zwängte die Messerscheibe nach hinten, worauf diese in den Aluminiumbrotschlitten hineinschnitt und darin hoffnungslos stecken blieb. Fortsetzung folgt: Halten Sie schon mal Verbandszeug bereit.

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Winterferien voller Gefahren. Teil 2 (KW 3, 2006)

Für alle, die meine letzte Wortspende versäumt haben: Was bisher geschah: Beim Versuch Brot mit der Brotschneidemaschine zu schneiden schnitt die Messerscheibe in den Brotschlitten aus Aluminium und verkeilte sich derart hoffnungslos darin, dass es schien, als wären die Teile zusammengeschweißt. Die gut informierten LeserInnen meiner letzten Wortspende wissen, dass ich mir jetzt gleich in den Finger schneiden werde. Und das passierte nicht etwa indem ich mit Gewalt versuchte, den Schlitten und die Messerscheibe zu trennen. Und dabei abrutschte und in die Messerscheibe griff. Nichts dergleichen. Mit roher Gewalt waren die beiden Teile nicht zu trennen. Ich musste mit einer Zange und einem Schraubenzieher herumwerken, bis der Schlitten endlich die Scheibe freigab. Auch das überstand ich unverletzt. Nun wollte ich mir den angesägten Schlitten näher anschauen. Dabei rutschte er mir derart unglücklich durch die Hände, dass die scharfe Kante an der Unterseite einen doch beachtlichen Schnitt in meinen linken kleinen Finger bewerkstelligte. Welcher natürlich gleich hemmungslos zu bluten anfing. Im Badezimmer lag noch von meinem letzten Kleinunfall (Glasscherbe in der rechten Hand) eine Flasche mit Desinfektionszeug. Das goss ich auf einen Wattepad, hielt mir dieses auf die Wunde und pickte schließlich ein Pflaster drauf. Das Ärgerliche an so einer Verletzung ist nicht der Schmerz. Nein! Schlimmer ist, dass man gewisse Dinge eine Zeit lang nicht machen kann. Ich hatte mich zum Beispiel schon darauf gefreut, einen Nachmittag lang auf der Gitarre zu üben. Jetzt hätte ich höchstens Bottleneck-Gitarre spielen können. Dabei stülpt man sich ein Metallrohr über einen Finger der linken Hand – in meinem Fall hätte sich der kleine angeboten – und gleitet damit über die Saiten. Leider gibt es keine Bottleneck Computer-Tastatur.

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Warum ich keine neue Winterkleidung trage (KW 4, 2006)

Sie haben sich sicher schon gefragt, warum ich seit fünf Jahren die selbe Winterkleidung trage. „Kann er sich kein neues Gewand leisten?“ – fragen Sie wahrscheinlich – oder „Gefällt ihm etwa die neue Mode nicht?“ Quälen Sie sich nicht länger: ich werde es Ihnen erzählen.

Der Grund ist, dass das Winterkleidungkaufen für mich eine Tortur bedeutet. Es beginnt damit, dass ich saisonbedingt in mehrere Schichten warme Kleidung gehüllt bin. Wenn ich – wie es diesen Winter mehrmals vorgekommen ist – bei Temperaturen von minus ziemlichviel Grad durch die Kälte wandern muss, leiste ich mir sogar den Luxus einer langen Untergatti.

So, und jetzt betrete ich ein Kleidungsgeschäft. Dort ist gut geheizt. Sehr gut sogar. Naturgemäß kann man sich jetzt nicht des Anoraks und der warmen Weste entledigen; Haube und Handschuhe sind obendrein im Weg. Jetzt finde ich – sagen wir – einen Pullover und eine Hose. Die nehme ich mit in die Umkleidekabine. Nun muss ich ziemlich viel ausziehen. Die Stiefel, den Anorak, die Weste, den Pullover, die Hose, die lange Untergatti. Haube und Handschuhe muss ich auch noch irgendwo hinlegen. Zuerst probiere ich die Hose. Oben zu weit, unten zu kurz. Also nicht. Dann den Pullover. Der lädt mich elektrostatisch derart auf, dass die Funken knistern und die eine Hälfte meiner Haare vom Kopf wegstrebt und sich die andere Hälfte an die Kopfhaut anklebt. Im Spiegel sehe ich, dass der Pullover obendrein nicht zu mir passt. So. Jetzt kann ich alles wieder aus- und mich wieder anziehen. Ich hänge also Hose und Pullover zurück. Mittlerweile ist mir schon seeeehr heiß. Wenn ich gerade einen nervenstarken Tag habe, probiere ich noch ein paar Sachen. Spätestens nach dem dritten Aus- und wieder Anziehen gebe ich meist auf. Und verschiebe den Ankauf einer Wintergarderobe auf das nächs-te Jahr.

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Mein Sport am Sonntag: Wandern und Matratzing (KW 5, 2006)

Wandern an der frischen Luft ist bekanntermaßen appetitanregend. Daher passiert es oft, dass ich mich dabei ertappe, dass ich schon eine halbe Stunde nichts von der schönen Landschaft mitbekommen habe. Statt dessen waren meine Gedanken darauf konzentriert, was ich mir zu essen machen würde, sobald ich daheim bin.

Im Sommer, ja im Sommer, da ist es etwas anderes: Da packe ich ein paar Butterbrote und eine Thermoskanne mit kühlem Wasser in den Rucksack. Dann suche ich mir ein nettes Plätzchen und halte genussvoll Jause.

Aber jetzt im Winter ist es dafür zu ungemütlich. Bei meiner Wanderung am Sonntag tauchten zuerst Linsen mit Speck auf, die ich auf Linsen mit Reis umdisponierte. Dann kam mir gebackener Sellerie in den Sinn, dieser wurde durch gebackene Scholle abgelöst. Zwischendurch geisterten Pizza und Makkaroni durch meinen geistigen Menüplan. Als ich zuhause ankam waren wieder die Linsen an erster Stelle.

Als Sofortmaßnahme wärmte ich mir ein Paar Frankfurter. Denn ich brauchte Kräfte für eine sportliche Hochleistung: Das Überziehen meiner Matratze mit einem milbendichten Überzug. Dabei scheinen alle physikalischen Kräfte gegen mich gerichtet zu sein. Das beginnt damit, dass der Überzug ein bisschen zu klein und die Matratze ein bisschen zu dick ist. Dann ist der Überzug innen mit einer Antirutschschicht belegt. Dazu kommt dass 140 mal 200 Zentimeter nicht gerade ein handliches Format ist. Obwohl die Matratze so dick ist, lässt sie sich nicht wirklich gut heben und knickt immer dann ein, wenn sie das nicht sollte. Ein Kampf ist das, sage ich Ihnen. Die Leidtragenden sind natürlich die kleinen hilflosen Hausstaubmilben, denen – eingesperrt in der Matratze – wohl ziemlich fad ist. Aber wenn ich es mir aussuchen dürfte, dann hätte ich bitte keine Allergie.

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Kabelsalat und Topfen (KW 6, 2006)

In meinem langen Leben war ein reges Kommen und Gehen von Kassettenrecordern, Walkmen, tragbaren CD-Playern und anderer kurzlebiger Musikspielgeräte. Ich kaufte eines, nach einiger Zeit ging es ein, ich kaufte ein neues, wieder ging es nach einiger Zeit ein. Und so weiter – der ewige Kreislauf des Lebens also.

Und von all den Elektrogeräten blieben Kopfhörer, Ohrstöpsel, Verbindungskabel, Adapter und dergleichen übrig. Mit sorgfältig aufgerollten Kabeln füllen diese Teile eine geräumige Schublade. Das heißt: Ich habe die Teile mit sorgfältig aufgerollten Kabeln in die Schublade gegeben. Aber es scheint, dass die Kabel ein geheimes Innenleben führen. Denn mit jedem Öffnen der Lade sind die Kabel mehr und mehr ineinander verschlungen. Zum Teil ist es unmöglich, einen Kopfhörer aus der Lade zu nehmen, ohne dass sich der gesamte Kabelsalat daran klammert. Im Vergleich zu dem Kabelwirrwarr mutet der Gordische Knoten wie ein braver Pfadfinderknoten an.

Ein interessantes Innenleben führen auch manche Elektrogeräte. Die gehen kaputt, und wenn ich sie – sagen wir – zwei Jahre ruhen lasse, kann es sein, dass sie dann wieder funktionieren. Dies geschah zum Beispiel mit meinem Hupftoaster und meinem Minidiskplayer.

So ähnlich verhält es sich mit dem geheimen Innenleben der Milch in einer Tetrapackung. Da weiß man auch nie, was sie gerade macht, während sie im Kühlschrank ruht und laut Aufdruck noch zwei Tage frisch sein sollte. Meine wichtigste Mahlzeit am Tag besteht aus einem Häferl Tee am Morgen. Wenn ich dann Milch hineingießen will und es kommt zuerst nichts aus der Packung und dann fällt mit einem „Blob-blob“ ein Klumpen Topfen in meinen Tee, dann weiß ich, dass der Tag nicht gerade optimal beginnt.

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Fröhliche Rutschpartie am frühen Morgen (KW 7, 2006)

Sicher kennen Sie den Ausspruch „Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur blöde Zeiten sich im Freien aufzuhalten“. Dabei denke ich nicht nur an die Feuchtigkeit, die von oben herab fällt, sondern auch an die, die bereits am Boden liegt. Zum Beispiel in Form einer dicken Eisschicht. Sie wissen schon: so eine hundsgemeine, die noch mit einer feinen Wasserschicht bedeckt ist, damit es nur ja recht rutschig wird. So eine hatte ich heute zu bewältigen. Mit dem Auto. Um die Herausforderung wirklich herausfordernd zu gestalten, liegt diese Eisschicht auf der steil ansteigenden und zusätzlich auch noch seitlich geneigten Zufahrtsstraße, die ich erst hinter mich bringen muss, um in das öffentliche Straßennetz einbiegen zu können.

Mit dieser Ausgangslage konfrontiert nahm ich zuerst ordentlich Schwung. Ich schaffte es sogar bis ins oberste Drittel. Dann gewann die Schwerkraft über die Trägheit der Masse Oberhand, und mein Auto rutschte wieder zurück an den Start. Zweiter Anlauf – mehr Schwung: selbes Resultat.

Irgendwie musste ich den Belag präparieren. Daher holte ich ein paar leere Katzenfutterdosen. (Woraufhin die Katze des Hauses in Verkennung der Situation in meine Wohnung lief und ich sie fangen und wieder hinaustragen musste). Ich holte also zwei leere Dosen, um am Straßenrand Streusplitt einzusammeln und ihn auf der Eisfläche zu verteilen. Aber: Um auf die Straße zu gelangen, musste ich erst einmal das Eis zu Fuß überqueren. Mangels Steigeisen war das natürlich eine ziemliche Rutschpartie. Schließlich schaffte ich es bis zur Straße. Allerdings: Der Streusplitt war zu harten Klumpen zusammengefroren, und leere Dosen waren ein entschieden ungeeignetes Werkzeug. Und – bitte! – das alles geschah in Allerherrgottsfrüh und ich hatte noch nicht einmal gefrühstückt.

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Was ich natürlich niemals schreiben würde (KW 8, 2006)

Natürlich könnte ich schreiben, als Maßnahme gegen die Vogelgrippe solle man erst einmal mit allen Schwänen abfahren. Jawohl, genau so drastisch könnte ich es formulieren. Ich könnte schreiben, dass ich es durchaus begrüßen würde, würde sich die österreichische Jägerschaft für eine Totalbejagung der Schwäne stark machen. Ich könnte darauf verweisen, dass eine Totalbejagung anderer Tiere – wie etwa der Füchse – auch auf keinen Widerstand stoße. Dann könnte ich darauf verweisen, dass Schwäne doch nur zu groß geratenes Ungeziefer seien, die mit ihren Fäkalien die heimischen Gewässer verschmutzen und obendrein durch aggressives Verhalten Urlaubsgäste in die Flucht schlagen.

Ich könnte schreiben, dass ich strengstes Fütterungsverbot von Schwänen fordere; zumindest im Umkreis von – sagen wir – zehn Kilometern rund um Gewässer. Ja, mehr noch: Ich könnte in Umkehrung der Nahrungskette empfehlen, die Schwäne ihrerseits auf den bürgerlichen Mittagstisch zu bringen. Das könnte ich mit dem Hinweis ausschmücken, dass Schwäne bis in die frühe Neuzeit auf den Speiseplänen aller heimischer Fürstenhöfe zu finden waren. Und was für die Fürsten recht war, könne uns wohl nur billig sein. In Klosterbibliotheken und Archiven fände man Schwanrezepte sonder Zahl.

Unter Verweis auf Ludwig Bechsteins Märchen „Schwan kleb an” könnte ich demonstrieren, dass Schwäne immer schon Speisevögel gewesen seien.

Dies alles, meine sehr verehrten Leserinnen und Leser, könnte ich natürlich schreiben. Ich werde mich aber hüten und derlei nie und nimmer zu Papier bringen. Schließlich will ich es mir doch nicht mit allen TierschützerInnen verderben. Zumal ich selbst zahlendes Mitglied von einer Tierschutz- und zweier Umweltschutzorganisationen bin.

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Wortspende zur Sportwende (KW 9, 2006)

Die Olympischen Spiele haben eine für mich überraschende Wende gebracht. Denn überraschenderweise wurden sie doch noch interessant. Nicht die Austragungen oder allfällige Siege.

Nein, die Dopingaffäre war das Element, das mein Interesse erweckte. Italienische Carabinieri, die auf martialische Weise ein Haus umstellen, in dem österreichische Langläufer untergebracht sind; ertappte Sportler, die schnell versuchen eventuell belastendes Material verschwinden zu lassen und – als das nicht glückt – selbst verschwinden; der ehemalige Trainer Walter Mayer, der angeblich ungebeten zu Gast bei den Olympioniken war und kurz darauf schlafend und wahrscheinlich betrunken am Steuer eines Autos mit laufenden Motor gefunden wird; seine gewaltsame Widersetzung einer Kontrolle durch die Polizei; sein Crash gegen eine Polizeisperre und schließlich psychiatrische Behandlung; ein larmoyanter ÖSV-Präsident und all das... das gäbe genug Stoff für spannende Krimis und ist doch um Häuser interessanter als die Österreicher haben wieder eine Goldmedaille gemacht, und die Österreicher haben wieder eine Goldmedaille gemacht und die Österreicher haben wieder eine Goldmedaille gemacht. Öd! Finden Sie nicht auch?

Andererseits: Natürlich weiß ich, dass ich mit meinem Desinteresse an sportlichen Ergebnissen ziemlich einsam da stehe und mich um Gesprächsstoff beim Smalltalk bringe. Und als toleranter Mensch will ich auch gern anerkennen, dass Ihnen das Abschneiden der Österreichischen Frau- und Mannschaften am Herzen liegt und dass Sie auf deren Leistungen stolz sind, ebenso wie Sie sich für die Doping-Affäre schämen. Das sei Ihnen unbenommen. Aber ein bisserl Luft musste ich mir schon machen, habe ich jetzt doch wochenlang Olympische Dauerbeschallung über mich ergehen lassen müssen.

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Na gut. Dann schweige ich halt nicht... (KW 10, 2006)

In meinem Briefkasten landete ein Flugblatt, das für das Volksbegehren „Österreich bleib frei!“ wirbt. In weißen Lettern auf blauem Hintergrund steht „Wer schweigt – stimmt zu!“ Dann schweige ich halt nicht sondern nutze das Privileg, meine persönliche Meinung zur Diskussion stellen zu dürfen. Und um es gleich klar und deutlich zu formulieren: „Ich stimme der FPÖ und den Zielen des Volksbegehrens nicht zu!“

Denn: Es gibt zahlreiche gute Gründe, die für einen EU-Beitritt der Türkei sprechen und es gibt zahlreiche dagegen. Da wäre es Aufgabe der Politik, der Wissenschaft und der Medien, diese Gründe auf sachlicher Ebene zu diskutieren. Auch ob die EU-Verfassung in der vorliegenden Version verbesserungswürdig ist, wäre Thema einer breiten Diskussion. Was ich aber ganz entschieden ablehne sind die Versuche, sich nicht an die Vernunft von Menschen zu richten, sondern die niederen Instinkte zu aktivieren. Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz zum Beispiel.

Alleine die Sujets, derer sich die FPÖ bedient, sprechen eine klare Sprache. Eine verschleierte Frau – wobei der Schleier aus der EU-Fahne gedreht wurde – wird mit der Frage gezeigt: „Soll das unsere Zukunft sein?“ Dass hier der Islam verunglimpft wird liegt auf der Hand. Auf dem Werbeflugblatt wird die Türkei mit fahnenverbrennenden wütenden Männern symbolisiert. Darunter steht, dass Schüssel & Co. jährlich 20 Milliarden Euro – wenn nicht gar 30 – an die Türkei verschenken würden. Gleich darunter wird auch noch an die Neidgesellschaft appelliert: Asylwerber bekämen viel mehr Geld als österreichische Arbeitslose steht da. Dass da zwei willkürlich gewählte Beispiele genommen wurden steht nirgends.

Weil dieses Volksbegehren vor allem dazu dient, Hass zu schüren, lehne ich es entschieden ab.

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Das pädagogische Schubladensystem (KW 11, 2006)

In meinen Dienstschreibtisch integriert befindet sich ein Rollkästchen mit einem pädagogischen Schubladensystem. Was man darunter verstehen darf, werde ich Ihnen ein paar Zeilen weiter unten erklären. Doch lassen Sie es mich so angehen: Vor kurzem besuchte mich meine Kollegin Valerie Hader von der Perger Redaktion. Sie sah meinen Schreibtisch und fasste dessen Zustand mit den Worten „Alles beim Alten?“ trefflich zusammen.

Sie müssen wissen, dass ich in meinem früheren Leben auch in der Perger Redaktion arbeitete. Und um die Anordnung der Schreibutensilien, Unterlagen und anderer nutzbringender Gegenstände auf meinem Schreibtisch zu beschreiben konnte man – je nach Geneigtheit – die Ausdrücke „Saustall“, „Unordnung“ oder aber auch „kreatives Chaos“ wählen. Dazu kam, dass ich in alter Journalistentradition den Fußboden als erweiterte Schreibtischplatte verwendete. Es schien, dass das Gesetz der Entropie rund um meinen Schreibtisch besonders intensiv wirkt. (Sie wissen schon, das ist das Gesetz, das besagt, dass alles Irdische in Richtung Chaos strebt.)

Als ich den Auftrag bekam, die Redaktion in Amstetten zu übernehmen, beschloss ich den Neuanfang zu nutzen und fürderhin auf meinem Schreibtisch peinlichste Ordnung zu halten. Wie Sie den Worten meiner Kollegin Hader entnehmen können, sehen Sie, dass es beim Vorsatz geblieben ist. Nun neigen entropiegesetzestreue Personen eher dazu, Schubladen zu öffnen als dazu sie wieder zu schließen. Um dieser Geneigtheit entgegenzusteuern wurden die pädagogischen Schubladen erfunden. Wenn ich auf der Suche nach einer Unterlage bin, käme ich in Versuchung, alle Schubladen zu öffnen. Aber es geht nicht. Bei pädagogischen Schubladen kann man immer nur eine öffnen, und muss zuvor die andere wieder schließen.

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Hundstrümmerl am Weg sind Pfuigack! (KW 12, 2006)

Jetzt wo der Schnee auf der Wiener Straße in Amstetten schmilzt, kommt das zutage, was sich den ganzen Winter über kontinuierlich angesammelt und der Schnee in Zusammenspiel mit der grimmigen Kälte wunderbar konserviert hat: Nämlich Hundstrümmerl sonder Zahl in allen denkbaren Farben, Formen und Größen. Möglicherweise rührt der Name Wiener Straße auch daher, dass insbesondere auf den Gehsteigen Wiens eine besonders hohe Hundstrümmerldichte herrscht. Und glauben Sie mir: Ich weiß wovon ich spreche: In meinem früheren Leben habe ich 15 Jahre in Wien gelebt und dort meinen täglichen Hundstrümmerl Hindernis-Parcours absolviert. Ein aufrechter Gang ist in Wien gar nicht möglich, da man bei jedem Schritt ein hundstrümmerlfreies Asphaltstück suchen muss. Findige HundehalterInnen lassen ihren Liebling deshalb nicht auf den Gehsteig sondern auf den Radweg trümmerln. Da freuen sich die Radler besonders, insbesondere die, die keinen Kotflügel haben und auch bei feuchtem Wetter radeln.

Nun habe ich ja nichts gegen ihr „Bauxerl“, gegen ihren „Schnauziburli“ und auch nichts gegen ihren „Hasso“ oder den „Killer“. Und dass die ihr tägliches Häuferl machen müssen, will ich auch nicht anprangern. Aber, dass es dann am Gehsteig rumliegen muss, bis es wer wegräumt, das ist der Tierliebe zuviel. Diejenigen, die ihr Hundsgacki auf dem Gehsteig herum liegen lassen, finden es anscheinend eh nicht grauslich. Da können Sie es ruhig mit Einweghandschuhen aufklauben, in ein Sackerl geben und es irgendwo fachgerecht entsorgen.

Noch ist es in Amstetten nicht wie in Wien wo sich Hundstrümmerlliebhaber und besorgte Eltern Schreiduelle liefern und einander wechselseitig vor Gericht zerren. Daher auch mein Appell an alle HundehalterInnen: Klauben Sie stets ihre Hundstrümmerl auf. Vielen Dank auch!

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Alle Allergiker müssen jetzt unbedingt... (KW 13, 2006)

Vielleicht haben Sie es auch schon in den Nachrichten gehört oder in den Zeitungen gelesen: Für Pollenallergiker bricht ein harter Frühling an. Weil es gar so spät warm geworden ist, wollen alle Pflanzen gleichzeitig ihre Fruchtbarkeit ankurbeln und senden eine geballte Portion von Pollen in die Luft.

Nun wage ich fast nicht, mich als Allergiker zu outen, denn üblicherweise ernte ich sofort Verhaltensmaßregeln, die mit „Du musst unbedingt...“ beginnen.

Vor zwei Jahren riet mir etwa ein Freund: „Du musst unbedingt OPC-Kapseln nehmen!“ Seit er diese Kapseln nehme, habe seine Allergie aufgehört. Gehorsam, wie ich nun mal bin, kaufte ich eine Packung OPC-Kapseln und staunte, wie teuer Produkte sein können, die aus Traubenkernen hergestellt werden. Genutzt haben die Kapseln nichts. Zumindest mir nicht. Der Herstellerfirma wahrscheinlich schon.

Im Jahr darauf riet mir ein Kollege: „Du musst es unbedingt mit Aloe Vera probieren!“ Er selbst war jeden Frühling von heftigsten Allergieattacken geplagt, seit er Aloe Vera nehme, sei die Allergie wie weggeblasen. Also versuchte ich es mit Aloe Vera, einem ebenfalls nicht gerade billigen Produkt. Geholfen hat es mir – erraten! – nicht.

Sehr hilfreich ist der Tipp, die Allergie-Zeit in geschlossenen und verdunkelten Räumen zu verbringen. Das stelle ich mir als Labsal für die Seele vor, wenn nach einem halben Jahr Winter endlich ein bisschen Farbe ins Land zieht, und dann soll man weitere drei Monate im Finsteren ausharren.

Was mir wirklich hilft, das sind die handelsüblichen Medikamente und Großbritannien. Voriges Jahr war ich im Frühling eine Woche in Großbritannien und musste kein einziges Mal niesen. Deshalb werde ich mich heuer wieder dorthin begeben und das Heilfasten – das ich auch unbedingt müsse – nicht einmal in Erwägung ziehen.

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Überaus lehrreiche Finanzdebakel (KW 14, 2006)

Das Schöne an den Finanzdebakeln der jüngeren Vergangenheit besteht darin, dass sie so lehrreich sind. Nicht im Sinne von „Aus dem Schaden wird man klug“; da habe ich eher meine Zweifel. Nein, wir armen 08/15-Sparer sind die Nutznießer dieser Debakel. Beschränkte sich unser fiskalisches Vokabular bisher im Wesentlichen auf „Sparbuch“, „Bausparen“ und „Weltspartag“, so ist unser Wortschatz dank der wunderbaren Debakel um neue Begriffe erweitert worden. „Pipe-Geschäfte“, „Swap-Geschäfte“ und „Hedge-Fonds“ etwa, um nur ein paar zu nennen. Wie diese Transaktionen im Detail verlaufen, wissen wir natürlich nicht, aber dass hier große Summen verschoben und mitunter „in den Sand gesetzt“ werden, dass haben wir schon mitgekriegt. Wobei der Ausdruck „in den Sand setzen“ ebenso falsch ist wie die Bezeichnung „Verluste“. Denn das Geld ist ja nicht verschwunden. Es gehört jetzt nur einem anderen. Nur halt nicht der BAWAG oder der „Hypo Alpe-Adria-Bank“. Und wem auch immer das Geld jetzt gehört, der oder die spricht sicher nicht von einem Verlust, sondern von einem Gewinn.

Und wofür die „geschädigten“ Banken jetzt so hart kritisiert werden, ist, dass sie sich wie moderne Banken verhalten haben. Da mit Transaktionen und Spekulationen mehr Geld verdient wird als mit Investitionen in produzierende Betriebe ist es nur logisch, dass der Gewinn des einen automatisch einen Verlust des anderen bedeutet. Die Menge des vorhandenen Geldes wird nicht mehr und nicht weniger, es wechselt nur hin und wieder den Besitzer. Was zur Folge hat, dass jene, die die Verluste zu verantworten haben, nun in bitterer Armut leben müssen, während wir kleinen 08/15-Sparer uns über lehrreiche Berichterstattung freuen dürfen. So zumindest stellt sich der kleine Norbert die geheimnisumwitterte Bankenwelt vor.

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Bewerbungsgespräch beim Klosett-Tischerl (KW 15, 2006)

Obwohl wir jetzt schon ein gutes halbes Jahr unsere Redaktionsräumlichkeiten bewohnen, kommen immer wieder Leute, die glauben, hier sei die Krankenkasse. Und sie kommen auch, um unsere Toiletten zu benützen. Aus diesem Grund haben wir vor der Klotür ein Tischerl und ein paar Sessel aufgestellt, damit sich hier die Toiletten-Betreuerin niederlassen kann. Obwohl wir nun doch keine Toiletten-Betreuerin anstellten, wird das Tischerl gut genutzt; zum Beispiel für Bewerbungsgespräche. Nicht dass Sie jetzt glauben, wir hätten jemanden eingestellt. Nein! Wir sind komplett und ein gut eingespieltes und hervorragend arbeitendes Team. Aber nehmen wir zum Beispiel das Elektrizitätsversorgungsunternehmen, das über unsere Zeitung eine Reinigungsfrau suchte. Und dieses Unternehmen bestellte die Bewerberinnen zu uns. Zuerst dachten wir, die Damen wären hier falsch. Aber wieder nein: Wiener Straße 20, Erdgeschoß. Das sind eindeutig wir. Die Dame, die als erste kam, setzte sich ans Toilettentischerl, um zu warten. Und alsbald erschien die Dame vom Elektrizitätsversorgungsunternehmen, nahm ebenfalls am Toilettentischerl Platz und begann mit der Bewerberin über deren neuen Arbeitsplatz zu sprechen. Dann borgte sie sich von meiner Kollegin auch noch den Taschenrechner aus, um das Gehalt auszurechnen. Nachdem die beiden handelseins waren, verließen sie uns und hinterließen uns im Zustand höchster Verwundertheit. Doch schon kamen die nächsten Bewerberinnen, die auch hierher bestellt waren. Wir konnten ihnen leider nur noch mitteilen, dass die Stelle schon vergeben ist.

Ich freue mich schon auf die nächste Redaktionsbesprechung, die wir in den Büroräumlichkeiten des Elektrizitätsversorgungsunternehmens abhalten werden. Vielleicht bekommen wir sogar Kaffee angeboten!

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„Nimm den Husten nicht zu schwer...“ (KW 16, 2006)

Bereits an der Uni warnte uns ein Dozent: „Wer gesund leben will und regelmäßigen Schlaf braucht, der ist für den Journalismus nicht geeignet!“ „Hohoho!“ machten die Studierenden, „gesund leben, hohoho, Warmduscher, hohoho!“

Der Dozent – ein alter Hase des Journalismus – hatte natürlich Recht. Manchmal müssen wir uns gesundheitsbeeinträchtigenden Situationen aussetzen, um unserer Arbeit nachzugehen. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Wenn ich über ein Rockkonzert berichte, kann es sein, dass der einzige Platz, von dem aus man griffige Fotos machen kann, direkt neben der Lautsprecherbox ist. Und da meine Digitalkamera zwar tolle Fotos macht, aber seeehr langsam ist, muss ich längere Zeit vor der Lautsprecherbox ausharren. Da wartet dann schon der Onkel Tinnitus. Dagegen kann man sich schützen, und als findiger Journalist habe ich immer Ohrstöpsel eingesteckt. Wogegen ich mich aber nicht schützen kann, das ist der Rauch. (Nasenstöpsel helfen da wenig). Oft werde ich zu Versammlungen oder Konferenzen eingeladen, auf denen tüchtig geraucht wird. Ich darf mich hier zwar auch als Raucher outen, doch mein Pensum besteht aus einer Zigarette alle zwei Monate und einer Zigarre sowie einer Pfeife pro Monat. Niemals rauche ich im Frühling, denn die Pollenallergie lässt mich stets am Rande des Asthmas wandeln, und wenn ich dann in verrauchte Räume komme, schalten meine Lungen auf stur.

Nun kann man als Nichtraucher zwar darauf bestehen, dass nicht geraucht wird. Aber manche Raucher kratzt das gar nicht; außerdem will man kein Spielverderber sein. Ein strenges Rauchverbot schützt die Nichtraucher auch davor, zum bösen Miesepeter gestempelt zu werden, da gar nicht erst diskutiert werden muss.

Übrigens: in unserer Redaktion wird dankenswerter Weise grundsätzlich nicht geraucht.

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Dem Glück die kalte Schulter gezeigt (KW 17, 2006)

Da ich schon mehrmals als Tips-Glücksengerl ausrücken durfte, weiß ich wie schön es ist, wenn sich Leute über einen unerwarteten Gewinn freuen. Selbst aber habe ich diese Woche dem Glück die kalte Schulter gezeigt.

Und das kam so: Früh am Morgen läutete das Telefon. Ein freundlicher Herr nannte seinen Namen und fragte mich, ob ich Norbert Mottas sei. Höchstpersönlich? Höchstpersönlich. Nun er rufe von einer notariell beglaubigten Wettfirma an und würde mir ein tolles Angebot machen: Ich sei nach sorgfältiger Auslese einer der erlesenen Menschen des Bezirkes Amstetten, die auserwählt wurden, um bei einem Glücksspiel mitzumachen: Ich bekäme jedes Monat 17 voll ausgefüllte Wettscheine für das Lotto 6 aus 45 und müsste dafür nur ganz viel Geld zahlen. Soviel Glück konnte ich gar nicht fassen. Was dazu führte, dass ich dem freundlichen Herrn einen Korb gab. Ich finde zwar Glücksspiel noch seriöser als Börsenspekulation, aber meine Glücksspielaktivität beschränkt sich darin, dass ich drei-vier Mal pro Jahr einen (in Worten: einen!) Tipp für 6 aus 45 abgebe. Denn ein Tipp bietet kaum weniger Chancen als 100 Tipps, um ans große Geld zu kommen. Immer lautet das Verhältnis eins zu ziemlich viel. Auch der erste positive Effekt des Lottospielens stellt sich bereits bei einem Tipp ein: Bis zur Ziehung darf man davon phantasieren, was man alles unternehmen könnte, falls man einen Sechser ziehen würde.

Meine persönliche Lotto-Bilanz ist übrigens positiv: Bei einem Vierer bekam ich zwar nicht viel heraus, aber immer noch mehr als ich je eingezahlt hatte. Und da kommt der zweite positive Effekt zum Tragen: Nicht der Gewinn selbst bereitet so große Freude, sondern das Gefühl, Glück gehabt zu haben und daher ein besonderer Mensch zu sein.

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Nur eine gefällte Birke ist eine gute Birke! (KW 18, 2006)

Voller Empörung rief mich ein Naturschützer an und berichtete, dass in seiner Heimatgemeinde gerade ein paar Birken gefällt würden. Da er weiß, dass auch ich Naturschützer bin, erwartete er, dass ich einen geharnischten Artikel verfasse, in dem ich mit den Baumfällern hart ins Gericht gehe. (Viele Menschen glauben ja, dass eine Zeitung dazu da ist, die Guten zu loben, die Bösewichte zu rügen, die Empörung von Empörten zu teilen und nebenbei die Welt zu retten.) Umso größer war seine Enttäuschung als ich meinte „Nur eine gefällte Birke ist eine gute Birke!“ Denn Birken fallen bei mir unter die Kategorie „Unkraut“.

Es ist schon schlimm genug, was wir Allergiker mit Gräserpollen, Blütenstaub und dem Zeug, das Eschen, Erlen & Co. so verpuffen, zu erdulden haben. Und dann sollen wir uns auch noch von den aggressiven Birken anpollen lassen.

Wenn Birken wenigstens Äpfel, Birnen oder andere essbare Früchte geben würden, dann wären die Nießattacken, die rinnende Nase, die brennenden Augen, die verstopfte Lunge und der Druck im Kopf der Preis für eine nahrhafte Umwelt. Aber so: Weg mit dem Gebirke, kann ich nur sagen.

Da ich während der Allergiezeit einen sehr hohen Taschentuchverbrauch habe, frage ich mich, ob man nicht alle Birken strafweise fällen und zu Papiertaschentüchern verarbeiten, und diese kostenlos an Rhinitisleidende verteilen sollte – ganz nach dem Verursacherprinzip.

Dabei gehe ich aber nicht so weit wie mein Pepi-Onkel. Der meinte, Birken seien wesentlich schädlicher als Atomkraftwerke: vor allem die Birkensamen, die im Herbst durch jedes gekippte Fenster ins Haus dringen und sich dann in jeder noch so kleinen Ritze ansammeln. Auch im Garten müssen sie täglich weggekehrt werden. Also: ran an die Motorsäge!

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Mein Auto, wie vom Erdboden verschluckt (KW 19, 2006)

Auch ein blindes Huhn findet manchmal ein Auto. Oder: Wer den Hohn hat, braucht für Spott nicht zu sorgen. Ja, ja, Sie haben richtig gelesen: Hohn habe ich geschrieben; und Spott. Beides erntete ich vor kurzem, und das in reichlichem Ausmaß.

Aber lassen Sie mich von vorn beginnen: Da besuchte ich mit meiner Mutter ein Konzert in der Basilika Lorch. Nach dem exzellenten Konzert war allerdings mein Auto verschwunden. Ich wusste genau, dass ich es in der zweiten Reihe des Parkplatzes abgestellt hatte. Aber da war nicht ein einziges Auto zu sehen. In meiner Verzweiflung probierte ich noch den Türschlosssender, in der – irrationalen – Hoffnung, irgendwo würde mein Auto aufblinken. Was natürlich ausblieb. Also doch gestohlen! Also stürmte ich zurück in die Kirche, organisierte jemanden, der meine Mutter nach Hause fährt, borgte mir ein Handy aus, rief bei der Polizei an und meldete den Diebstahl. Roter Mazda 2, Kennzeichen, et cetera... Eine Streife würde gleich vorbeikommen.

In der Zwischenzeit hatte ich schon eine Menge Leute „rebellisch“ gemacht, die sichtlich an meinem Schicksal teilnahmen. Bis einer sagte: „Vielleicht steht er am zweiten Parkplatz.“ Zweiter Parkplatz? Zweiter Parkplatz! Da stand es, mein Auto; in aller Unschuld. Die Menge lachte, und einer sagte: „Ich habe mir schon gedacht: Wer stiehlt denn schon einen Mazda?“

Wieder borgte ich mir ein Handy aus, um bei der Polizei Entwarnung zu geben. Der Diensthabende sagte nur „Umso besser!“ Dann bedankte ich mich bei der noch immer lachenden Menge für die moralische Unterstützung.

Eine Woche später traf ich bei einem Konzert einen der moralischen Unterstützer. Er begrüßte mich mit den Worten „Na, weißt du heute, wo du dein Auto abgestellt hast?“ Und er war nicht der Einzige!

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Die Goldene Medaille für Nachbarschaft (KW 20, 2006)

Unser Vorschlag für die Verleihung der Goldenen Nachbarschaftsmedaille: Ein älterer Herr bestieg in Amstetten ein leicht zerbeultes älteres Auto. Beim Ausparken touchierte er ein ziemlich neues, in dem sogar der Besitzer saß. Der ältere Herr winkte ihm kurz zu und fuhr weg. Mein Kollege, der den Vorfall beobachtet hatte, fragte den Besitzer des nun leicht zerkratzten Autos, ob ihm das denn nichts ausmache. Der erwiderte, da könne man nichts machen, denn der ältere Herr sei quasi sein Nachbar. Auch die Gattin, die ebenfalls zugeschaut hatte, bekräftigte: Da das der Nachbar war, dürfe man da auf gar keinen Fall irgend etwas unternehmen! Solche Nachbarn hätten wohl alle gern.

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Das Geheimnis der vielen Wodka-Flascherl (KW 21, 2006)

Je mehr in meiner Heimatgemeinde das Getreide wächst, desto mehr verbirgt es ein Geheimnis, das meine Phantasie schon des öfteren anregte: Das Geheimnis der vielen Wodka-Flascherl. Mein täglicher Weg zum Bahnhof führt entlang einiger Äcker, auf denen nicht nur Getreide angebaut wird sondern sich auch unzählige kleine Wodka-Flascherl häufen. Das heißt: zählen könnte man sie schon, aber ich habe bei 50 aufgehört und damit noch nicht einmal die Hälfte erfasst. Diese Wodka-Flascherl tauchten im Frühjahr auf, und es war deutlich, dass sie frisch waren; also nicht unter den Schneemassen verborgen, die ehedem den Boden überzogen hatten. Zudem liegen die Flascherl nicht alle auf einem Haufen sondern alle paar Meter neben der Straße.

Wie die Flascherl dorthin geraten sind, weiß ich nicht. Leider habe ich auch nicht das Deduktionsvermögen meines Kollegen Sherlock Fehringer. Daher muss ich zur Erklärung meine Phantasie strapazieren. Es könnte zum Beispiel der Traktorfahrer, der den Acker bepflügte, jede Wende mit einem Flascherl Wodka gefeiert haben. Doch davon ist eher nicht auszugehen, denn dazu verlaufen die Furchen zu geradlinig. Außerdem würde eine derart große Menge an Wodka selbst den gestandesten Mostviertler umwerfen. Zweite Phantasievariante: Eine Schar Jäger trank sich vor der Jagd Mut an. Auch von dieser Annahme nehme ich Abstand, denn so viele Jäger gibt es in meiner Heimatgemeinde gar nicht. Auch dass Youngsters hier heimlich Alkohol in sich hinein schütten, schließe ich aus, da in diesem Fall nicht nur Wodka-Flascherl auf dem Boden liegen würden sondern auch Dosen von sogenannten Energy-Drinks.

Die Zeit drängt, um das Geheimnis zu lüften. Denn dank der Regenfälle beginnt das Getreide bereits zu wuchern.

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Kostbarer Duft ist purer Luxus (KW22, 2006)

Wenn Parfums beworben werden, dann wird gern von „kostbaren Düften“ und von „Luxus“ gesprochen – von einem Luxus, den sich die Kun-dInnen einfach leisten sollen.

Meine Meinung ist: jeder Duft ist Luxus, wenn man ihn nur riecht. Das behaupte ich deshalb, weil ich gerade unter einem – hoffentlich vorübergehenden – Verlust meines Geruchssinns leide.

Nehmen wir zum Beispiel Kaffee: In meinem früheren Leben arbeitete ich in der Redaktion in Perg. Wenn ich am Morgen das Gebäude betrat, wehte mir bereits der Duft von frisch gebrühtem Kaffee entgegen. Alleine schon dieser Geruch war derart belebend und erfrischend, dass ich den Kaffee gar nicht erst trinken musste. Und jetzt: Dass mir der Geruchssinn abhanden gekommen ist, merkte ich als ich an meinem Kaffee roch – das ist ein besonders aromatischer Fair Trade Kaffee – und da war nichts. Ich öffnete den Kühlschrank, roch an einem Paprika: wieder nichts. Jetzt begab ich mich ins Badezimmer und roch am Rasierwasser: auch nichts. Zum Schluss versuchte ich den wirklich intensiven Geruch von Tigerbalsam zu erriechen: noch immer nichts.

Nun könnte ich witzeln und behaupten, das mangelnde Geruchsempfinden hätte auch positive Seiten. In der Nähe meiner Wohnung befinden sich zwei Schweinemastbetriebe die zusammen an die 3000 Schweine beherbergen. Die stinken derart, dass ich mich wundere, dass nicht ständig tote Vögel vom Himmel stürzen, wenn sie über die Mastbetriebe fliegen. Die Luft ist manchmal derart schweinehaltig, dass Vegetarier hier gar nicht atmen dürften. Wenn andere Leute das Fenster öffnen, dann nennen sie das „lüften“ – bei mir heißt es „schweinen“. Doch selbst diesen Gestank würde ich gern in Kauf nehmen um im Gegenzug all die kostbaren Düfte des Alltags wieder genießen zu können.

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Schwere Zeiten für Fußball-Nichtmöger (KW 23, 2006)

Für Fußball-Nichtmöger bricht jetzt eine schwere und harte Zeit an. Allerorten Fußball – sogar auf den Titelseiten meiner Lieblingszeitungen (Falter und profil).

An dieser Stelle habe ich mich schon einmal als Fußball-Nichtmöger geoutet. Und wirklich: ich habe noch kein einziges „richtiges“ Fußballspiel gesehen. Nur die in der Schule, vor denen ich mich nicht drücken konnte.

Meine Abneigung gegen Fußball sitzt tief: Es begann in der Schule. Da wurden immer aus den Schülern zwei Mannschaften gebildet: Die beiden besten Fußballer durften abwechselnd einen Mitspieler wählen. Als Letzter blieb IMMER ich übrig. Und die Mannschaft, die mich zugeteilt bekam, begann sofort zu rebellieren: „Na, ned da Mottas! Tuat’s eam weg. Do gfreid’s mi nimma...“ Und so weiter und so fort, was meine Motivation naturgemäß beflügelte.

Ein weiteres Fußball-Elementarerlebnis hatte ich ebenfalls in meiner Jugend. Ich befand mich im Garten meiner Eltern und freute mich am sonnigen Junitag als plötzlich aus allen Häusern der Nachbarschaft gellende Schreie erschallten. Zuerst dachte ich „Erdbeben“, dann fiel mir ein „Fußball“.

Einen großen Vorteil hatte der Fußball in diesen goldenen Tagen meiner Jugend: Wenn „wichtige“ Spiele übertragen wurden, dann war das Ausgehen eine wahre Freude: Alle Männer vorm Fernseher und alle Frauen im Kaffeehaus. Da war man als einziger Mann quasi der „Hahn im Korb“. Zum Leidwesen aller Fußball-Nichtmöger gibt es das nicht mehr, denn immer mehr Frauen „müssen“ ebenfalls alle Spiele mitverfolgen. Ich will Ihnen, meinen sehr verehrten Damen, den Spaß am Fußball nicht verübeln. Nur eine Bitte habe ich: Falls Sie mit gellenden Schreien Ihrer Freude über ein „Tooooor“ Ausdruck verleihen wollen, dann warnen Sie mich bitte vorher.

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Die Reise mit dem Nachtzug zur Arbeit (KW 24, 2006)

Als Pendler komme ich abends oft in den Genuss, mit einem Nachtfernzug von Amstetten nach St. Valentin zu reisen. Weniger Genuss ist die Anreise mit dem Nachtzug. Denn während der Abendzug erst frisch unterwegs ist und die Reise in die Nacht geht, hat der Morgenzug bereits eine ganze Nacht hinter sich; und diese hängt noch in den Waggons. Und dann kommt die nicht zusammen passende Mischung aus Pendlern, die gern einen Sitzplatz hätten und Nachtreisenden, die noch nicht aufstehen wollen.

Wenn der Zug voll ist, dann nutzt es nichts wenn die Nachtreisenden die Vorhänge zuziehen und sich schlafend stellen. Da müssen die Pendler trotzdem ins Abteil. Dort liegen die Todmüden. Manche haben ihre Hosen ausgezogen und stecken noch im Pyjama. Und jetzt wissen sie, dass die Nacht endgültig vorbei ist. Widerwillig stehen sie auf und legen ihren gesamten Unwillen in einen tiefen Seufzer und bedenken die Störenfriede mit bösen Blicken. Langsam und unter weiteren Seufzern erheben sie sich von ihrem Nachtlager, räumen gequält die Schlafutensilien zur Seite und schieben die Sitzbänke auseinander. Während die Pendler Platz nehmen, kuscheln sich die Nachtreisenden in die Sitze und versuchen noch ein wenig zu dösen. In diesem Fall darf man keinesfalls fragen: „Entschuldigung, gehört dieser Koffer Ihnen? Dürfte ich ihn bitte auf die Gepäckablage stellen?“

In meinem früheren Leben bin ich viel und oft mit Nachtzügen unterwegs gewesen und erinnere mich noch sehr gut an die Gefühle, wenn noch vor dem ersten Morgenlicht die ersten Pendler zugestiegen waren und ihr Recht auf einen Sitzplatz geltend machten. Ich habe diese zwar nicht mit bösen Blicken bedacht – ich kann gar nicht böse schauen – aber große Freude hatte ich auch nicht.

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Fast jähes Ende einer Dienstfahrt (KW 25, 2006)

Über die Unzulänglichkeit der Mostviertler Straßenbeschilderung durfte ich schon mehrmals klagen. Meist stimme ich die Klage an, wenn ich im Auto sitze und von A nach B will und nur Wegweiser finde, die in Richtung C weisen. Besonders unangenehm ist das in der Nacht, wenn keine Anhaltspunkte zu sehen sind. Und ab 18 Uhr findet man auch niemanden mehr auf der Straße, den man fragen könnte.

Aber auch am Tag und mit dem Fahrrad hat man als Ortsfremder seine liebe Not. So musste ich zum Beispiel vor kurzem ein Fahrrad von Amstetten nach St. Peter überstellen. Ich suchte mir auf einer ganz neuen Wanderkarte die wich-tigsten Wegpunkte heraus, klemmte die Karte auf den Gepäckträger und radelte los. In Amstetten selbst gab es natürlich keine Radwegweiser, die etwa Aschbach oder St. Peter oder Seitenstetten ankündigten. Also nahm ich den Weg Richtung Waidhofen, der anfangs auch passt. Leider gab ich mich der trügerischen Hoffnung hin, dass es an der Stelle, wo sich die Wege trennen, einen Radwegweiser geben würde. Pustekuchen! Irgendwann versiegten die Wegweiser endgültig. Laut Karte hätte es zwar entlang der Westbahn einen Radweg geben sollen, doch der einzige, den ich fand, endete in einem Gestrüpp. Ein anderer hätte laut Karte bei einem Brückchen über die Url führen sollen. Alleine: da war keine Brücke. Ich musste mich also nach meinem Gefühl orientieren und landete dort, wo ich mit dem Fahrrad nie hin wollte: auf der B 122. Und da wäre meine Fahrt – und auch mein Aufenthalt hienieden auf Erden – beinahe gleich wieder zu Ende gewesen. Denn es herrschte schwüles Wetter, was viele Autofahrer in rasende Berserker verwandelte. Einer kam mir mit einem fetten Auto und guten 150 Sachen entgegen. Er befand sich gerade im Überholflug und verfehlte mich um nur wenige Zentimeter. So ein ...!

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Wiener Charme - jetzt auch in Amstetten (KW 26, 2006)

Wie meine geneigten Leserinnen und Leser bereits wissen, lebte ich in meinem früheren Leben in Wien. Der berufsbedingte Abschied fiel mir sehr schwer. Nicht nur zahlreiche Freunde musste ich zurücklassen, auch der Wiener Charme fehlt mir. Es ist nur recht und billig, dass dieser als schützenswertes Weltkulturerbe eingestuft wird. Am intensivsten erlebt man den Wiener Charme im Straßenverkehr. Der weltkulturerbewürdigste charmante an mich gerichtete Zuruf lautete: „Dea kherat jo obag’schossn von seim Radl und daschlong!“ Dabei war ich mit meinem Fahrrad ganz korrekt am Radstreifen in der richtigen Richtung unterwegs. Nur der Charmebolzen nahm sich nicht die Mühe genauer nachzuschauen. Derlei Erlebnisse waren in Wien an der Tagesordnung.

Und jetzt auch in Amstetten! Ich habe mir ein altes Fahrrad nach Amstetten gestellt, mit dem ich in der Stadt flott unterwegs bin. Dass der Radstreifen in der Wiener Straße rot markiert ist, finde ich sehr begrüßenswert. Nur sollte jemand den Autofahrern mitteilen, dass dieser nur gegen die Einbahn verläuft und die anderen Radler auf der normalen Fahrbahn fahren sollten. Dann könnten sich manche Fahrer ihre Charmeausbrüche sparen. Wie etwa vorige Woche als ich von einem Fahrer überholt wurde, der seine charakterlichen Defizite mit einem aufgetakelten Auto kompensieren wollte, und mir zuschrie: „Foah am Radlstreifen!“ Genauso gut hätte ich ihm empfehlen können, er möge gegen die Einbahn fahren.

Mit einer charmanten Radlerin hatte ich auch schon Bekanntschaft gemacht. Sie klingelte und rief: „Heh! Aufpassen!“ Ich hatte die Frechheit besessen, die Fahrbahn am Zebrastreifen zu überqueren und war davon ausgegangen, dass in der Zwischenzeit die Fahrzeuge Pause haben. Aber wahrer Charme kennt ja keine Pause.

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Zur Versetzung eines Integrations-Pioniers (2006/KW 27)

Meine treuen Leserinnen und Leser wissen, dass hier üblicherweise etwas Lustiges steht. Heute kann ich damit leider nicht dienen. Wie Sie auf Seite 7 lesen können, wird Pater Josef Zauner nach Tirol versetzt. Die offizielle Begründung lautet, dass dort Personalmangel herrsche. Es steht mir nicht zu, die Personalpolitik der Salesianer zu beurteilen, aber dass Pater Zauner von Amstetten fort muss, stimmt nicht nur mich traurig. Dass die Verantwortlichen der Versetzung ihre Entscheidung aus der Ferne trafen und nicht einmal nach Amstetten kamen, um zu sehen, was Pater Zauner hier aufgebaut hat, das halte ich allerdings für mehr als bedenklich und im übrigen herzlos.

Pater Zauner leitet das Don Bosco Heim, wo er - zum Teil auch gegen Widerstände - für seine Vision arbeitet, der Vision einer freundschaftlichen Begegnung verschiedener Kulturen. Ohne die Kinder und Jugendlichen vereinnahmen oder missionieren zu wollen, lebt und praktiziert er christliche Ethik und den Respekt vor anderen Kulturen und Religionen. Fußball ist das verbindende Element, mit dem er die Kinder erreicht. Er wird den Kindern und Jugendlichen fehlen, die ihm mit Respekt und Vertrauen begegnen. Er wird den Ehrenamtlichen fehlen, die mit großem Einsatz Freizeit, Kreativität und auch Nerven in ihre Arbeit im Don Bosco Heim investieren. Er wird allen in Amstetten fehlen, für die Integration mehr als ein Schlagwort ist.

Nur drei Jahre hatte Pater Zauner die Gelegenheit, in Amstetten zu wirken. Besonders bedauerlich ist, dass Pater Zauner quasi von einem Tag auf den anderen versetzt wird, ohne dass ihm Gelegenheit gegeben wurde, sein Team aus Ehrenamtlichen so aufzustellen, dass diese das Werk, das er angefangen hat, nahtlos weiterführen können. Die Hauptleidtragenden sind die Kinder.

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Der psychologische Winter hat begonnen 2006/KW 28

Die Natur hat es so eingerichtet, dass der astronomische Sommerbeginn mit dem psychologischen Winterbeginn zusammenfällt. Daran können auch die tropischen Temperaturen, die derzeit herrschen nichts ändern.

Sie haben es sicher auch bemerkt, dass die Tage schon wieder kürzer werden. So etwas muss sich geradezu auf die Seele schlagen. Oh, wie lange mussten wir heuer auf ein paar Sonnenstrahlen warten; und schon kündigt sich wieder der Saisonschluss an. Oder: Wie lange hatten wir gewartet, dass endlich der Schnee von den Feldern verschwindet, auf dass es endlich grün werde, hier auf Erden. Und was musste ich bei meiner Radrundreise am Sonntag sehen: Viele Getreidefelder sind schon wieder abgedroschen. Wenn sich da keine Herbststimmung breit macht. Jetzt fehlt nur noch, dass sich die Morgenstunden nebelverhangen zeigen. Oder noch schlimmer: dass die Wiesen in der Früh von Raureif überzogen sind. In unserer Redaktion ist es zwar tüchtig warm, aber bei der Vorstellung von Raureif beginne ich zu frösteln.

Einen großen Vorteil hat der Herbst allerdings: Die Äpfel sind dann reif, und darauf freue ich mich jedes Jahr. Leider bin ich gegen die meisten handelsüblichen Äpfel allergisch. Aber in der Strengberger Au gibt es ein paar ganz alte Apfelbäume. Die Äpfel dieser Bäume sind von einem unvergleichlichen und intensiven Aroma, und ich kann davon nach Herzenslust essen, ohne die"handelsüblichen" allergischen Reaktionen. Da fahre ich gern mit dem Rad durch die Au, klaube ein paar Äpfel auf und radle zur Donau, wo ich die guten Stücke mit größtem Vergnügen verspeise. Aber: noch sind die Äpfel nicht reif, daher dürften wir doch noch Sommer haben.

Deshalb werde ich mich jetzt für vier Wochen in den Urlaub begeben. Schönen Sommer!

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Unseriöse Anleitung zum Geldverdienen 2006/KW 29

Sie wollen nebenbei ein bisschen Geld verdienen? Ganz einfach: "Man nehme zwei 100 Euro Scheine, verbrenne diese, mische die Asche mit etwas Krötenblut. Und wenn bei Vollmond der Schatten der alten Eiche..." absurd finden Sie? Dann machen wir es so, wie es einem unserer Leser widerfahren ist.

In einer Annonce wurde einfache Heimarbeit angeboten. Kugelschreiber zusammenbasteln. Dazu musste der Leser vorerst eine Mehrwertnummer anrufen, wo er eine halbe Stunde von einer Tonbandstimme hingehalten wurde, die mitteilte, dass er das Geld zurückbekomme, wenn er den "Auftrag" erfülle. Er wurde aufgefordert, eine weitere Mehrwertnummer anzurufen, bei der er die Nummer eines Call-Centers bekam. Dort bekam er eine Adresse, über die er das Geld zurück bekäme. Doch dort sagte man ihm, er solle zunächst 30 Euro für Unterlagen bezahlen. Daraufhin bekam er eine Broschüre mit Tipps zum richtigen Bewerben. Für weitere 30 Euro würde er Material und Adressen mit Abnahmegarantie bekommen. Allerdings war das das letzte Lebenszeichen der Postkastenfirma, die wohl davon ausgegangen ist, dass sie den Jobsuchenden bereits voll ausgenommen hat. Für den Leser bedeutete das einen Schaden von 170 Euro und die Postkastenfirma lacht sich wohl ins Fäustchen.

Ich darf hier meinen Bildungsauftrag erfüllen und vor scheinbar attraktiven Jobangeboten warnen, die über Mehrwertnummern laufen. Denn die Chance, dass man es mit einem unseriösen Angebot zu tun hat ist beträchtlich.

Da vergraben Sie lieber das Geldasche-Krötenblut-Gemisch bei Vollmond im Schatten der alten Eiche, in der Hoffnung daraufhin eine mit Gold und Geschmeide gefüllte Kiste zu finden. Sie ersparen sich viel Arbeit und Ärger - und die Chance zu Geld zu kommen ist genauso groß.

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Wie man garantiert viele Freunde gewinnt 2006/KW 34

In Amstetten können im Rahmen der Aktion "Freitank-Freitag" Freiwillige ihr Auto gratis volltanken lassen. Solche Gratis-Aktionen entwickeln naturgemäß eine Eigendynamik, die mitunter die Nerven der Teilnehmer strapaziert. Da stellt sich etwa Einer schon zehn Stunden vor dem Start an, um auch wirklich mit dabei zu sein. Dann muss er vielleicht kurz pinkeln gehen und – schwuppsdiwups! – hat sich doch glatt Einer vorgeschwindelt. An der Gratisfront herrschen harte Gesetze. Wesentlich härtere als bei den Mittagsbuffets, wo man essen darf, so man will. Da darf man sich nicht dumm spielen.

Wenn sich dann eine lange Kolonne von Tankwilligen angestellt hat, braucht man sich nicht vordrängen, um viele neue Freunde zu gewinnen. Sobald man an der Reihe ist, tankt man zunächst in aller Ruhe und Ausgeglichenheit. Dann hebt man den Schlauch der Zapfsäule und schüttelt ihn leicht, damit auch noch das letzte Tröpfchen Treibstoff in den Tank fließt. Dann sollte man unbedingt den Reifendruck aller vier Reifen plus des Reservereifens überprüfen. Spätestens jetzt werden die hinten Angestellten zu murren beginnen - mit ansteigender Intensität der Unmutsäußerungen. Insbesondere die, die so weit hinten stehen, dass ungewiss ist, ob sie in den zwei Stunden, in denen es Freisprit gibt, noch zum Zug kommen.

Als ich noch Tankwart war, war ich angehalten alle Kunden zu fragen, ob sie den Ölstand kontrolliert hätten. Der Freitank-Freitag ist eine gute Gelegenheit, nicht nur den Ölstand zu kontrollieren und ein paar Tröpferl nachzugießen, sondern auch noch etwas Kühlerwasser nachzufüllen. Und das wohlgemerkt erst dann, wenn man an der Zapfsäule steht. Weitere Aktivitäten braucht man sich nicht zu überlegen. Wichtiger ist es jetzt tüchtig Fersengeld zu geben – bevor einen der entfesselte Mob zur Strecke bringt.

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"Bitte einen Schuss Essig ins Sodawasser!" 2006/KW 35

Das Mostviertel nennt sich Genussregion. Und Genuss wird in erster Linie mit Essen und Trinken assoziiert. Was die Speisenvielfalt anbelangt, gibt es nichts zu bemängeln. Auch an alkoholischen Getränken mangelt es nicht. Wo es aber ziemlich hapert, das ist die Auswahl an alkoholfreien Getränken in der Gastronomie. Als strikter Nullpromille-Autofahrer stehen mir wesentlich weniger Getränke zur Verfügung. Vor vielen tausend Jahren durfte ich eine Zeit lang laut Arzt wegen einer Entzündung nichts Kaltes, nichts Heißes, nichts mit Alkohol und nichts mit Kohlensäure trinken. Daheim war das kein Problem: Ich trank Leitungswasser. Aber beim Ausgehen zeigte sich, wie wenig in Lokalen in dieser Hinsicht zur Auswahl stand.

Bleiben wir im Mostviertel. Wo es viel Most gibt, kann naturgemäß auch qualitätsvoller Essig erzeugt werden. Und ein Schuss Essig mit kaltem Wasser oder Sodawasser verdünnt ergäbe ein köstliches Getränk. Dem könnte man einen pfiffigen Namen verleihen und als regionale Spezialität zum Preis von "Soda-Zitron" feilbieten. Das wäre einmal mehr eine "importierte" Spezialität, denn die alten Römer tranken das Essigwasser als Erfrischungsgetränk. Man könnte die Konsumenten aus verschiedenen Essigsorten wählen lassen und bei Verkos-tungen ein ähnliches Brimborium veranstalten wie bei Weinverkostungen. Obwohl der Essig zum Beispiel aus Äpfeln hergestellt ist, könnte man einen "Hauch von gerösteten Nudeln" im Antrunk erkennen mit einer leichten "Grapefruit-Note" und einem "breit gefächerten und ins Ehrwürdige neigenden" Abgang konstatieren.

Vorerst ernten Konsumenten zweifelnde Blicke und im besten Fall erheitertes Kopfschütteln. Trotzdem rate ich Ihnen, kosten Sie so ein Getränk und bestellen Sie es beim nächsten Gasthausbesuch.

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"Nur-Autos" auf dem Donau-Radweg 2006/KW 36

Der Donauradweg auf beiden Seiten ist ein beliebtes Naherholungsgebiet für die ganze Region. Bedauerlicherweise müssen sich die Radler den Radweg mit immer mehr Motorisierten teilen. Dabei handelt es sich um lauter "Nur-Fahrer".

Da sind etwa Fischer, die "nur" zu ihrem Angelplatz fahren. Dass sie ihr umfangreiches Angelzubehör nicht mit dem Fahrrad transportieren können, leuchtet ein.

Dann sind da die Jet-Ski-Fahrer. Auch diese müssen "nur" zur Rampe fahren, um ihre Heuler zu Wasser lassen zu können. Die Jetskier sind noch schwergewichtiger als Angelruten, eh klar. Über den Lärm, den die Trümmer machen, will ich mich jetzt gar nicht äußern, sonst bekomme ich wieder Briefe, die mich als einen "Uninformierten" brandmarken.

Weitere Motorisierte sind Leute, die mit dem Hund spazieren gehen, und dem Flocki den Anmarschweg nicht zumuten wollen. Die fahren "nur" ein bisserl auf den Damm.

Während die meisten Inline-Skater ihre Rollschuhe brav am Parkplatz anlegen, gibt es auch immer welche, die "nur" zu ihrem Startplatz "Auto fahren".

Wenig Begeisterung zeige ich für die Youngsters, die "nur" mit ihren Mopeds den Dammweg entlang brausen. Aber bitte: Wir alle waren einmal jung. Haben Sie das vergessen?

Ich weiß, dass all die "Nur"-Fahrer wirklich nur ein kleines Stück fahren und dass die Donau für alle da ist, wie die Jetski-Fahrer betonen; aber alle zusammen ergeben dann schon ein reges Verkehrsaufkommen, das die Freude am Radfahren einschränkt und die Sicherheit auch nicht unbedingt erhöht. Wenn ich mit dem Rad am Donauradweg fahre, bringe ich der Wirtschaft nichts, aber um die Fahrrad-Touristen, die gemütlich der Donau entlang radeln wollen, sollte man sich schon kümmern.

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Bitte beachten Sie die Lautsprecherdurchsagen 2006/KW 37

Wie meine p.t. Leserschaft – "LeserInnen" darf ich leider nicht mehr schreiben – sicher weiß, fahre ich so oft ich kann mit dem Zug zur Arbeit. Bequemer geht es nicht, und unterhaltsamer als Auto fahren ist Bahn fahren allemal. Zum Beispiel die Lautsprecherdurchsagen haben einen hohen informativen Wert.

Lassen Sie mich ausschweifen: Ein Mikrophon und eine Lautsprecheranlage üben auf mich einen großen Reiz aus. Ich gestehe: Als ich in meinem früheren Leben Tankwart war, hatte ich die Herrschaft über eine Lautsprecheranlage, mit der ich die ganze Tankstelle – und die Nachbarschaft – beschallen konnte. Was mich manchmal dazu verleitete, Unfug zu treiben. Wenn sich zum Beispiel jemand ungeschickt anstellte und fragende Blicke in meinen Tankwartsverschlag richtete gab ich zwar per Lautsprecher Anweisungen, schaltete aber beim Sprechen die Anlage schnell immer wieder ein und aus. Oder ich sagte flott "Mamwernautonerbeimtanken!" Fragende Blicke. Ich wieder, etwas deutlicher: "Mamwernautonerbeimtanken!" Bis der Tankende hereinkam und sagte: "Was haben Sie gesagt, man versteht kein Wort!" Daraufhin sagte ich, ich weiß, die Lautsprecheranlage spinnt ein bisschen. Zu meiner Ehrenrettung muss ich betonen, dass ich damals ohne Pause 16 Stunden am Tag durch arbeitete, manchmal zehn Tage nonstop. Da musste ich mich mit derlei Spielchen einfach ein bisschen aufmuntern. Außerdem war ich damals noch sehr jung.

Sehen Sie, was passiert, wenn man ins Plaudern kommt: Jetzt ist mein Platz fast aufgebraucht, und ich habe Ihnen noch gar nichts über die nützlichen Durchsagen im Zug und am Bahnhof erzählt. Keine Sorge: Ich werde es Ihnen nicht vorenthalten. Und das Binnen-I werde ich auch noch hoffähig machen.

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Worte des Mitgefühls für stehend Reisende 2006/KW 38

In meiner vorigen Wort-spende wollte ich Ihnen von den nutzbringenden Lautsprecherdurchsagen am Bahnhof und im Zug berichten. Dann aber glitt ich ins Erzählen von Schwänken aus meiner Jugend und – holterdipolter – trommelten Erinnerungen an längst vergangene Zeiten auf mich ein, wie schwerer Regen. Unzählige Geschichterln könnte ich Ihnen von meiner Zeit als "Fahrschüler" darbieten. Einer Zeit, in der es im Zug noch keine Lautsprecherdurchsagen gab. Zu der Zeit wäre es zum Beispiel unmöglich gewesen – und jetzt sind wir wieder im Hier und Jetzt – dass der Zugführer als nächste Station "St. Amstetten" ankündigte. "St. Amstetten" klingt gut. Ich gehe aber davon aus, das der Zugführer nicht der Stadt huldigen wollte sondern dass sich ein Sankt vom Heiligen Valentin oder vom Heiligen Pölten zu Amstetten gesellte.

Gab es früher kurze Durchsagen, wenn Züge verspätet sind, so müssen Fahrdienstleiter heute diese mit einem Prolog versehen. "Die Österreichischen Bundesbahnen sind stets um einen angenehmen Reiseverlauf bemüht." So beginnt die Durchsage, die auf eine unangenehme Verspätung hinweist und mit der Bitte um Verständnis schließt.

Einmal fuhr ich mit einem derart überfüllten Zug, dass sich selbst die stehend Reisenden zusammenpatzen mussten, um Platz zu finden. Dankenswerterweise kam am Amstettner Bahnhof die Durchsage: "Werte Fahrgäste, ich weise Sie darauf hin, dass der Intercity nach Wien sehr stark ausgelas-tet ist." Diese aufmunternde Durchsage sollte wohl den Stehenden signalisieren: Auch wenn wir nicht mehr Waggons haben, wir wissen ihre Aufopferungsbereitschaft zu schätzen. Lassen Sie mich aber einmal mehr betonen: Ich fahre gern mit dem Zug zur Arbeit, und lasse mich auch gern von den ÖBB unterhalten.

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Ich bin zielstrebig aber nicht ambitioniert 2006/KW 39

Was sagen Ihnen die Begriffe "zielstrebig" und "ambitioniert"? Ich darf doch wohl stark davon ausgehen, dass Sie, meine verehrten Leser und Leserinnen (noch immer ist es mir verboten "LeserInnen" zu schreiben), also dass Sie damit Positives verbinden. Zielstrebig, das ist einer, der – sehen Sie, wohin das führt: schon stecke ich in der männlichen Grammatik – also, das ist einer der weiß was er will, der weiß, wie er das erreicht und der sich von nichts – aber schon gar nichts vom Weg abbringen lässt. Und ambitioniert? In diesem Wort schwingt auch so etwas wie Zielstrebigkeit mit, gepaart mit Einsatzfreude und einer großen Portion Engagement. So weit so gut. Aber:

Warum ich zielstrebig bin: Ich habe mir Anteile an einem ökologischen und ethisch unbedenklichen Aktienfonds gekauft. Dazu musste ich meine Risikobereitschaft angeben. Besser gesagt: Meine Risikobereitschaft wurde aufgrund des Produktes, das ich erwarb, eingestuft. Zur Auswahl standen "vorsichtig", "kontrolliert", "risikofreudig" und "zielstrebig". "Zielstrebig" heißt also in der Diktion von Aktiengeschäften die höchste Stufe an Risikobereitschaft.

Warum ich nicht ambitioniert bin: Ich besitze eine Routenplaner-CD, mit der ich nicht nur die kürzeste Strecke zwischen Start und Ziel sondern auch die Zeit berechnen kann, die ich für die Strecke brauche. Dazu muss ich meine Fahrgewohnheiten eingeben. Die Auswahl lautet "langsam", "normal", "zügig" und "ambitioniert". So wie ich meine Pappenheimer kenne, überschreiten schon die, die sich als "zügig" einstufen, permanent die Tempolimits. Und diejenigen, die sich als "ambitioniert" einstufen, hätten sicher auch nichts dagegen, wenn sie als Raser tituliert

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Es darf geklatscht werden - oder nicht? 2006/KW 40

Der Musikgenuss bei einem Jazzkonzert hängt mitunter stark davon ab, in welchem Sektor man im Konzertsaal zum Sitzen kommt. Mit Glück sitzt man inmitten von Leuten, die voll mitgehen und beste Stimmung haben. Weniger unterhaltsam ist es, wenn man unter stillen Leuten sitzt. Wobei ich durchaus zugestehe, dass man selbst die groovigste Musik auch genießen kann, ohne sich zu bewegen. Sehr bremsend allerdings sind Leute, die sich lieber dem Dorfklatsch widmen als im Rhythmus mitzuklatschen.

Nehmen wir das Joe Zawinul Konzert am Sonntag in Waid-hofen: ein extratolles Traumkonzert, um es gleich auf den Punkt zu bringen. Bei einer sehr funkigen Nummer animierte der Schlagzeuger das Publikum mitzuklatschen – und zwar "auf zwei und vier", falls sich jemand genauer interessiert. Üblicherweise setzt bei so etwas das Publikum voll ein. Sobald das Stück dann etwas komplexer wird, verhungert das Klatschen meist mehr und mehr. Diesmal gab der Schlagzeuger dem Publikum ein Zeichen weiter zu machen. Was ich denn auch tat. Leider saß ich im stillen Teil des Publikums und war durch mein Mitklatschen etwas exponiert. Da wandte sich einer, der drei leere Sessel entfernt saß, an mich. Sein Gesichtsausdruck war von der Empörung der Gerechten gezeichnet. Mit den Worten "Sie sollten sich bei der Band bewerben mit Ihrem Klatschen" wollte er mir zu verstehen geben, dass ihn das Klatschen störte. Sprachs und sank zurück in seinen heiligen Zorn. Nun, ich will niemandem den Spaß verderben. Daher stellte ich in der Folge das Klatschen ein und war nur enttäuscht, dass tolle Musik aus dem Publikum keine besseren Menschen macht. Denn der Gerechte hätte mir auch auf sympathischere Weise mitteilen können, dass er kein Mitklatschen wolle. Der Dorfklatsch eine Reihe vor mir allerdings ging munter weiter.

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Sind denn alle Männer geschlechtsneutral? 2006/KW 41

Noch immer darf ich kein großes Binnen-I verwenden. Ich darf also nicht SchülerInnen oder LehrerInnen schreiben. Nein. Der Befehl lautet: Wenn es sich um Lehrer UND Lehrerinnen handelt, dann lautet der mir befohlene "korrekte geschlechtsneutrale" Ausdruck "Lehrer", selbst wenn in meinem Bericht nur ein einziger Lehrer auf zwanzig Lehrerinnen kommt. Nur wenn ich aus-schließlich über Lehrerinnen schreibe, dann darf ich sie auch Lehrerinnen nennen. Was heißt das? Ein einziger Mann macht alle Frauen zu Männern? Oder heißt das, dass Frauen weiblich sind, die Männer hingegen geschlechtsneutral? "Na, besten Dank auch!", sage ich da als Mann. Dass ich mich heftig gegen das Verbot sträube, können Sie sich also vorstellen.

Was ist denn so schlimm am großen Binnen-I? Es sei hässlich, sagen manche – und haben gleichzeitig kein Problem damit das kleine l zu benutzen. (Ich meine l wie in Elke, Zeile oder Eule). Dass das große Binnen-I so unleserlich sei, wird gern ins Feld geführt. Auch hier rufe ich: "Einspruch, Euer Ehren!" Es wird mittlerweile derart oft verwendet, dass es längst Eingang in den allgemeinen Schriftgebrauch gefunden hat und von allen, die des Lesens kundig sind, auch richtig verstanden wird.

Auch abseits von gekränkter Männlichkeit trete ich für eine geschlechtsneutrale und die Frauen mit einbeziehende Sprache ein. Natürlich weiß ich, dass wegen eines großen Binnen-I die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen nicht kleiner wird, und dass damit noch lange keine Chancengleichheit am Arbeitsplatz Einkehr hält. Noch immer wird die Familienarbeit vor allem den Frauen zugeteilt und der Pensionsanspruch den Männern. Alles Missstände, die durch ein großes I nicht abgestellt sind. Aber als Sprachliebhaber trete ich zumindest für eine gerechte Sprache ein.

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Ich bin ein anerkannter Finanzexperte 2006/KW 42

Endlich hat jemand erkannt welch großes fiskalische Genie in mir steckt: Ein Rechenzentrum erbat meinen Expertenrat zum Thema Euro. Obwohl auf dem Brief von besagtem Rechenzentrum weder mein Name noch meine Adresse stand, landete der Brief in meinem Briefkasten. Wahrscheinlich ist mein Expertenstatus derart bekannt, dass auf dem Brief nur Expertenbefragung zum Thema Euro stehen musste, und schon wusste die Post, dass nur ich als Adressat gemeint sein kann. Und dass ich gemeint bin, daran lässt das Rechenzentrum keinen Zweifel. So steht im Schreiben "... haben wir Sie repräsentativ ausgewählt ..." und "Sie als Münzkenner". Fünf Fragen richtete das Rechenzentrum an mich, die die Umstellung von Schilling auf Euro betreffen. Als Entlohnung boten sie mir Folgendes an: Ich dürfe Euromünzen im Nennwert von 3,88 Euro zum Preis von 9,95 Euro (statt 19,95 Euro) erstehen. Dazu bekäme ich gratis eine "edle Armbanduhr" von einer Schönheit, die zu beschreiben mir die Worte fehlen. Dass so ein Angebot nur an ausgewiesene Finanzexperten gerichtet wird, versteht sich.

Folgenden Brief richtete ich an das Rechenzentrum:

"Ich fühle mich geehrt, dass Sie meine Expertenmeinung derart schätzen, dass Sie mich um Rat zum Thema Euro baten. Allerdings erscheint mir der Lohn, den Sie mir in Aussicht stellten, etwas gering. Wie sie aus der Causa Vranitzky-Flöttl jun. wissen, bewegen sich Beraterhonorare zum Thema Euro in anderen Höhen. Eine Million Schilling soll Dr. Vranitzky seinerzeit erhalten haben. Ich mache ihnen einen fairen Preis und verlange nur die Hälfte: Überweisen Sie bitte 35.000 Euro auf mein Konto, und Sie bekommen den Fragebogen ausgefüllt zurück."

Sollte ich Antwort bekommen, werde ich Sie, liebe Leser, selbstverständlich informieren.

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Wir wählen Wort und Unwort des Jahres 2006/KW 43

Wir nähern uns im Sauseschritt jener Phase des Jahresverlaufs, in der man nach dem Wort oder Unwort des Jahres sucht. Nach dem "intensiven" Wahlkampf zur Nationalratswahl sind wir mit Unworten und "Sagern" ja ganz gut ausgestattet. Bisher lag ich immer ganz gut bei meinen Voraussagen, welches Wort zum Wort des Jahres gekürt wird. Das hat mehrere Gründe, einen darf ich Ihnen verraten.

In meinem früheren Leben als Student arbeitete ich an der Akademie der Wissenschaft am Institut für Österreichische Dialekt- und Namenlexika. Einmal saßen wir bei einer Weihnachtsfeier zu der außer den Institutsmitgliedern auch namhafte Germanistik-Professoren eingeladen waren. Da läutete das Telefon: Ein Redakteur einer Tageszeitung wollte sich nach dem aktuellen Wort des Jahres erkundigen. Keiner von uns hatte sich bisher darüber Gedanken gemacht. Daher berieten wir kurz; und ich darf mit Stolz vermelden, dass mein Vorschlag zumindest in die engere Wahl kam. Welches Wort der zum Sprecher der Gruppe ernannte Professor dem Redakteur damals nannte, weiß ich nicht mehr. Es war sicher ein gescheiter Vorschlag allerdings keiner, der sich auf eine wissenschaftliche Untersuchung stützte.

Und nun hoffe ich auf Ihre Unterstützung, werte Leserinnen und Leser: Lasset uns unser persönliches Wort und das Unwort des Jahres küren. Schicken Sie mir Ihre Vorschläge. Welches Wort, welcher Sager hat Ihnen besonders gut gefallen, welches Wort fanden Sie widerlich? Wenn genug "Einreichungen" erfolgen, dann werde ich in der letzten "Tips"-Ausgabe des Jahres Wort und Unwort bekannt geben. Ich persönlich habe schon einen Favoriten für das Unwort. Dieses werde ich natürlich noch nicht verraten. Schließlich will ich Sie ja nicht beeinflussen!

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"Happy End" am Bahnsteig 2006/KW 44

Wer regelmäßig mit dem Zug fährt, wird ein Repertoire klassischer Bahnhofsszenen erleben. Zum Beispiel die Abhol-Szene. Eine Person steht am Bahnsteig und wartet auf eine ankommende Person. Interessant ist der Augenblick, an dem sich die beiden zum ersten Mal sehen. Handelt es sich um junge Leute, dann werden sie unter Freudensgejohle aufeinander losstürzen und sich um den Hals fallen.

Bei den Beherrschteren sieht es folgendermaßen aus. Die wartende Person - sagen wir einmal ein junger Mann - streckt sich in seiner ganzen Länge und entdeckt seine Liebste, die gerade dem Wagon entsteigt. Sofort geht ein Ruck durch seinen Körper und der wartende Gesichtsausdruck weicht einem freudestrahlendem Grinser. Auch die Liebste hat ihn nun am Bahnsteig entdeckt und kann ebenfalls einen Grinser nicht verbergen. Die beiden gehen aufeinander zu: zuerst langsam und dann immer schneller werdend, wobei sich der Grinser mit sinkendem Abstand vergrößert. Zum Glück sind die Bahnsteige in Amstetten und St. Valentin nicht unendlich lang, sonst würden sich bei manchen die Mundwinkel am Hinterkopf berühren. Es folgt ein Küsschen und die beiden entschwinden in ihr junges Glück. Happy End. Vorhang.

Ein Paar tanzte bei meinen Beo-bachtungen allerdings aus der Reihe: Der wartende junge Mann hatte einen Hund an der Leine. Die Liebste stieg aus dem Zug und rannte auf den Hund zu und herzte ihn mit ihrer innigsten Gefühlsintensität. Erst nach einiger Zeit ließ sie vom Hund ab und küsste nun auch den jungen Mann.

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Wie ich 32.520 Euro verschmähe 2006/KW 45

Wie oft ich schon mein Lebensglück verpfuscht habe, weil ich im entscheidenden Moment gezögert hatte oder mich nicht zu einer Entscheidung durchringen konnte, das geht auf keine Kuhhaut. Jüngstes Beispiel: Von einem mir unbekannten Gönner erhielt ich ein Mail mit dem Betreff "Schnell Legal Geld verdienen, In 30 Minuten zum Erfolg, Marketing ebook". Darin wurde mir ein "Marketingplan" kundgetan, mit dem man in 30 Tagen 32.520 Euro verdienen könne - mit nur einer halben Stunde Arbeit und mit einem Einsatz von nur 10 Euro. Das funktioniert so: Man zahlt auf ein Konto die 10 Euro ein. Dafür bekommt man ein E-Book inklusive der Lizenz zum Weiterverkauf mit supertollen Tipps wie man international kostenlos Internetwerbung machen kann. Also eine Informationsquelle von sagenhaftem Nutzen - ich nehme an, in Form eines pdf-Files.

Und jetzt kommt der Clou an der Sache. Nachdem man eingezahlt hat, darf man das E-Mail an möglichst viele weiterleiten und sich selbst an Nummer fünf einer Liste setzen. Kurz darauf würden Abermillionen Menschen von mir so ein "E-Book" kaufen und mir dafür pro Stück 10 Euro zahlen wollen. Und dass dieser "Marketingplan" funktioniere, das bezeugen Alan Humphries aus Leicester, der vor Begeisterung "ganz von den Socken" ist, Lisa McDonald aus Northampton ("Ich kann Ihnen nicht genug danken") und Richard Barrie aus Cirencester ("Ich war entsetzt, als ich sah, wieviel Geld in mein Konto floss!").

Dumm wie ich nun einmal bin, werde ich die 10 Euro lieber in einen neuen Saitensatz für die Gitarre investieren und damit mein Lebensglück wieder einmal mit den Füßen treten.

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Abschied ohne Worte 2006/KW 46

Zu den interessanten Eisenbahn-Erlebnissen zählt das Beobachten von Abschieden. Besonders amüsant sind die gezwungenermaßen wortlosen Szenen. Früher konnte man sich noch aus dem Waggon-Fenster lehnen und mit den Abschiednehmenden auf dem Bahnsteig sprechen. Das geht bei den modernen Waggons nicht mehr. Da ist man akustisch vom Rest des Bahnhofs getrennt. Da steigt der Reisende ein, ergattert einen Fensterplatz während die Liebste auf dem Bahnsteig steht. Jetzt kann man verlegen grinsen, hilflose Gesten machen oder auf andere Art Signal geben. Alles bleibt wortlos. Der Spruch "Man kann nicht nicht kommunizieren" von Paul Watzlawick bekommt hier eine ganz neue Bedeutung. In unserem Kulturkreis ist nämlich nicht vorgesehen, dass man einander nur anschaut. Es muss kommuniziert werden. Bis der Zug abfährt.

In Amstetten werden bei manchen Zügen ein paar Waggons abgehängt. Daher dauert der quälende Aufenthalt noch länger. Einmal sah ich einen Bub einsteigen. Während der Bub ein Konsolenspiel auspackte und zu spielen begann, standen die Mutter und die kleine Schwester am Bahnsteig und warteten auf die Abfahrt. Um die Aufmerksamkeit des Buben zu erwecken klopfte die Mutter an das Waggonfenster, der Bub nickte freundlich und wandte sich wieder dem Spiel zu. Der Bub saß allerdings auf der dem Bahnsteig abgewandten Seite. Daher wurden noch weitere Personen in das Nichtgespräch einbezogen. Oh, wie erlösend ist da die Abfahrt: Nun darf man endlich winken.

Warum ist eigentlich noch niemand auf die Idee gekommen, mit der Person am Bahnsteig per Handy zu kommunizieren?

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Das orange Kuvert 2006/KW 47

Sie werden es nicht glauben, werte Leserinnen und Leser, aber ich habe schon wieder einen Glücksgriff ungenutzt gelassen. Und das kam so: Ich schritt frohen Sinnes durch die Gänge eines Amstettner Einkaufszentrums, als sich mir eine adrett gekleidete Dame in den Weg stellte, mir in einer Hand ein paar bunte Kuverts entgegenstreckte und mich aufforderte, eines zu ziehen. In meiner Verblüffung zog ich das orange Kuvert. Die Dame öffnete es und - Juhu! - darin befand sich ein Gutschein für 100 Minuten gratis telefonieren. Ich bedankte mich und wollte weiter meiner Wege gehen. Aber nichts da! Die adrett gekleidete Dame manövrierte mich zu einem improvisierten Schalter, an dem eine weitere Dame wartete.

Nun konnten die beiden Damen nicht wissen, dass ich Hobbykonsumentenschützer bin und originelle Versuche der Geschäftsanbahnung mit großem Interesse verfolge. Normalerweise gehe ich alle Schritte durch, die die Anbahnungschoreographie vorsieht, nur den letzten Schritt - das Unterzeichnen eines Vertrages - verweigere ich. Da ich es an diesem Glückstag allerdings eilig hatte, ging ich gleich zu Punkt 5 über und erklärte, dass ich nichts unterschreiben wolle. Die Dame am Schalter meinte streng: "Alles muss man unterschreiben!" Eine These, über die nachzudenken sich lohnt. Allerdings an einem anderen Ort und zu einer anderen Zeit.

Als ich die beiden Damen zurück gelassen hatte und weiter meinen Einkäufen nachging, keimte eine Frage in mir auf, die mich seither quält: "Was war in den anderen Kuverts?" Vielleicht ein Gutschein für eine goldene Uhr? Oder gar für ein wasserfestes Fahrrad? Für ein Haus im Grünen samt Schwimmteich? Ich werde es nie erfahren!

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Klimaveränderung interessiert uns nicht 2006/KW 48

Was mich immer wieder aufs Neue fasziniert ist die Fähigkeit der Menschen, einen Teil der Realität aus der Wahrnehmung auszublenden. Inbesondere dann, wenn es sich um einen Teil handelt, der für unser Überleben wichtig wäre.

Nehmen wir als Beispiel die Klimaveränderung. Am Freitag referierte die Klimaforscherin Dr. Helga Kromp-Kolb in der Pölz-Halle in Amstetten über die Folgen der Erderwärmung. Diese bewirken unter anderem Extremniederschläge, einen Rückgang der Gletscher, Wasserknappheit und und und. Das alles sind Informationen, die bekannt und jedem Menschen, der sich dafür interessiert zugänglich sind. Der Vortrag wäre in seiner Dringlichkeit dazu angetan, dass die Leute aufspringen sollten, um "Feuerio!" schreiend die Welt zu alarmieren. Aber nichts dergleichen geschah. Auch nach einem ausführlichen Interview mit Dr. Kromp-Kolb im Radio heulten keine Sirenen auf, obwohl die Forscherin die Dringlichkeit zu handeln mehr als deutlich aussprach. Insbesondere ein sparsamer Umgang mit den Energiereserven wäre unerlässlich.

Es ist gut, dass wir in einer derart heiklen Situation den Kopf nicht verlieren, aber einsetzen sollten wir ihn schon. Was machen wir stattdessen? Wir lassen tausende Glühbirnen brennen – nicht um die Straßen zu beleuchten, sondern nur weil es so hübsch aussieht. Und wir fahren mit den Autos spazieren, obwohl die gleiche Strecke leicht mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu bewältigen wäre. Einzelne können die Klimaerwärmung nicht aufhalten, aber wenn sich alle Menschen gemeinsam dazu aufraffen würden, könnten wir es schaffen.

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Der schnelle Spaß am Frühstückstisch 2006/KW 49

Es ist erfreulich, welch geringer Aufwand notwendig ist, um schnellen Spaß zu haben oder große Erlebnisse zu erleben. Zum Beispiel beim Frühstück: Ich hatte mir einen Honig gekauft, der in einen ausgezeichnet funktionierendem Spender abgefüllt ist. Richtig angewandt bringt er den Honig tropffrei aufs Frühstücksbrot. Als Bedienungsanleitung steht: "Für den schnellen Dosier-Spaß einfach auf den Deckel stellen." Schneller Dosierspaß - ein Vergnügen, auf das die Menschheit schon lange warten musste. Wie traurig mutet dagegen das Marmeladebrotstreichen an, denn die Marmelade muss ich lustlos mit einem Löffel aus dem Glas holen.

Erlebnisse der besonderen Art wiederum bietet ein treibgasfreier Toilettenspray. Einfaches Zusammendrücken des Plastikflascherls bewirkt ein "großes Sprüherlebnis". Nicht der Geruch wird als Erlebnis beworben sondern das Hervorbringen desselben. Da soll noch jemand die Passivgesellschaft beklagen.

So gesehen tun sich ungeahnte Dimensionen des Spaßhabens auf: Flaumigen Schließspaß könnte ein funktionierender Reißverschluss bieten. Nicht zu überbieten: das unglaubliche Binde-Erlebnis beim Schuhbandbinden. Extrem lustig: der Enthüllungsspaß beim Entfernen der Kunststofffolie einer CD.

Großen Spaß der anderen Art hatte gestern ein Passant, der bei unserem Bürofenster vorbeiging und hereingrüßte. Er sah mich wild mit den Händen rudernd um Gleichgewicht ringen. Was er nicht sah: Ich stand auf meiner neu erstandenen Balance-Scheibe und hatte gerade ein umwerfendes Balancier-Erlebnis.

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Die Beschwerdestelle ist für alle zuständig (2006 / KW 50)

Da die ÖBB auf mehrere Gesellschaften aufgeteilt sind, die miteinander nichts zu tun haben wollen, ist es schwer, für Wünsche oder Beschwerden die richtige Anlaufstelle zu finden. Erfahrungsgemäß trifft man immer auf Angestellte, die genau für diesen Bereich nicht zuständig sind. Das ist für beide Seiten schmerzhaft: Wer sich beschweren will, findet keine offene Ohren und wer nicht zuständig ist, muss sich Beschwerden anhören, die ihn nichts angehen.

Dass sich am Wochenende auf der Westbahnstrecke tumultartige Szenen abspielten weil die Züge hoffnungslos überfüllt waren, liegt an einer ganz gewöhnlichen Fehlkalkulation der ÖBB, welche Abteilung auch immer dafür zuständig sein mag. Dieses Problem wollen die ÖBB nicht mit längeren Zügen sondern mit besserer Kundeninformation in den Griff bekommen. Viel Vergnügen, wünsche ich.

Großes Vergnügen hatten auch Bahnreisende am Montagmorgen: Beim Regionalzug nach St. Valentin klemmte in Amstetten die Tür. Deshalb hatte der Zug ein paar Minuten Verspätung was dazu führte, dass Reisende in St. Valentin den Zug nach Linz um zwei Minuten versäumten. Und gerade dieser gar nicht so kleinen Gruppe Empörter musste ein Fahrdienstleiter über den Weg laufen, der natürlich nichts dafür konnte. Da half es auch nichts, dass ihn Reisende darauf aufmerksam machten, dass sie jetzt zu wichtigen Terminen zu spät kommen. Das einzige, was ihnen der Fahrdienstleiter empfehlen konnte, war, sich bei der ÖBB- Beschwerdestelle zu beschweren. Die hat – so wie das Salzamt – für alle ein offenes Ohr.

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Glücksverzicht, die Dritte ... (2006 / KW 51)

Sie werden mich wohl für einen notorischen Glücksverweigerer halten, wenn ich Ihnen erzähle, was ich mir jetzt schon wieder durch die Lappen habe gehen lassen. Als ich am Montag in der Nacht nach Hause kam, blinkte mein Anrufbeantworter und zeigte zwei neue Meldungen an. Jetzt funktioniert mein Anrufbeantworter zwar so halbwegs, nur was die Leute so an Nachrichten hinterlassen, ist elektronisch derart verzerrt, dass man meist nur „krxt – wirgldi – krztfüü“ versteht, aber mit viel Fantasie doch herausfinden kann, wer mir was mitteilen wollte.

Am Montag hörte ich allerdings zuerst eine verzerrte elektronische Fanfare und dann teilte mir eine Elektro-Frauenstimme mit, dass ich einen tollen wirgldi – krztfüü gewonnen habe. Reisegutscheine im Wert von über hundert Euro, Ferrarifahrten, krxt-Reisen und viele weitere Preise seien mir sicher. „Sie haben garantiert einen dieser Preise gewonnen! Halten Sie nun einen Schreibstift und Papier bereit, um Ihre Gewinnnummer aufzuschreiben.“ Was nun folgte war allerdings keine Gewinnnummer für Leute, die dort anrufen, sondern eine, bei denen die Angerufenen den großen Gewinn machen: eine Mehrwertnummer, die laut Elektro-Dame 3,63 Euro pro Minute kosten würde. Zu dumm aber auch, dass ich mein Telefon für Mehrwertnummern habe sperren lassen, sonst säße ich bereits in einem Ferrari oder würde mich auf einer Traumreise befinden und erst bei der Rückkehr nach einem Blick auf meine Telefonrechnung erbleichen.

Und die zweite Nachricht auf dem Anrufbeantworter? Dasselbe gleich noch einmal.

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Hören Sie ja nie zu rauchen auf! (2006 / KW 52)

So, Weihnachten hätten wir überstanden, da bleiben ein paar Tage für Neujahrsvorsätze. Da möchte ich Sie gleich warnen: Hüten Sie sich um Gottes Willen vor Reue-Vorsätzen. Da hat man vielleicht beim Weihnachtsfeiern einmal zu oft in den Fleischtopf oder in die Kekserldose gegriffen – und schon kommen die von Selbstanklagen und Flagellationswünschen begleiteten Vorsätze, die mit „Nie wieder werde ich ...“ beginnen. Gerne wiederhole ich die Warnung: Hüten Sie sich davor, denn früher oder später werden Sie „doch wieder ...“ und dann ist die Reue umso schlimmer.

Genauso verhält es sich mit dem Rauchen. Wer als tüchtiger Raucher sagt: „Das war meine letzte Zigarette!“, der muss sich auch eisern daran halten, sonst kommt er ins Dilemma: Raucht er danach auch nur eine einzige Zigarette, kann er diese nicht genießen, weil ihn das schlechte Gewissen quält. Und dieses wird oft von einem „Jetzt ist eh schon alles Wurscht!“-Gefühl abgelöst, und der Raucher raucht weiter, wie vorher, mit dem Unterschied, dass er sich jetzt als Versager sieht.

Ich gehe gern als leuchtendes Beispiel voran: Ich habe nie mit dem Rauchen aufgehört. Das führt dazu, dass ich so an die zehn Zigaretten pro Jahr (!) rauche. Diese zehn Zigaretten genieße ich ohne Gewissensbisse, und die werden mich schon nicht umbringen.

Einer der besten österreichischen Lungenärzte, mein Vornamensvetter Dr. Norbert Vetter, raucht ganz schön viel. Auf die Frage, wie das mit seinem Beruf als Lungenarzt zusammengehe antwortete er mir: „Ganz einfach: Ich bin süchtig!“ Ich finde, da macht er es sich doch ein bisschen zu einfach.

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Spazieren mit dem Hund wird teurer (2007 / KW 2)

Die neue Regierung hat eine Erhöhung der Mineralölsteuer angekündigt. Hei, da wird es wieder ein Zeterio und Mordio geben, wenn die Treibstoffpreise steigen. Lustigerweise klagen diejenigen am lautesten, die sich aufregen, wenn irgendwo auf der Autobahn ein 100 Stundenkilometer-Tempolimit eingeführt wird und die sich lautstark für ein 160er-Tempolimit einsetzen, um dann mit 180 über die Pisten zu donnern. Bei Diskussionen über den Straßenverkehr bin ich meist alleine auf verlorenem Posten, wenn ich mich für vernünftiges Fahren stark mache und darauf hinweise, dass es bei den Strecken, die man so im Alltag fährt, vollkommen egal ist, ob man mit 130, 100 oder 80 Stundenkilometer fährt. Zeitlich wirkt sich das kaum aus, nur der Treibstoffverbrauch steigt mit der Geschwindigkeit. Ich habe allerdings schon Leute getroffen, die allen Ernstes das Gegenteil behauptet hatten: Je schneller man fahre desto weniger Treibstoff verbrauche ein Auto. Welche Berechnung dieser Schlussfolgerung zu Grunde liegt, habe ich leider nicht erfahren können.

Betroffen von der Erhöhung der Treibstoffpreise sind natürlich jene Pendler, die auf das Auto angewiesen sind und die keine Fahrgemeinschaften bilden können. Ich lebe ja mit dem Luxus, dass ich an den meisten Tagen mit dem Zug zur Arbeit fahren kann. Auf dem Weg zum Bahnhof sehe ich, dass auch das Hund-Äußerln-Führen teurer wird: denn auf dieser Straße führen zahlreiche Frauerl und Herrerl ihre Hunde mit dem Auto aus: Sie sitzen im Auto und fahren gemütlich auf und ab, und der Hund rennt dem Auto hinterher. Daran werden auch höhere Treibstoffpreise nichts ändern.

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Themenkrampf (2007 / KW 3)

Darf ich Sie mit einem neu geschaffenen Fachausdruck vertraut machen? Er lautet „Gesprächsthemenkrampf“. Unter diesem leiden Menschen, die bei Gesprächen immer wieder auf das selbe Thema kommen MÜSSEN, ganz egal, wovon gerade die Rede ist. Genau genommen sind es die Gesprächspartner, die unter dem Themenkrampf der Gegenüber leiden. Für mich gibt es – abgesehen vom Leistungssport – kaum ein Thema, das mich nicht interessieren würde. Wenn ich also an einen Gesprächspartner gerate, der unter einem Fußball-Themenkrampf leidet, wird das ein eher mühsames Gespräch.

Nicht zu verwechseln sind Themenkrämpfe mit dem Wunsch, vor allem über das zu sprechen, womit man sich gerade intensiv auseinander setzt. So gibt es in meinem Freundeskreis gerade viele, die entweder ein Haus bauen oder renovieren. Als wir vor kurzem wieder alle beisammen saßen ging es ausschließlich um Mauertrockenlegung und die Höhe von Estrichen und um Installationen und und und. Meine Beiträge zu dem Thema waren eher bescheiden, sodass ich mich mehr dem Knabbergebäck widmete.

Besondere Herangehensweise ist bei Eltern gefragt, deren liebstes Thema es ist, die Vorzüge und Talente ihrer Sprösslinge zu loben. In einem Gespräch mit einem Vater, der nicht aufhören wollte, zu berichten, welch tolle Leistung sein Sohn erbringt, konnte ich nur „Imponierend“, „Nein, wirklich?“, „Beeindruckend!“, „Ein Wahnsinn!“ und dergleichen beitragen. Denn: Wenn man sich zu wenig begeistert zeigt, glauben die Eltern, sie haben die Talente nicht eindringlich genug geschildert. Dann kommen sie mit der Intensivversion in Langfassung.

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Die Welt ist voller Doppelgänger (2007 / KW 4)

Jeder Mensch ist einzigartig, und diese Einzigartigkeit drückt sich auch im Aussehen aus. Sollte man meinen. Ich habe mich jahrelang bemüht, einen ausdrucksstarken

Charakterkopf zu bekommen, und dann das: Oft werde ich in meiner Heimatgemeinde mit meinem Bruder verwechselt. Das lasse ich ja noch gelten. Aber: In einem Lebensmittelgeschäft in Amstetten fragte mich ein Kunde: „Heißen Sie Gutleben?“ „Nein, Mottas“, gab ich ohne lang zu überlegen zur Antwort. Da habe er mich verwechselt.

Wohlan, es kommt noch dicker: In Perg gibt es eine Mühle, in der ich regelmäßig Mehl kaufe. Die Verkäuferin erzählt mir fast jedes Mal, dass ich einem Baumeister aber so was von ähnlich schaue – das sei kaum zu glauben.

In Linz wiederum kenne ich eine Journalistin, der ich hin und wieder bei Pressekonferenzen begegne. Sie sagt, dass ich ihrem Schwiegersohn aufs Haar ähnle. Schon mehrmals wollte sie mir ein Foto von ihm zukommen lassen. Das hat allerdings noch nie funktioniert.

Jetzt aber kommt das stärkste Stück: Mehrere Personen, die einander nicht einmal kennen hatten mir erzählt, dass es in Salzburg einen gebe, der nicht nur exakt so aussieht wie ich, sondern auch dieselbe Art sich zu bewegen, die gleiche Stimme und sogar die selbe Art von Schmäh hätte wie ich. Ich möchte gar nicht wissen, welche Eigenschaften er noch mit mir teilt.

Einer bot mir sogar an, mich meinem Salzburger Doppelgänger vorzustellen. Das habe ich aber mit Entschiedenheit abgelehnt. Es könnte ja gut sein, dass mir der furchtbar auf die Nerven geht oder total unsympathisch ist ...

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Für einen freien Sonntag für viele (2007 / KW 5)

Da mir in letzter Zeit zuviel die Rede ist von einer Ausweitung der Ladenöffnungszeiten auf den Sonntag, möchte ich es nicht unterlassen, meinen reichen Erfahrungsschatz in die Diskussion einzubringen.

Sie wissen vielleicht, dass ich in meinem früheren Leben drei Jahre lang Tankwart in Wien war. Da hatte ich jeden zweiten Sonntag Dienst. Und das war keine Gaudi. Nicht dass die Arbeit am Sonntag schwerer war als an Wochentagen, nein. Aber wenn Freunde am Samstagabend zu einem Fest oder einem Konzert gingen, musste ich daheim bleiben, um am Sonntag halbwegs ausgeschlafen zu sein. Und wenn die Freunde am Sonntag Ausflüge unternahmen, musste ich mich damit begnügen, den Schwalben nachzuschauen. Wenn ich dafür am Montag und Dienstag frei hatte, konnte ich alleine durch Wald und Flur ziehen.

In einem noch früheren Leben war ich Kochlehrling. Da gab es gar keinen freien Sonntag, sondern einen freien Wochentag pro Woche, wobei ich meist erst am Vortag erfuhr, dass der nächste Tag mein freier sein werde. Da konnte ich mit niemandem Termine vereinbaren.

Auch wenn es immer wieder Berufsgruppen gibt, die an Wochenendarbeit nicht vorbeikommen, so muss man doch nicht ohne Not alle dazu vergattern. Wenn ich denke, wie schwer es jetzt schon ist, einen Termin zu finden, an dem mehrere Freunde Zeit haben, um gemeinsam etwas zu unternehmen, dann frage ich mich, wie kompliziert es erst sein wür-de, wenn jeder an einem anderen Tag frei hätte. Deshalb trete ich für Tage ein, an denen möglichst viele Leute gemeinsam frei haben.

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Von Amselgesängen und vom Klimawandel (2007 / KW 6)

Kennen Sie das auch? Manchmal genügt ein besonderer Klang oder ein besonderer Geruch, um Erinnerungen, Assoziationen und sogar Gefühle wachzurufen.

So erging es mir vorigen Freitag: Am Abend hörte ich zwei Amseln, die sich lautstark im Singen zu übertrumpfen versuchten. Sie sangen mit einer derartigen Inbrunst, dass es eine wahre Freude war. Solche Amselgesänge bringe ich normalerweise mit lauen Sommerabenden am Balkon oder im Garten in Verbindung. Und eine derartige Stimmung wäre in mir fast aufgestiegen, wäre das Sommergefühl nicht von einem Geruch überlagert worden: Es roch nach Kohle- und Holzrauch. Mit diesem Geruch assoziiere ich Winterabende mit „schneeknirschender“ Kälte.

Diese Widersprüche sind beispielhaft für die zwei Seelen, die ach in meiner Brust wohnen. Einerseits freue ich mich natürlich über den vergleichsweise warmen Winter, und auch den Schnee brauche ich nicht unbedingt. Andererseits bedrückt mich das Wissen, dass wir es hier mit einem Klimawandel zu tun haben, der nicht zum Spaßen ist. Nur wer Auge und Ohr verschließt glaubt noch, dass es immer schon warme Winter gegeben habe und tröstet mit dem Winter 2005/2006, der ein halbes Jahr dauerte. Klimawandel bedeutet ja nicht, dass es nur ein bisschen wärmer wird und damit hat sich die Sache. Klimawandel bedeutet Extremwetterlagen und Katastrophen. Solange aber jedes Land meint, Alleingänge seien nicht zweckmäßig und würden nur Wirtschaftsstandorte gefährden, solange wird es ein gegenseitiges Unterbieten in ökologischen Standards geben. Und die Atmosphäre wird weiter beheizt.

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Die Ausrufung der Eigenverantwortung (2007 / KW 7)

Ach, und jetzt sollen wir uns auch noch um den Klimaschutz kümmern? Sonst noch was? Das sollen gefälligst künftige Generationen machen anstatt sich ins gemachte Nest zu setzen. Nach all dem, was WIR getan haben.

Denn wir – künstlerische Pause, in der sich jemand an die Brust klopft – wir haben Österreich zu dem gemacht, was es heute ist. Wir haben aus dem Nachkriegsösterreich das moderne Österreich geschaffen.

Wir haben schlank geschrumpft und wegrationalisiert und freigesetzt. Wir haben die Menschen von den Fesseln und aus dem Kerker der sozialen Sicherheit befreit. Eigenverantwortung haben wir gesagt. Eigenverantwortlich sei der Mensch, flexibel und mobil. Wer eigenverantwortlich lebt – haben wir gesagt – bleibt gesund und jung und schön. Wer krank oder alt gar wird, dem mangelt es an Eigenverantwortung.

Jeder ist seines Glückes Schmied haben wir gesagt. Wer sein Glück nicht findet, der hat sich nicht angestrengt. Auf schlechte Glücksschmiede und Menschen ohne Eigenverantwortung können wir keine Rücksicht nehmen, haben wir gesagt. Sollen wir, die Tüchtigen, zusehen, wie sich diese in die soziale Hängematte betten?

Nein. Wir haben die Ich-AG erfunden. Ich, ich und noch einmal ich, haben wir gerufen. „Ich“ haben wir gerufen und „Eigenverantwortung“ haben wir gesagt. Da bleibt kein Platz, auch für andere Verantwortung zu übernehmen. „Sozialromantik“ haben wir gesagt und dabei die Nase gerümpft. „Eigenverantwortung“ haben wir ausgerufen, und jetzt kommen die (rümpf!) daher und sagen „Klimaschutz“.

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Das Zugfahren ist recht und billig (2007 / KW 8)

Die Verteuerung der ÖBB Fahrkarten ist nur recht und billig. Das belegt die folgende Rechnung. Da der Beruf des Milchmädchens außer Mode geraten ist, wollen wir sie Redaktionsbubenrechnung nennen. Seit der Verteuerung kostet meine Monatskarte für die Fahrt zur Arbeit genau so viel, wie ich Lohn für zehn Stunden Arbeit erhalte. Wenn ich die schnellsten Züge nehme, fahre ich im Monat aber 14 Stunden mit der Bahn. Was zeigt, dass Zugfahren billiger ist als arbeiten. Quod erat demonstrandum! Welchen Nutzen wir aus dieser Rechnung ziehen können wird noch zu einem späteren Zeitpunkt zu klären sein.

Obwohl ich fast täglich mit dem Zug fahre, macht es mir noch immer Spaß. Da ich verglichen mit anderen Werktätigen zeitverschoben arbeite, habe ich sowohl am Morgen als auch am Abend einen ganzen Waggon für mich alleine.

Das ist wie in jener vergangenen Phase meines Lebens, in der ich noch jede Menge Zeit hatte. Da benützte ich für die Fahrt von St. Valentin nach Wien nicht die Westbahn sondern die Donauuferbahn. Oft hatte ich da gleich drei Waggons für mich allein. Und streckenweise ist die Fahrt auf der Donauuferbahn wie Schifffahren. Man gondelt durch die Wachau und daneben plätschert die Donau. Es war die Zeit als es noch Raucherabteile gab. Ich stopfte mir eine Pfeife und paffte gemütlich und genoss den Blick aus dem Fenster und die Gemächlichkeit des Reisens.

Nur die Schaffner konnten nicht verstehen, warum ich diesen langsamen Zug nahm. Ich sagte, wenn ich für den gleichen Preis sechs Stunden unterwegs sein kann, dann werde ich doch nicht nur zwei Stunden fahren.

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Warum ich doch wieder fliegen werde (2007 / KW 9)

Es hat schon Brauchtums-Charakter, dass ich mich im Frühling für eine Woche nach London begebe. Während hierzulande alle Pflanzen ihrem Liebesleben freien Lauf lassen und mit Pollen nur so um sich werfen und während diese Lunge und Nase malträtieren, ziehe ich es vor, der Themse entlang zu lustwandeln und dort nach Herzenslust aufzuatmen. „Steak and Kindney Pie“, Schweinskuchen und am Abend ein kleines Glas Guiness tragen das ihre zu meinem Wohlbefinden bei.

Ich bin schon ein paar Male geflogen, einmal nahm ich den Bus, und diesmal erwog ich, mit dem Zug zu fahren. Doch das scheiterte bereits beim Versuch, einen Fahrpreis zu erfragen. Auf der ÖBB Homepage kann man zwar alle Verbindungen St. Valentin – London in Erfahrung bringen, über Fahrpreise gibt sie aber keine Auskunft.

Also der Schalter am Bahnhof Amstetten. Der Beamte meinte, exakt könne man den Fahrpreis nicht ausrechnen, denn es komme darauf an, ob ich ein Sonderangebot annehme oder mit „Sparschiene“ fahre oder ein Package wolle. Doch zu all diesen Angeboten gibt es weder Informationsmaterial noch eine Preisliste. Man müsse einfach buchen, dann sehe man, wie viel das kostet. Aber mit so gut 500 Euro hin und retour müsse ich schon rechnen.

Auf meine Anfrage per Mail nach dem Fahrpreis nach London bekam ich von der ÖBB innerhalb von zwei Tagen die Antwort, eine einfache Fahrt nach Paris koste 186,50 Euro. Nun, Paris ist zwar auch eine schöne Stadt, aber die ist ein anderes Mal dran.

Jetzt nehme ich halt doch wieder den Flieger.

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Lumpazivagabundus Syndrom (2007 / KW 10)

Hartnäckig geistert die Meldung durch die Medien, dass ein Asteroid Kurs auf die Erde genommen hat und in zirka 30 Jahren entweder auf die Erde kracht oder – in astronomischen Dimensionen gedacht – knapp daran vorbei saust. Ich gehe stark von Zweiterem aus.

Bei vielen löst das ein "Lumpazivagabundus Syndrom" aus. Sie wissen schon: Der Alkoholiker Knieriem weigert sich, in die Zukunft zu investieren, weil eh der Komet kommt.

Aus anderem Holz war da Martin Luther geschnitzt, der gesagt haben soll: "Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, so würde ich doch heute noch mein Apfelbäumchen pflanzen." Und wahrlich: Am Tag vor dem Weltuntergang kann man egal was tun, von mir aus auch Apfelbäume pflanzen. Es läuft auf das Selbe hinaus.

Bemerkenswert ist, dass tatsächlich etwas auf die Erde zurast, das in der Auswirkung mit der eines Asteroiden durchaus vergleichbar ist. Ich spreche schon wieder von der Klimaveränderung.

Während sich im Film "Armageddon" ein Amerikaner, der Ölbohrer Harry Stamper, opfert, um die Welt vor einem heranrasenden Asteroiden zu retten, sind es in Wirklichkeit die USA, die sich gegen Klimaschutz und das Kyoto-Ziel querlegen.

Die Globalisierung bringt mit sich, dass sich alle auf Konkurrenzdruck und Standortvorteile ausreden, um nur ja keine Umweltschutzmaßnahmen ergreifen zu müssen.

Sie, werte Leserinnen und Leser, und ich können da nur fassungslos den Kopf schütteln – und vielleicht ein paar Apfelbäumchen pflanzen.

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Morsezeichen auf der deutschen Autobahn (2007 / KW 12)

Meine Kurzreise nach Deutschland bekräftigte mich einmal mehr in meiner Überzeugung, dass die Aufweichung des Tempolimits auf Autobahnen grober Unfug ist. In Deutschland dürfen die Autofahrer auf Autobahnen ja so schnell fahren wie ihnen beliebt, koste es was es wolle und sei es das Weiterleben. Im Sektor der Raser gibt es bekanntermaßen einen großen Anteil an Rüpeln. Daher kommt es mitunter zu Szenen wie der folgenden:

Ich bin mit 130 unterwegs. Vor mir fährt einer mit 120. Zum Überholen beschleunige ich auf 140. Da kommt von weit hinten einer mit Riesengeschwindigkeit angedonnert, pickt sich an meine Stoßstange und beginnt wie wild mit der Lichthupe zu blinken.

Zwei Möglichkeiten: Entweder er gehört zu der Kategorie Leute, zu denen man früher sagte „Hat dir das Christkindl nichts anderes gebracht als die blöde Lichthupe?“ oder er will mir etwas mitteilen. Vielleicht ist dieses Geblinke nur eine Art Morsezeichen. Da ich des Morsens nicht mächtig bin, weiß ich nicht, ob das Signal lautet: „Ich entbiete Ihnen einen wunderschönen guten Tag. Haben wir nicht ein prachtvolles Wetter?“

Da sich sein Gesicht aber zu einer hasserfüllten Fratze verkrampft hat – das sehe ich deutlich im Rückspiegel, so nahe klebt er an meinem Auto – gehe ich davon aus, dass er mir etwas anderes mitteilen will. Die Physik lässt mir zwei Möglichkeiten offen: Entweder ich setze den Überholvorgang fort, was halt ein paar Sekunden dauert, oder ich lasse dem Raser den Vortritt, was bedeutet, dass ich vorerst langsamer als 120 fahren muss. Ich gehe davon aus, dass ihm beides nicht recht sein wird.

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Grabenkämpfe um den Spaten (2007 / KW 14)

Während es zu früheren Zeiten nach Eröffnungsfeierlichkeiten zu Kämpfen um die besten Plätze am Buffet kam, hat sich heutzutage die Kampffront verschoben. Etwa bei Spatenstichen: Da gibt es, quasi eherne Regel, immer weniger Spaten als Promis, die sich zum Spatenstechen anstellen. Und alle wollen mit dem Spaten in der Hand abgelichtet werden. Das symbolisiert Tatkraft und Entschlossenheit und macht sich gut auf Fotos.

Mein Lieblings-Spatenstich fand in einer Mostviertler Gemeinde statt. Dort vergrößerte ein erfolgreicher Händler sein Geschäft. Es war kurz vor einer Wahl, und deshalb kamen besonders viele Promis zum Spatenstich. Der Geschäftsmann sagte in seiner Ansprache wörtlich: „Dort, wo die neue Halle entsteht, ist derzeit ein Asphaltboden. Aber ich habe mir etwas einfallen lassen, damit Sie ein bisschen Sandspielen können.“ Und tatsächlich: Er hatte eine Fuhre Sand auf den Asphalt schütten lassen und ein paar Spaten hinein gesteckt. Viel zu wenige natürlich. Die Promis lösten den Spatenmangel auf ihre eigene Art: Es wurden mehrere Spatenstichfotos angefertigt, jeweils mit unterschiedlichen Personenkonstellationen, und je nach Bedarf wurde dieses oder jenes Foto veröffentlicht.

Da könnten sich die nö. Promis ein Vorbild am oö. LH-Stv. Franz Hiesl nehmen. Er führt laut eigenen Angaben immer einen Spaten im Auto mit – für den Fall, dass irgendwo ein Spatenstich sein sollte. Am liebsten aber kommt Franz Hiesl mit einem echten Bagger zum „Spatenstechen“. Hier bitte ich allerdings alle, von einer Nachahmung Abstand zu nehmen. Denn wenn alle Promis mit ihrem Bagger angetuckert kommen und um den besten Fotoplatz kämpfen, dann gibt es sicher Verletzte.

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Glühwein, über den Klippen von Wales (2007 / KW 16)

Weil mich immer wieder Leute fragen, ob ich schon in London war: Jetzt: ja. In London war ich, und in Wales. Und, um es auf einen Punkt zu bringen: es war herrlich! Natürlich will ich Sie jetzt nicht mit meinem schönsten Ferienerlebnis unterhalten. Aber warnen muss ich Sie trotzdem: Ich warne Sie vor privatisierten Eisenbahnlinien im Allgemeinen und vor der „First Great Western“ im Besonderen. Es heißt zwar, ein Staat könne nicht wirtschaften, aber was privatisierte Eisenbahnen unter Wirtschaften verstehen ist nichts als möglichst viel Profit zu scheffeln. Dass man dazu auch noch Reisende transportieren muss, wird als lästiger Nebeneffekt hingenommen. Besonders lästig ist den Privaten, dass sie auch noch Personal anstellen müssen. Und so kam es, dass der letzte Zug des Tages von Cardiff nach London zwar am Bahnsteig stand aber nicht fahren konnte, weil kein Zugspersonal anwesend war. Natürlich gab es auch im Bahnhofsbereich keinen Menschen, der den zahl- und ratlosen Passagieren Auskunft hätte geben können.

Da hätte ich jetzt viel zu berichten; aber ich will Ihnen eine bemerkenswerte Episode nicht vorenthalten: In Porthgain kann man ja stunden- wenn nicht tagelang die Küste entlang wandern. Dort traf ich einen Australier und eine Frau aus Malaysia, mit denen ich ein Stück des Weges wanderte. Sie luden mich zu einer Jause ein und hatten auch Wein dabei. Aber jetzt welchen? „Christkindl Glühwein“ aus Österreich, den sie einmal geschenkt bekommen hatten. Ich trank nur einen winzigen Schluck, damit ich hier und jetzt schreiben kann: „Ja, ich habe am Ostersonntag über den Klippen von Wales kalten österreichischen Glühwein getrunken.“

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Der Semmelzehner (2007 / KW 18)

Es ist geglückt: Vorigen Donnerstag habe ich meinen ersten Semmelzehner geschafft. Semmelzehner, das ist ein Tag, an dem ich zehn Semmeln verspeisen kann. Zwei Marmeladesemmeln zum Frühstück und zwei Wurstsemmeln zu à vier Scheiben Extrawurst und einem halben Essiggurkerl zum Mittagessen; bis zum Dienstschluss um 23.30 Uhr kamen noch zwei Wurstsemmeln und zwei Käsesemmeln dazu. Und als ich dann nach 40 Kilometern Zugfahrt und drei Kilometern Radeln um 1:00 Uhr nach Hause kam gab es als Mitternachtsjause noch zwei trockene Semmeln. Wobei: trocken kann man Semmeln nicht nennen, wenn sie bereits mehrere Stunden in einem Nylonsackerl aufbewahrt worden waren.

Dazu gab es zwei Häferl Schwarztee, zwei Häferl Kaffee, vier Häferl grünen Tee und zwei Liter Trinkwasser.

Jetzt: Warum erzähle ich Ihnen das alles?

Erstens, weil ich immer schon einen Text schreiben wollte, in dem die Wortkombination „zu à vier Scheiben Extrawurst“ vorkommt.

Und zweitens, weil ich Ihnen damit ein Heilmittel in die Hand geben möchte: Ein Heilmittel gegen Schluckauf. Wenn jemand in ihrer Nähe unter Schluckauf leidet, fragen Sie ihn so ernst wie möglich: „Sag einmal, was hast du gestern eigentlich gegessen?“ Meist kommt zuerst die Antwort: „Ma, was hab’ ich wirklich gegessen?“ Bestehen Sie darauf, dass die Person minutiös aufzählt, was sie gegessen hat. Zur Not lassen Sie sie auch noch die Speisenfolge vom Vorvortag aufzählen. Und – schwuppdiwupp! – ist das Schluckauf verschwunden. Fragen Sie mich nicht warum es funktioniert, aber es funktioniert.

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Wasser- und Schallwellen (2007 / KW 20)

Schon vor exakt zwei Jahren wies ich auf den Radau hin, den Jetboote in den Donauauen zwischen St. Pantaleon und Wallsee verursachen. Damals bretterten so an die zehn Jetboote über die Wellen und strapazierten die Nerven der Erholungssuchenden. Als Reaktion bekam ich ein Mail einer Jetbootfahrerin, die mir Unwissenheit vorwarf, beschrieb, wie toll Jetbootfahren sei und meinte, die Donau sei für alle da. Sie empfahl: „Die Erholungssuchenden könnten ja auch etwas stromauf- oder -abwärts Ruhe finden!“ Ruhe kehrte natürlich nicht ein, da auch in den folgenden Jahren die Jetbootfahrer dort – unerlaubterweise! – fröhliche Urstände feierten.

Und jetzt soll bei Strengberg eine offizielle Jetbootstrecke eingerichtet werden? Wer sich erinnert, welchen Lärm die zehn Jetboote machten, kann sich vorstellen, wie laut es wird wenn – sagen wir 30 – Jetboote auf der zwei Kilometer langen Strecke auf und ab flitzen. Da muss man dann schon weit „stromauf- oder -abwärts“ reisen, um dem Lärm zu entkommen. Wer auf dem Donauradweg radelt weiß, wie gut dort Schallwellen weitergetragen werden. Selbst die Gespräche der Radler vom gegenüberliegenden Ufer hört man deutlich. Damit wären auch die Oberösterreicher Leidtragende der Jetbootstrecke; und die Aussiedler aus der Au, die am Hang südlich der Donau eine neue Heimat fanden, würden auch beschallt. Und das von früh bis spät und ganz legal.

Sollte sich die Jetbootstrecke – gegen den Widerstand der Anrainer – tatsächlich durchsetzen, dann kann ich nur empfehlen, den Donauradweg in dem Abschnitt zu meiden. Und zwar auf beiden Uferseiten.

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Die Hand im Schraubstock (2007 / KW 22)

Zu den Grundtechniken des Grüßens gehört das Händeschütteln. Hier kommt es vor allem auf die richtige Dosis des Händedrucks an. Fällt er zu locker aus, erweckt das den Eindruck, eine tote Hand zu schütteln. Unangenehmer aber ist es, wenn der Grußpartner die Hand ergreift und dann so fest er nur kann zudrückt. So einen Gast hatten wir vor einiger Zeit in der Redaktion. Nach der Begrüßung hatten wir Mühe, wieder Leben in die rechte Hand zurück fließen zu lassen.

Ich überlege, was passierte, wenn ein professioneller Händeschüttler – sagen wir einmal ein Landeshauptmann – so einen Schraubstockgriff hätte. Da ist etwa eine Spatenstichfeier und alle Festgäste stehen schon bereit. Nun kommt der Landeshauptmann an, schreitet die Reihen ab und zermalmt jedem einzelnen die rechte Hand. Die noch zu Grüßenden werden bleich vor Angst und die Gegrüßten winden sich vor Schmerz. Leute, die den schmerzhaften Griff des – wohlgemerkt frei erfundenen! – Landeshauptmanns schon kennen, verkriechen sich in den hintersten Reihen oder täuschen Verletzungen vor und hüllen die Hand in dicken Verband.

Auf meiner Motivations-Pinwand meiner früheren Arbeitsstätte hatte ich ein Foto, auf dem Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl abgebildet ist, dem ein Funktionär anscheinend überfest die Hand drückte. Man sieht Leitl deutlich an, dass er am liebsten vor Schmerz aufgeschrien hätte, für das Foto aber ein Lächeln hervorquälen musste. Lassen Sie mich dies als Warnung im folgenden Lehrsatz zusammenfassen: „Nicht jeder, der lächelt, ist frei von Schmerz.“

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Hart stechen – weich schneiden (2007 / KW 24)

Schon einmal berichtete ich an dieser Stelle vom edlen Handwerk des Spatenstechens. Meine Erfahrungen auf diesem Gebiet sind neuerdings um eine Facette reicher geworden; und diesen Reichtum will ich Ihnen, meinen sehr verehrten Damen und Herren, nicht vorenthalten. Vorigen Mittwoch wurde in Amstetten mit den Arbeiten am Hochwasserschutzprojekt Lewingbach begonnen und das Hochwasserschutzprojekt entlang des Gschirmbaches eingeweiht. Ich betone: Beides sind wirklich lobenswerte und sehr wichtige Projekte. (Siehe S. 18).

Zur Feier fanden sich zahlreiche Promis zum Spatenstechen und Banddurchschneiden ein. Aber nicht, dass Sie jetzt denken, diese Zeremonie fand vor Ort statt! Weit gefehlt: auf dem Gelände vor dem Feuerwehrhaus der FF Preinsbach wurde eine Tafel aufgestellt, die den Beginn des Lewingbach-Projektes illustrierte und eine weitere zum Thema Gschirmbach. Nun stellten sich die Promis mit ihren Spaten zur Lewingbach-Tafel und taten so, als würden sie ins Erdreich stechen. Doch dieses war derart hart, dass sie mit den Spaten gerade ein paar Erdbrösel aufheben konnten. Nachdem alle Fotografen ihre Bilder gemacht hatten, begab sich die Runde fünf Meter nach rechts zur Gschirmbach-Tafel. Jemand holte ein rotweißrotes Absperrband hervor. Dieses nahmen die Promis in die Hand und schnitten es in mehrere Stücke. Es klapperten die Fotoapparate und das wars dann. Außer den Fotografen verfolgte kaum jemand die Darbietungen der Ehrengäste, die zuvor bei ihren Ansprachen durchaus interessierte Zuhörer hatten. Dabei hätten sie es auch ruhig belassen können.


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Verkehrserziehung (2007 / KW 26)

Wer den Grad sozialer Kompetenz von Mitmenschen kennen lernen will muss nur deren Verhalten im Straßenverkehr beobachten. Da sieht man sofort ob es sich um verantwortungslose Rüpel oder um sozial kompetente Personen handelt – mit allen Schattierungen dazwischen. Da ich grundsätzlich an die Lernfähigkeit von Menschen glaube, betreibe ich immer wieder Verkehrserziehung. Schauplatz meiner pädagogischen Einsätze sind die Zebrastreifen in Amstetten. Zumindest zweimal täglich überquere ich die Straße auf dem Zebrastreifen und zumindest einmal täglich muss ich mir das erst erkämpfen. Und das ist bereits Teil meiner Lehrtätigkeit. Wer sich nämlich an den Straßenrand stellt und wartet bis ein Autofahrer freiwillig anhält, der wird lange warten. Daher schreite ich – scheinbar ohne auf heranbrausende Autos zu achten – zielstrebig auf den Zebrastreifen und überquere die Straße. Hier ist es wichtig nicht zu zögern oder auch nur die geringsten Anzeichen zu geben, dass ich auch nur in Erwägung ziehen könnte, vielleicht doch zu warten. Natürlich gibt es auch Rüpel am Steuer, die grundsätzlich ebensowenig in Erwägung ziehen, vor einem Zebrastreifen anzuhalten. Und hier kommt es dann zum Kampf der besseren Nerven, den ich meist gewinne – zumal das Überfahren eines Zebrastreifens mit einem Eintrag im Führerscheinregister verbunden ist.

Damit Sie sich jetzt keine Sorgen machen, verrate ich Ihnen ein Geheimnis: In Wirklichkeit beobachte ich die heranfahrenden Autos sehr genau und täusche nur vor, sie nicht zu sehen. Auch meine Entschlossenheit, die Straße auf alle Fälle zu überqueren ist nur vorgetäuscht, wenngleich gut gespielt. Aber bitte erzählen Sie das niemals den Rüpeln weiter.

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Bald werde ich furchtbar reich sein (2007 / KW 28)

Wenn Sie mich demnächst in teuerste und protzige Designerkleidung gewandet und dicke Zigarren rauchend durch die Gegend schlendern sehen, wenn ich mit einer aufgetakelten Luxuslimousine durch die Stadt fahre – wobei ich meinen linken Ellbogen lässig auf dem offenen Fenster ruhen lasse, damit alle meine goldene Rolex sehen können, wenn ich in meinen sündteuren Sonnenbrillen extracool aussehe, wenn ich plötzlich nur noch in exklusiven Szenelokalen verkehre und bunt schillernde Cocktails trinke, dann wissen Sie: Ich will Ihnen krampfhaft zeigen, dass ich reich bin. Hochnäsig, wie ich dann sein werde, werde ich Ihnen natürlich nicht mitteilen, woher ich das viele viele Geld habe.

Darum muss ich Ihnen das jetzt schon erzählen, wo ich noch nicht reich bin und mein freundliches Wesen noch behalten habe: Das viele viele Geld wird mir der Bill Gates gegeben haben. Denn der verschenkt bekanntlich im Rahmen eines „E-mail beta Tests“ für jedes weiter geleitete Mail 243 Euro.

Ja, und das ist kein Schmäh, steht in dem Mail, das ich von einem freundlich gesonnenen Mitmenschen bekommen habe. Denn seine Freundin – so schreibt er – sei Anwältin und die kenne das Gesetz und daher wisse sie, dass es Bill Gates niemals wagen würde, das viele viele Geld nicht zu zahlen. Ich brauche also nur das besagte Mail an zig Personen weiterleiten und kurz darauf werde der Scheck ins Haus flattern, mit dem ich mir alle die Angeberutensilien finanzieren kann.

Sollten Sie mich aber weiterhin in Jeans gekleidet und nichtrauchend Fahrrad fahren sehen, dann hat es sich bei dem Mail doch nur um einen Hoax gehandelt.

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Grillen statt Putzen (2007 / KW 34)

Wie Sie vielleicht bemerkt haben, habe ich mir den unglaublichen Luxus von über vier Wochen Urlaub geleistet. Jetzt werden Sie vielleicht meinen, dass ich diese für eine Mount Everest Expe-dition, für Paragliding vom Kili-mandscharo, für Surfen in Hawaii, für eine Bärenjagd in Kanada oder Beerenpflücken im Schwarzwald genutzt habe. Weit gefehlt! Ich hab’s mir gemütlich gemacht und vor allem Wanderungen und Fahrradtouren in der Region unternommen. Meine fernsten Reiseziele in diesem Sommer waren Wien, Donnersbachwald, Molln und Trattenbach. Lassen Sie mich nicht vergessen, dass ich Ihnen eine lustige Geschichte über Trattenbach erzähle.

Aber Sie sind wahrscheinlich vor allem an den großen Erkenntnissen interessiert, die ich in diesem Sommer gewonnen habe. Eine meiner elementaren Erkenntnisse: Wenn ich wollte, dass meine Wohnung immer in 1a-tipptopp-Zustand geputzt und zusammengeräumt wäre, müsste ich täglich zwei Stunden putzen, fegen, wischen und staubwedeln. Vorausgesetzt ich würde zugleich aufs Kochen verzichten, das Bad nicht benutzen und auch keine FreundInnen zum Essen einladen. (Ja, Herr V.G.N., Sie dürfen mich gerne dafür rügen, dass ich soeben widerrechtlich das große Binnen-I verwendet habe.)

Jetzt liegt mir aber im Urlaub nichts ferner als eine „Tour de Putzfetzen“ durch die Wohnung zu unternehmen; da könnte ich ja gleich auf den Mount Everest steigen. Und wenn schon einmal mehrere FreundInnen (!) Zeit haben, dann wäre es doch eine Schande, müsste ich darauf verzichten, den Griller anzuwerfen und mein gesamtes Geschirr zu benützen.

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Lost in Trattenbach 1 (2007/ KW 36)

Und jetzt also Trattenbach: Es war ein verdammt heißer Dienstag. Ich fuhr mit dem Zug nach Trattenbach und stieg auf den Schoberstein. Je mehr ich mich dem Schobersteinhaus näherte, desto sehnlicher wurde meine Vorfreude auf ein Tellerfleisch und einen Hollersaft. Doch als ich endlich ankam: Dienstag Ruhetag. Na, dann würde ich halt beim Abstieg im Gasthaus speisen; dachte ich, doch: ausgestorben. Gut, dann würde ich halt in der Bäckerei in Trattenbach was kaufen; dachte ich, doch: Sperrtag. Da würde ich halt warten bis ich wieder daheim bin und dann jausnen. Um 16:50 würde ich einen Zug haben, um 17:38 würde ich in St. Valentin ankommen; dachte ich, doch: Der Zug kam nicht um 16:50; er kam nicht um 17:50 und um 18:50 war er noch immer nicht da ... Der Bahnhof von Trattenbach ist nicht besetzt und es gibt auch keine Anzeigentafel. Also rief ich das ÖBB Call Center an. Dort sagte die Elektrodame: „Wollen Sie die Schuhbänder binden, wählen Sie die eins, wollen Sie am Rücken gekratzt werden, wählen Sie die zwei ...“ Es kamen mehrere Optionen, aber keine passte zu meinem Wunsch zu fragen, wo denn der vermaledeite Zug bleibe. Schließlich sagte die Elektrodame in vorwurfsvollem Ton „Sie haben keine Auswahl getroffen!“ und legte auf. Ich wählte noch einmal das Call Center, drückte aufs Geradewohl die Eins. Ein freundlicher Herr meldete sich und fragte mich, was er für mich tun könne. Ich schilderte meine Situation. Daraufhin verband er mich zu einer freundlichen Dame, die mich fragte was sie für mich tun könne. Ich schilderte meine Situation. Darauf hin verband sie mich zu einer weiteren freundlichen Dame, die mich fragte, was sie für mich tun könne. Fortsetzung folgt!

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Lost in Trattenbach 2 (2007/ KW 37)

Was bisher geschah: Nach einer Wanderung auf den Schoberstein saß ich hungrig beim Bahnhof in Trattenbach, aber kein Zug kam daher. Ich rief im ÖBB Call Center an, um zu fragen, wo denn der Zug bleibe, wurde aber immer nur weiter verbunden. Endlich: eine freundliche Dame sagte, es habe eine Schienenverwerfung gegeben, aber ein Schienenersatzverkehr sei bereits unterwegs und ich solle meinen Humor nicht verlieren. Um 17:50 drohte ich meines Humors verlustig zu gehen und rief wieder im Call Center an. Nach tausendmal weiterverbunden werden sagte eine freundliche Dame mir, um 18:15 werde ein Schienenersatzverkehr kommen. Um 18:30 rief ich wieder an. Eine freundliche Dame sagte zuerst: „Alle Züge verkehren plangemäß“, worauf ich erwiderte, dass ich seit 16:40 beim Bahnhof Trattenbach sitze und dass überhaupt keine Züge verkehren. Sie sagte „Einen Moment bitte!“ dann nach langer Zeit, in der Schweigen herrschte: möglicherweise habe der Schienenersatzverkehr „straßenbedingt“ Verspätung. Mehr könne sie auch nicht sagen. Um 18:45 rief ich wieder an. Eine ander freundliche Dame sagte, dass der Zug nun repariert sei und in zwei Minuten kommen werde.

19:15: Ich rief einmal mehr an, schilderte wieder einer anderen freundlichen Dame meine Situation und merkte an, dass mir allmählich fad werde – verloren in Trattenbach. Die gute Dame meinte, sie könne das verstehen und gestand, dass es „da“ ein bisschen ein Chaos gebe. Wobei sie offen ließ, was sie unter „da“ meinte. Sie empfahl mir, beim Bahnhof zu bleiben und zu warten. Vielleicht komme ja eines Tages doch noch ein Zug.

Fortsetzung folgt!

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Lost in Trattenbach 3 (2007/ KW 38)

Viele Leserinnen und Leser fragen sich: Wird es Norbert in der dritten Folge von „Lost in Trattenbach“ gelingen, seinen Heimatort zu erreichen? Wir werden sehen. Es war 19.30 Uhr. Sechsmal hatte ich schon im ÖBB Call Center angerufen, um mich zu erkundigen, wo denn der Zug bleibt, der um 16.50 Uhr kommen hätte sollen. Dabei erfüllte sich folgende Regel: „Sobald Sie ein Call Center anrufen müssen haben Sie bereits verloren!“ Denn jede Auskunft, die ich von den freundlichen Damen bekam, war falsch.

Die Nachbarn des Bahnhofs Trattenbach zeigten bereits reges Interesse an meinem Schicksal. Drei Männer gingen zum Beispiel fischen. Als sie zurück kamen fragten sie mich: „Na, ist der Zug noch immer nicht gekommen?“ Ein anderer Anrainer erzählte, dass er hier auch schon einmal vergeblich auf den Zug gewartet habe. Eine Nachbarin versorgte mich mit Trinkwasser. Und alle diskutierten über mein Schicksal.

Schließlich bot mir eine Frau an, mich mit dem Auto nach Ternberg zu fahren. Sie habe gehört, dass dort angeblich wieder Züge verkehrten.

In Ternberg traf ich eine Gruppe Wartender. Das ist immerhin aufmunternder als alleine auf einem in Stich gelassenen Bahnhof zu warten. Eine der Wartenden erzählte mir, dass sie Lokführerin sei und den Auftrag bekommen habe, mit dem Zug nach Kleinreifling zu fahren. „Aber sie haben meinen Zug gestohlen“, sagte sie: Als ihr Zug ankam, übernahm ihn der Lokführer und fuhr ihn zurück nach Steyr. Die Lokführerin rief ihren Chef an und fragte, was los sei. Er sagte, er wisse von nichts, und sie solle einfach warten. Aber siehe da: Um dreiviertel neun kam ein Zug und brachte mich heim.

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Geräusche zum Wändehochklettern (2007/ KW 39)

Es gibt an sich harmlose Geräusche, die einen kalte Schauer über den Rücken laufen lassen und bewirken, dass man am liebsten die Wände hochkletterte. Fast jeder von uns kennt solche Geräusche. Die einen erstarren, wenn jemand mit dem Fingernagel über Styropor streicht, andere gehen in die Luft, wenn jemand mit dem Messer oder der Gabel auf einem Porzellanteller quietscht. Ist man von Bösewichten umgeben, tut man gut daran, nicht zu verraten, welche Geräusche besonders schmerzen.

Zu meiner Schulzeit litt ich besonders, wenn jemand ein Lineal in den Mund nahm und die Millimeterstricherl über die Zähne rattern ließ. Hätte ich das aber zugegeben, hätte sich die ganze Klasse lieber die Zähne ruiniert als sich entgehen zu lassen, mich die Wände hochklettern zu sehen. Selbst war ich natürlich auch kein Lamperl: Einmal wettete ich, dass ich einen Nagel der Länge nach in eine Kreide stecken kann ohne dass sie dabei zerbricht. Das war mit einer Wasser getränkten Kreide ganz leicht. Nach gewonnener Wette ließ ich die Kreide irgendwo liegen. Als der Lehrer mit dieser Kreide einen großen Kreis auf die Tafel zeichnete legte er die Spitze des Nagels frei, der gleich ein tolles Knirschgequietsche ertönen ließ. Das war zwar nicht meine Absicht, aber ich genoss es trotzdem, dass diesmal die halbe Klasse die Wände hochkletterte.

Da wir ja unter uns sind, darf ich Ihnen noch so ein Geräusch verraten, das in mir das kalte Grauen hervorruft: Da gibt es diese Vexierbilder, die von jeder Seite ein anderes Bild zeigen. Wenn Sie in meiner Gegenwart mit den Fingernagelspitzen darüber streichen, können Sie mich anschließend mit einer Spachtel von der Wand kletzeln.

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Die Suche nach der ultimativen Teekanne (2007/ KW 41)

Es gibt Anschaffungen, die sich wirklich lohnen. Nehmen wir zum Beispiel die Teekanne, die ich täglich verwende. Ich habe darin sicher schon 3000 (in Worten: dreitausend) Liter Tee zubereitet. Dass ich den größten Teil davon selbst getrunken habe – hin und wieder hatte ich ja Gäste zum Frühstück – erfüllt mich mit Ehrfurcht und Staunen. Jetzt geht diese Teekanne allerdings schön langsam aus dem Leim, oder besser aus dem Email. Denn es handelt sich um eine rot emaillierte Kanne, die ich dereinst in einem Dorf in Frankreich auf einem Wochenmarkt bei einer alten Standlerin erstanden habe. Dieses Detail erzähle ich Ihnen nur deshalb damit Sie erfahren, dass ich mit dieser Teekanne viele Erinnerungen verbinde. Und diese Erinnerungen prägen auch den Geschmack des Tees.

Trotzdem bin ich schon seit zwei Jahren auf der Suche nach der ultimativen Teekanne, die, wenn es soweit ist, die alte rote ersetzen wird. Ich habe zwar schon viele gesehen, die mir gefallen hätten, aber allen sah ich auf den ersten Blick an, dass sie tropfen würden. Damit fallen sie auch schon aus. Früher gab es geniale Tee- und Kaffeekannen mit einem kleinen Loch im Schnabel. Durch dieses Loch konnte der Tropfen zurück in die Kanne fließen. Solche Kannen gibt es nur noch auf Flohmärkten und in Altwarengeschäften. Leider habe ich noch keine gefunden, die dieses Antitropf-System hat UND die ultimative Form, die ich hier nicht beschreiben will.

Möglicherweise wird aber eine andere Erfindung die Welt erobern: der tropffreie Tee. So wie es tropffreien Klebstoff gibt, müsste es doch auch möglich sein, tropffreien Tee herzustellen.

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An meiner Teekanne habe ich mehr Freude (2007/ KW 43)

Jetzt noch einmal zurück zu meiner roten Teekanne. Mein Auto hat so ziemlich die selbe Farbe. Aber ein großer Unterschied besteht zwischen der Teekanne und dem Auto: Die Teekanne tropft nicht. Was will ich damit schon wieder sagen? Nun: Als ich mir vor etwas über drei Jahren einen Neuwagen kaufte, ging ich davon aus, dass ich mit diesem für ein paar Jahre sorg- und pannenlos fahren würde. Aber: Irrtum! Vor ein paar Wochen, es regnete heftig, stieg ich ins Auto und hätte genauso gut in ein Plantschbecken steigen können, denn im Auto stand Wasser und von der Decke tropfte "es". Nach zwei Werkstattbesuchen war das Problem behoben.

Vorige Woche – ich saß gerade in der Redaktion in Amstetten, mein Auto stand in St. Valentin – rief mich mein Nachbar an und sagte, aus dem Auto würde Benzin tropfen. Ich verständigte die Werkstatt und das Team holte das Auto noch am selben Abend und hatte es am nächsten Tag repariert. Eine Benzinleitung war undicht geworden und das Auto hatte 20 (zwanzig!) Liter Benzin verloren.

Neben dem Schaden für die Umwelt kostete mich der Spaß über 100 Euro. Natürlich bat ich den Generalimporteur um eine Stellungnahme. Doch außer der Bitte um Verständnis konnte mir dieser nichts anbieten.

Das Fortbewegungsmittel, das ich am öftesten benutze, ist die Bahn. Als ich dereinst einen Beschwerdebrief – Sie erinnern sich: "Lost in Trattenbach" – schrieb, bekam ich einen langen Brief zurück, in dem auf jeden einzelnen Beschwerdepunkt eingegangen wurde. Und ein Gutschein lag auch bei.

An meiner Teekanne habe ich entschieden mehr Freude als an meinem Auto.

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Der singende Kaffee (2007 / KW 45)

Wenn Sie – geneigte Leserinnen und Leser – einmal bei uns in der Redaktion vorbeischauen, kann es sein, dass gerade jemand von uns Kaffee kocht. Wundern Sie sich bitte nicht, wenn der dann mit dem Löffel leicht von oben auf den Tassenboden klopft nachdem die Tasse mit heißem Kaffee gefüllt ist. Nicht dass Sie glauben, er wäre nervös. Nein: Er führt mit dem Geklopfe ein wissenschaftliches Experiment durch. Wenn Sie genau zuhören, merken Sie, dass der Ton, den er erzeugt, wie „tock, tock, tack, tack, teck, teck, tick, tick“ klingt, also immer höher wird. Wenn man dann umrührt, beginnt es wieder mit dem tiefen Ton bis irgendwann einmal die Tonhöhe konstant bleibt. Seit einem Jahr führe ich dieses Experiment regelmäßig durch. Und es funktioniert nur mit heißem Kaffee und manchmal – wenn ich es einem Zweifler vorführen will – funktioniert es gar nicht. Ich trinke Fairtrade-Kaffee, nach der Bistro-Methode zubereitet, oder Löskaffee, eine Kollegin kocht Filterkaffee und eine andere Kapselespresso. Bei allen ändert sich die Tonhöhe beim Klopfen.

Welches physikalische Prinzip dahinter steckt, weiß ich nicht. Jeder, den ich frage, hat eine andere Erklärung für das Phänomen. Vorige Woche fragte ich einen Akustik-Experten. Er erklärte mir, das sei der bekannte „Cappuccino-Effekt“, der daher komme, dass der heiße Kaffee nach oben steigt und der kalte nach unten sinkt. Und kälterer Kaffee klinge höher, weil er dichter ist. Sucht man im Internet nach „Cappuccino-Effekt“, findet man Erklärungen und Abererklärungen für das Phänomen aber stets andere und zum Teil ganz widersprüchliche. Falls jemand von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, eine schlüssige Erklärung für den Effekt hat, wäre ich äußerst dankbar.

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Pattstellung in der Warteschlange 2007/KW47

Üblicherweise verlasse ich Veranstaltungen nach dem offiziellen Teil und sobald das Buffet eröffnet wird. Dieser Tage wollte ich mir aber vor dem Fahren noch ein Gläschen Birnensaft genehmigen. Daher reihte ich mich in die Schlange ein, die sich den Futtertrögen entgegen wälzte. An einer Engstelle kam uns eine junge Frau entgegen, die bereits einen vollen Teller ergattert hatte. Sie entdeckte in der Warteschlange eine Bekannte und rief voll Freude: „Jo seavas, haaallo, grias di! Wie geht’s da denn?“ Worauf sich zwischen den beiden Frauen ein herzliches Gespräch entspann. Anscheinend hatten sich hier zwei lang vermisste Freundinnen gefunden, die einander viel zu berichten hatten – was sie denn auch ausgiebig taten.

Jetzt aber: Die Kombination Engstelle, zwei Warteschlangen und langes Gespräch ist nicht so ideal. Weder die zu den Trögen drängenden noch die mit den gefüllten Tellern zurück drängenden Festgäste kamen vom Fleck.

Zum Glück waren bei der Veranstaltung ausschließlich zivilisierte Gäste anwesend, die das Ende des Gesprächs mit Ruhe abwarteten oder versuchten, sich neue Wege zum Ziel zu bahnen.

Wie sich die gut informierten Leserinnen und Leser sicher erinnern, wohnte ich in einem früheren Leben in Wien. Dort kam es oft zu ähnlichen Pattstellungen, wenn Fahrgäste aus dem U-Bahn Waggon stiegen und direkt vor der Tür stehen blieben, um sich zu orientieren; oder auch Bekannte trafen, die gerade einsteigen wollten. Da dauerte es allerdings nur wenige Sekunden bis sich der Wiener Charme mit „Wos iiis? Gemma, gemma!“ zu Wort meldete.

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„Einladung“ 2007/KW49

Warnung! Bitte verteile diesen Hinweis an Deine Freunde, Familienangehörige und weitere Kontaktpersonen! In den kommenden Tagen solltest Du aufmerksam sein und keinen Zeitungsartikel mit dem Titel „Einladung“ lesen, unabhängig davon, wer Dir die Zeitung gebracht hat und wer den Artikel verfasst hat. Denn es handelt sich um ein Virus, das eine Olympia-Fackel öffnet, die die gesamte PC-Festplatte zerstört.

„Wie soll bitteschön ein Zeitungsartikel meine PC-Festplatte zerstören“, werden Sie, liebe Leserinnen und Leser, mit Recht fragen. Auf die gleiche Weise wie die E-Mails mit dem Betreff „Einladung“, vor denen gerade so eifrig gewarnt wird: Nämlich gar nicht! Und was ist mit der Olympia-Fackel? Ebenfalls Humbug, liebe Leserinnen und Leser. Solche E-Mails gibt es gar nicht! Überhaupt können Sie getrosten Mutes alle ähnlichen Warnungen vergessen, denn es handelt sich um sogenannte Hoaxes, also Scherzmails.

Weil diese Mails aber recht überzeugend geschrieben sind, fallen immer wieder Leute auf solchen Unfug herein und verbreiten die Scherzmails mit einer Leidenschaft, dass es eine Freude ist. Die Warnung vor der Olympia-Fackel bekam ich innerhalb weniger Tage gleich fünfmal. Jedesmal mit kiloweise frischer E-Mail Adressen, die unseriöse Menschen zu gutem Geld machen würden. Zum Glück begnügte ich mich damit, den Absendern ein Mail mit dem Betreff „Einladung“ zu schicken. Ich kann mir vorstellen, wie sie das Mail entdecken und erschrecken. Aber keine Sorge: Wer so ein Mail öffnet bekommt keine Olympia-Fackel sondern nur meinen Aufruf „Lass dich nicht pflanzen!“

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Was wurde eigentlich aus dem Hermann? 2007/KW51

Wenn man in ein Alter kommt, das dem meinen plus/minus ein paar Jahre entspricht, dann stellen sich immer häufiger Fragen, die mit „Was wurde eigentlich aus ...“ beginnen. Leute, die jünger sind, mögen die Chance nützen, sich davon an langen Winterabenden erzählen zu lassen, wenn draußen der Schneesturm heult und drinnen das Feuer im offenen Kamin knackt oder zumindest die Teekanne über dem Stöfchen knirscht.

Da drängt sich mir gleich die erste Frage auf, die Sie mir leider nicht beantworten können: Ich frage mich, was eigentlich aus meinem Stöfchen wurde. Vor vielen Jahren hatte ich mir eins gekauft und auch eine Zeit lang benutzt. Jetzt, etliche Wohnungswechsel später, kann ich beim besten Willen nicht mehr sagen, wo ich es zurück gelassen habe. Geblieben ist mir ein Sackerl voller Teelichter, das ich schon bei vier Umzügen immer wieder im Reisegepäck hatte.

Eine Frage, die Sie – liebe Leserinnen und Leser – vielleicht beantworten können: Was wurde eigentlich aus dem Hermann. Bitte achten Sie auf meine Wortwahl: ich fragte nicht nach Hermann sondern nach DEM Hermann. Hier handelt es sich nicht um eine Person sondern um eine Art Sauerteig. Die bekam man geschenkt, vermischte sie mit Wasser, Mehl und anderen Zutaten und nahm dann einen Teil zum Backen, einen Teil hob man auf und einen Teil schenkte man weiter. Eines Tages fand man niemanden mehr, dem man noch einen Hermann schenken konnte, weil alle schon einen hatten. Aber wo ist der Hermann heute? Lebt einer noch, dessen Urahn ich vor Jahren weiter geschenkt hatte?

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Gut informierte Zugreisende 2008/KW1

Zu den wichtigsten Serviceleistungen einer Firma oder Gesellschaft gehört die Kommunikation mit den Kunden. Die ÖBB sind dabei, diese Technik zur Perfektion zu bringen. Über Lautsprecher werden die Reisenden informiert, welche Bahnhöfe angesteuert werden und welche Anschlüsse dort zur Verfügung stehen. Eine der schönsten Lautsprecherdurchsagen hörte ich bei einer Intercityreise von Amstetten nach Linz. Kurz vor Linz hielt der Zug auf offener Strecke. Dann kam: „Zugführer bitte beim Triebwagenführer melden!“ Letzterer ließ die Lautsprecheranlage eingeschaltet, so konnten die Reisenden noch folgende Gesprächsteile mithören: „Sog, wo steckst? Geh kunntast ned zur 14er Achs schaun. I glaub die is voi vabremst!“ Kurz darauf kam ein herzhaftes: „Heid beads oba wieda gscheid. Und des scho in gaunzn Tog!“

Sehr zur Erheiterung der Fahrgäste, die sich über etwas Abwechslung an dem trüben Spätherbsttag freuten. Daraufhin wendete sich der Lokführer an die Reisenden: „Werte Fahrgäste! Aus betrieblichen Gründen verzögert sich die Weiterfahrt. Wir bitten um Ihr Verständnis.“ Das wurde natürlich gern gewährt. Die Reisenden nickten einander wissend zu, denn: „Wenn’s bead, dann bead’s!“

Ich persönlich habe das Gefühl, dass sich das „Bodenpersonal“ der ÖBB mit vollem Einsatz und Engagement um einen reibungslosen Betrieb abmüht. Dass in den Managementetagen mehr darüber nachgedacht wird, wie man an der Börse Geld machen – oder auch nicht machen – könne, das hilft den Angestellten wenig. Investitionen in einen ordentlichen Fuhrpark wären wesentlich hilfreicher, auch für die Reisenden.

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Gehen ist ganz schön kompliziert 2008/KW5

Die meisten Kleinkinder beginnen im Alter von einem Jahr zu gehen. Da sollte man meinen, dass Erwachsene dann schon einige Übung in dieser Fortbewegungstechnik haben. Alleine zu lustwandeln fällt auch keinem schwer. Wesentlich komplexer ist das Gehen zu zweit oder in der Gruppe. Da gibt es zum Beispiel Leute, die können nicht gleichzeitig gehen und reden. Das Gehen nötigt ihnen anscheinend dermaßen viel Konzentration ab, dass sie beim Reden immer stehen bleiben müssen; was für die Mitgeher mitunter mühsam ist.

Ein gewisses Maß an sozialer Kompetenz ist beim zu zweit-Gehen erforderlich. Hier gilt es nicht nur, die eigene Bahn zu berechnen sondern auch die der zweiten Person. R. hat in diesem Bereich noch Lernpotential. Wenn ich neben ihm durch eine Stadt gehe, sagen wir auf einem belebten Gehsteig, dann zieht er unbarmherzig seine Idealbahn, während ich neben ihm ständig Laternen, anderen Fußgängern, Werbetafeln oder Tierschutzkeilern ausweichen muss. Am Ende des Weges habe ich dann vor lauter Ausweichen die doppelte Strecke zurück gelegt.

Einen Vorteil hat R.s Gehtechnik: Wenn ich in Gesellschaft davon berichte und meine Ausweichmanöver beschreibe, ernte ich immer

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Spuren im Netz 2008/KW7

Im Lichte der aktuellen Innenministeriums-Affäre fragen sich viele, wieweit Polizeibefugnisse gehen sollen, wenn es um Überwachung und Datensammlung von Privatpersonen geht. Immerhin genügen ganz wenige korrupte Personen in einer sonst seriösen Institution, um Daten an falsche Personen weiterleiten zu können, etwa Informationen über Ihren Gesundheitszustand an eine Versicherung oder einen potentiellen Arbeitgeber.

Auch ohne polizeiliche Überwachung gibt es eine Stelle, wo über fast alle von uns Informationen für jedermann einsehbar sind, und das ist das Internet. Daher ist es ratsam, hin und wieder „Ego-Surfing“ zu betreiben, um herauszufinden, was andere sehen, wenn sie Ihren Namen in eine Suchmaschine eingeben. Sie werden sich wundern, was alles über Sie im Netz steht und auf welche Art Ihr Name ins Netz kommt. Ich habe zum Beispiel einmal ein Kochbuch bei einem Gewinnspiel einer Suppenwürfelfirma gewonnen. Obwohl die Liste der Gewinner längst aus dem Netz verschwunden ist, verknüpft die Suchmaschine noch immer meinen Namen mit der Suppenwürfelfirma. Auf einer Internet-Seite, auf der Molkereierzeugnisse miteinander verglichen werden, fand ich mein Buch „Kabelsalat und Topfen“, weil die „Seite“ geglaubt hat, hier handle es sich um ein Milchprodukt.

Ich empfehle, dass Sie auf Ihren sekundären Internet-Auftritt achten: Nicht was jemand auf der eigenen Homepage über sich preisgibt ist hier gefragt, sondern was andere über ihn im Netz bekannt geben. Denn diese Spuren im Netz bleiben für lange Zeiten erhalten und sind für alle einsehbar. Auch ohne polizeiliche Überwachungsmethoden.

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Nervtötende Töne – Rund um die Uhr 2008/KW9

Es begann mit meiner Handy-Rechnung in der stolzen Höhe von 75 Cent. (Ja, Sie haben sich nicht verlesen, und ich habe mich nicht vertippt!) Auf der Rechnung stand, man könne rund um die Uhr bei der Servicenummer anrufen und eine Sperre für Mehrwert-SMS veranlassen. „Au fein!“ dachte ich, und da es gerade „rund um die Uhr“ war rief ich gleich an. Eine Elektrostimme sagte mir, was man alles erfragen könne, wenn man auf eins, zwei und so weiter drücke. Mein Wunsch werde unter der Nummer neun erfüllt. Doch da kam keine liebliche Stimme, die mich nach meinem Begehr fragte. Nein, es kam ein derart nervtötendes Geräusch, dass im Vergleich dazu selbst die Geräusche, die aus einem Zahnbehandlungszimmer in den Warteraum dringen, wie liebliches Vogelgezwitscher anmuten. Es klang, als hätte jemand mit einem elektronischen Gerät versucht Musik zu imitieren. Ich stellte mir vor was dann geschah: Der Nichtmusiker nahm das Ergebnis auf Tonband auf. Dann spulte er das Band ab formte daraus einen Ball, über den er eine Straßenwalze fahren ließ. Anschließend steckte er das Band in einen Druckkochtopf und ließ es eine Stunde garen. Schließlich bügelte er es mit der heißesten Bügeleisenstufe, spulte es wieder auf und schickte es an das Call-Center, wo es mir nun am Telefon vorgespielt wurde. Ich weiß nicht, ob die Call-Center Mitarbeiter wissen, was die Leute so hören, solange sie auf eine freie Leitung warten. Vielleicht sehen sie auch ein Licht blinken und schließen Wetten ab, wie lange es der Anrufer wohl aushält. Ich jedenfalls beendete den Versuch nach zehn Minuten. Danach war ich streichfähig und bereit auch Mehrwert-SMS zu empfangen.

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Halber Fahrpreis – halbes Gurkerl 2008/KW11

Lassen Sie mich mit einer kleinen Rechenaufgabe beginnen: Wie viel macht 8,6 geteilt durch zwei? Sollten Sie jetzt sagen 4,3: Gratulation! Sie sind zum selben Ergebnis gekommen wie ich. Kommen Sie aber auf 5,2, dann darf ich eine geistige Verwandtschaft zu den Rechenstuben der ÖBB vermuten. Denn diese bietet eine Fahrkarte um 8,60 Euro zum halben Preis von 5,20 Euro an. Und damit hier kein Missverständnis entsteht: Ich habe diese am Automaten gelöst. Denn beim Schalter bekommt man mit der Vorteilscard ja nur 45 Prozent Ermäßigung. Oder zumindest das, was die ÖBB unter 45 Prozent versteht. Auf der Karte, die ich erstanden habe steht allerdings ganz deutlich „VT-50%“. Da habe ich nicht nur mich sondern auch die Servicestelle der ÖBB gefragt, wohin denn die restlichen 90 Cent geflossen sind. Vielleicht in jenen Topf aus dem dann die Supergehälter der Spitzenmanager bezahlt werden? Antwort bekam ich keine.

Noch eine Firma ist mir eine Antwort schuldig: Meine Lieblings-Essiggurkerlfirma wirbt damit, dass die Gurkerl in eine Marinade mit belebtem Wasser nach Grander eingelegt werden.

Ich schrieb: „Seit Sie die Gurkerl in eine Marinade mit Grander-Wasser einlegen, beobachte ich folgendes Phänomen: Am Abend nehme ich ein Gurkerl aus dem Glas und teile es in zwei Hälften. Die eine Hälfte esse ich, die andere Hälfte werfe ich zurück ins Glas. Und bis zum nächsten Abend ist die fehlende Hälfte wieder nachgewachsen.“

Warum ich auf diesen Brief keine Antwort bekam bleibt mir ebenso ein Rätsel wie die Wunderwirksamkeit des belebten Wassers.

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Steiniger Weg zur Arbeit 2008/KW13

Das kennen Sie sicher: Sie wandern gut gelaunt des Weges, da hüpft ein kleines Steinchen irgendwie in den Schuh; gerade groß genug, um lästig zu sein. Eine Zeit lang versuchen Sie, das Steinchen zu ignorieren, dann versuchen Sie durch Tippen auf die Schuhspitze oder Krümmen der Zehen den Stein an eine Stelle des Schuhs zu bringen, wo er nicht stört. Schließlich bleibt Ihnen aber doch nicht erspart den Schuh auszuziehen und den Stein heraus zu klopfen. So weit so gut. Bei meinen letzten beiden „Stein-im-Schuh“-Erlebnissen war es bei weitem schwieriger. Einmal geschah es bei strömendem Regen auf einer belebten Straße in Amstetten. In einer Hand hielt ich den Schirm, in der anderen meine Tasche. Beides hätte ich irgendwo hinlegen müssen. Ich fand aber keine trockene Stelle.

Beim zweiten Mal hatte ich es sehr eilig. Ich war auf dem Weg zum Bahnhof. Zuvor hatte ich wertvolle Minuten verloren, denn die Katze des Nachbarn nutzte den Moment, als ich meine Wohnungstür öffnete, um herein zu huschen. Da musste ich zurück, die Katze fangen. Als ich sie hinaus trug, versuchte sie mich zu erweichen, indem sie voll Inbrunst schnurrte. Wie sie merkte, dass ihr das nichts nützt, schaute sie mich so traurig wie nur irgend möglich an, um mir wenigstens ein schlechtes Gewissen zu machen. Vielleicht hat sie mich auch verwunschen, denn ich hatte gleich nach den ersten Schritten einen Stein im Schuh, war aber so spät dran, dass keine Zeit mehr blieb, ihn zu entfernen. Da durfte ich hurtigen Schritts die drei Kilometer zum Bahnhof humpeln. Würden Sie mir glauben, wenn ich jetzt erzählte, dass der Zug genau an dem Tag zehn Minuten Verspätung hatte? Ich überlasse es Ihnen.

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Als ich einmal eine Reisetasche stahl 2008/KW15

Ich darf mich an dieser Stelle als „Mehrfacherzähler“ outen. Mehrfacherzähler erzählen manche Geschichten immer wieder, entweder weil sie vergessen haben, dass sie sie schon erzählt haben oder weil die Geschichte einfach zu gut ist, um nur einmal erzählt zu werden. Die Zuhörer tun gnädigerweise so, als hörten sie die Geschichte zum ersten Mal. Besonders bei Familienfeiern gibt es einen Fundus an Geschichten, die immer wieder kehren und sich dabei weiterentwickeln bis dann eine Generation herangewachsen ist, die den Wahrheitsgehalt nicht mehr überprüfen kann.

Eine meiner Lieblingsgeschichten, die ich immer wieder gern erzähle, handelt davon, wie ich einmal einer alten Frau die Reisetasche gestohlen habe. Und das kam so: In meinem früheren Leben als Student besuchte ich so alle zwei Wochen meine Eltern. Beim Zurückfahren war es immer dasselbe: Ich hatte immer eine Reisetasche und ein Nylonsackerl dabei. Diese stellte ich am Bahnhof beim Fahrkartenschalter ab, kaufte die Karte, nahm Tasche und Sackerl und ging zum Zug – volle Routine also. Einmal aber hatte ich NUR ein Sackerl dabei. Ich kaufte mir die Fahrkarte, nahm wie gewohnt Sackerl und Reisetasche und ging zum Zug. Da schrie eine alte Frau: „Meine Tasche! Haltet den Dieb!“ Als ich merkte, dass sie damit mich meinte, fiel mir ein, dass ich diesmal ja keine Tasche mit hatte. Ich entschuldigte mich, gab die Tasche zurück und ging meiner Wege.

Wie oft die alte Dame dieselbe Geschichte – aus ihrer Sicht natürlich – schon erzählt haben mag, kann ich nur vermuten. „Stell dir vor“, wird sie wohl angefangen haben, „da wollte mir einer die Tasche stehlen ...“

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Wiedergefunden und endgültig verloren 2008/KW17

Sie erinnern sich sicher noch an die Geschichte meiner unverwüstlichen treuen Begleiterin in allen Lebenslagen, meiner roten Email- Teekanne. Und jetzt das Schweizer Taschenmesser in der selben Farbe: Hunderte Äpfel aus Strengberg habe ich im Laufe meines Lebens mit diesem Messer in appetitliche Häppchen geschnitten. Jausenbrote sonder Zahl habe ich damit zubereitet, und die eine oder andere Flasche oder beim Campen auch Konservendose habe ich damit geöffnet. Dass einem so ein Werkzeug ans Herz wächst, können Sie sicher verstehen. Daher wollte ich das Messer auch bei meiner Englandreise mitnehmen. Leider konnte ich es beim Packen nirgends finden.

Gefunden haben es dann die Kontrollore am Flughafen, die das Handgepäck durchleuchteten: Das Messer hatte sich im hintersten Winkel einer Seitentasche versteckt. Leider kennen die Kotrollore da keine Gnade: Sie knöpften mir das Taschenmesser ebenso ab wie die Vaseline, dem einzigen Mittel, das mir bei rauen Lippen hilft. Beides wurde „entsorgt“. Um das Messer ist mir wirklich leid: Ich hatte es schon einmal verloren: Vor vielen Jahren fiel es, als ich in einen Zug einstieg, aus dem Rucksack und blieb auf den Gleisen liegen. Da der Zug eh schon Verspätung hatte, erlaubte mir der Fahrdienstleiter nicht, schnell unter den Waggon zu klettern und das Messer aufzuheben. Als ich zwei verregnete Wochen später wieder an diesen Bahnsteig kam, lag das Messer wohlbehalten noch immer zwischen den Schienen und half mir noch oft beim Jausnen.

Wenn es beim Durchleuchten des Gepäcks wenigstens um Sicherheit ginge: leider geht es ja nur um den Anschein von Sicherheit.

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Der "Fall Amstetten" – ein Medien-Fall 2008/KW19

Ich bin kein Heimattümler. Mir sind England und Frankreich genau so lieb wie Österreich – und Wales und die Auvergne so lieb wie das Mostviertel. Aber wenn Amstetten und die Bevölkerung wegen des schrecklichen Verbrechens als Hort des Bösen dargestellt werden, dann löst das in mir doch ein Gefühl der Solidarität mit Amstetten aus. Was nicht heißt, dass – in bewährter Abwehrtechnik – auf ebenso schreckliche Verbrechen in anderen Ländern verwiesen werden soll und auch nicht, dass nicht gefragt werden darf, ob nicht doch Fehler begangen wurden.

Dass niemand geahnt hat, dass es in dem Haus ein Verlies gibt, wo die Kinder als Gefangene gequält werden, glaube ich ja. Aber andere Wahrnehmungen gab es durchaus: So gaben Zeugen bekannt, sie haben „gehört“, dass F. „angeblich“ Frau und Kinder geschlagen und tyrannisiert „haben soll“. Dies fand anscheinend niemand schlimm genug, um Anzeige zu erstatten. Vielleicht hätten in diesem Fall die Behörden intensiver geprüft, ob F. die angeblich ausgesetzten Kinder anvertraut werden können. Anstatt nach strengeren Strafen zu rufen wäre es sinnvoller zu fordern, dass Kinder, die von zu Hause weglaufen, zunächst von Psychologinnen betreut und befragt werden, bevor sie wieder zu den Eltern zurück gebracht und damit einmal mehr möglichen Peinigern ausgeliefert werden.

Da der „Fall Amstetten“ auch ein Medien-Fall ist frage ich mich außerdem: Muss ich wirklich jedes Detail, das vielleicht manche Leser wissen wollen, in die Öffentlichkeit zerren? Ist die Leserneugier alleine die Richtschnur dessen, was ich schreiben soll? Ich ziehe es vor, ethische Werte – wie Persönlichkeitsrechte – höher zu bewerten.

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Wilde Horden auf dem Weg nach Wien 2008/KW21

Noch immer fahre ich gern mit dem Zug zur Arbeit; alleine schon wegen der interessanten Einblicke ins menschliche Sozialleben.

Zum Beispiel Schulklassen auf der Reise nach Wien, wie ich sie oft an Montagen sehe: Da kommt etwa ein Zug aus Steyr am Bahnhof in St. Valentin an. Ihm entströmen fünf Klassen voller übermütiger Schüler. Besonders eindrucksvoll ist die Geräuschkulisse, die sie erzeugen. Die Trolleys, die sie hinter sich herziehen, rumpern lautstark über den rauhen Unterführungsboden und müssen natürlich von den Schülern übertönt werden. Die Wände der Unterführung verstärken diese Geräusche mit vielfachem Hall, so dass es klingt wie im Kino, wenn eine Horde Banditen auf wilden Pferden und mit Kriegesgeschrei über die Prärie donnert.

Sobald die vordersten Schüler den Bahnsteig erreichen, bleiben sie stehen, was zu einem Stau führt, durch den ich mich dann kämpfen muss. Jetzt zeigt sich, wie gut oder schlecht die Lehrer organisiert sind: Die reservierten Waggons für die Schüler sind meist hinten, die Schüler warten meist vorne. Manchmal wurde auch vergessen, Sitzplätze zu reservieren. Dann steigen alle Schüler in den selben Waggon ein und müssen sich mit ihren Koffern durch den ganzen Zug zwängen, was ebenfalls sehr lautstark ausfällt. Wenn nun auch noch der Mann mit dem Bordservicewagerl unterwegs ist, kommen sie bis Wien nicht in ihren Waggon.

Doch das alles ist gar nichts gegen das Geschrei einer Familie, die ich auch im Zug beobachtete: Die Kinder übten sich im Wettbewerb, wer lauter und schriller schreien kann. Übertönt wurden sie nur hin und wieder von ihrer Mutter, die lauthals „Hoeds de Pappm!“ schrie. Natürlich ohne Wirkung.

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„Hund beißt Mann“ 2008/KW23

Ein beliebtes Lehrbeispiel im Journalismus lautet: Wenn ein Mann von einem Hund gebissen wird, ist das keine interessante Geschichte. Beißt aber der Mann den Hund, dann ist das außergewöhnlich und eine Story wert. Zu meiner Betrübnis muss ich Ihnen mitteilen, dass ich, also ein Mann, am Samstag von einem Hund gebissen wurde. Und das kam so: Ich radelte kurz nach Mitternacht gerade von einem Tips-Einsatz kommend vom Bahnhof nach Hause, da galoppierten mir drei bellende Hunde entgegen, die sich gegenseitig so richtig aufstachelten; und einer der drei Köter – er heißt „Baxi“ oder „Buggsy“ – biss mir ins Bein. Die zwei Frauen, die mit den Hunden unterwegs waren, ignorierten das und machten sich nicht einmal die Mühe „Pfui! Aus!“ zu rufen. Eigentlich hatte ich wenige Minuten zuvor noch vor, ein gemütliches Bier am Balkon zu trinken. Statt dessen kam ich in den Genuss einer gemütlichen Fahrt mit der Rettung ins Krankenhaus, einer gemütlichen Röntgenaufnahme, vier gemütlicher Spritzen, eines gemütlichen Schnitts durch die Bisswunde und eines gemütlichen Verbandes, der mir beim Duschen sehr im Weg ist. Auch meinen geplanten Radausflug am Sonntag durfte ich nicht machen. Drei Wochen sollte ich laut den Ärzten überhaupt nicht Rad fahren. Statt dessen muss ich meine Wege mit dem Auto zurücklegen.

Ich will Ihnen hier nicht die Ohren voll jammern, aber eine eindringliche Bitte habe ich doch: Wenn Sie mit ihrem Hund spazieren gehen, dann nehmen sie ihn bitte an die Leine, mag er noch so herzallerliebst sein. Es ist sattsam bekannt, dass ich ein Tierfreund bin. Aber Leute, die auf ihren „Baxi“ oder „Buggsy“ nicht aufpassen können, sind bei mir unten durch.

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Blaue EM-Flecken und wilde Hunde (KW25 2008)

Leute, die mich näher kennen, werden sich nicht schlecht wundern, dass mir das Wort "Fußball" über die Tasten kommt. Aber an der EM komme ich nur schwer vorbei. Davon zeugen die blauen Flecken an meinem Bauch. "Wie ist das schon wieder zugegangen?", werden Sie fragen. Ganz einfach: Es war an dem Tag des glorreichen Unentschiedens im Spiel Österreich gegen Polen. Ich fuhr wie jeden Tag mit dem Zug nach Amstetten. Da ich knapp dran war, musste ich vorne in den Zug einsteigen und mich nach hinten durchkämpfen. Alle Waggons waren prall gefüllt: In den Abteilen saßen hunderte bunt bemalte Fußballfans und im Gang türmten sich hunderte Paletten Dosenbier. Vier Frauen, die vor mir eingestiegen waren, quetschten sich auf die wenigen frei gebliebenen Sitzplätze, ich aber versuchte in den hintersten Waggon zu gelangen. Dabei musste ich mich an einer mit Dosenbier beladenen Sackrodel vorbeizwängen. Und an der holte ich mir die blauen Flecken. Zur Entschädigung hatte ich den hintersten Waggon für mich allein.

Soviel zum Thema Fußball, denn ich muss Sie noch warnen: Sollten Sie vorhaben, den Mostviertler Teil des Jakobsweges zu durchwandern, kann es sein, dass Ihnen in der Ortschaft Weinberg ein aggressiv bellender Hund entgegen prescht und Ihnen zeigt, dass er Sie am liebsten in der Luft zerreißen würde. Sollten Sie dann vielleicht ein Kind dabei haben, das vor dem Hund davon läuft, dann wird das im Hund den Jagdtrieb wecken – mit schwer absehbaren Folgen. Daher mein Rat: Warten Sie mit der Jakobsweg-Wanderung, bis sich auch in Weinberg herum gesprochen hat, dass man aggressive Hunde nicht frei durch die Gegend laufen lassen darf.

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Schwere Zeiten für dezente Leute (KW27 2008)

Manchen Leuten fehlt einfach das Gespür, wie nahe sie sich in einer Schlange an den Vordermenschen stellen dürfen. Deshalb zeigen viele Banken mit einer gelben Linie am Boden, wo die Leute warten mögen, bis sie an der Reihe sind.

Im Postamt Amstetten gibt es diese Linien nicht. Als dezenter Mensch halte ich trotzdem gebührenden Abstand zu den Schaltern, wo gerade Kunden bedient werden. Leider kommt – quasi Naturgesetz – so gut wie jedes Mal ein Wichtigtuer oder eine Wichtigtuerin, für die Dezenz mehr als nur ein Fremdwort ist. Die gehen zielstrebig an mir vorbei, direkt zum Schalter. Es fehlte noch, dass sie den Kunden, der gerade bedient wird, einfach zur Seite rempeln. Für solche Menschen hege ich tief empfundene Sympathie.

Ein feines Erlebnis dieser Art hatte ich am Amstettner Bahnhof. Ich kaufte am Schalter keine einfache Fahrkarte sondern eine, bei der es ein bisschen länger dauerte. Direkt neben mir stellte sich auf der linken Seite ein Mann an, der es offensichtlich eilig hatte; auf der rechten Seite wartete eine ungeduldige Frau, die mit der Münze den Hoch- und Deutschmeistermarsch auf das Schalterbrett trommelte, um zu zeigen, dass sie es eilig hat.

Auch der Mann zu meiner Linken wandelte seine Ungeduld in Bewegungsenergie um und begann auf und ab zu wippen. Als ich dann meine Karte hatte, hätte ich nach links oder rechts abgehen können; da scharrten bereits die beiden Ungeduldis in den Startlöchern und musterten einander feindselig. Es wäre wahrscheinlich mein Todesurteil gewesen, hätte ich jetzt zum Schalterbeamten gesagt: „Ich hätte noch eine Frage, die ist aber ein bisserl komplizierter ...“

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Ein Blick in die Zukunft (KW29 2008)

Wissen Sie schon, was Sie am 8. Juli 2016 machen werden? Nicht? Ich schon: Ich werde die Energiesparlampe in meiner Küche wechseln. Was, Sie glauben mir nicht? Wenn ich es mir genauer überlege, kommen mir jetzt auch Zweifel. Laut Aufschrift auf der Packung sollte die Energiesparlampe ja acht Jahre lang halten. Aber mich beschleicht jetzt doch ein Zweifel. Und irgendwie ist mir, als hätte ich in den sieben Jahren, die ich in meiner Wohnung lebe, schon mehrmals die Energiesparlampe in der Küche gewechselt. Da Birnenwechseln so im Vorübergehen geschieht, habe ich dieser Tätigkeit nie genug Aufmerksamkeit gewidmet, um mich wirklich daran erinnern zu können, wann ich den letzten Austausch vorgenommen habe. Diesmal aber habe ich mir das Datum aufgeschrieben, und Sie, liebe Leserinnen und Leser, werden bitte so nett sein und mich rechtzeitig vor dem 8. Juli 2016 daran erinnern, eine neue Energiesparlampe zu kaufen.

Jetzt werden Sie sicher gleich wissen wollen, warum ich auf einmal von Erdäpfelsalat mit Kernöl berichte. Üben Sie sich bitte in Geduld, Sie werden es erfahren. An einem schönen Sommertag bereitete ich mir Erdäpfelsalat zu und übergoss ihn mit Kernöl. Dieses leuchtete in einem schönen Grünton. Als ich den Salat in mein anderes Zimmer trug, merkte ich, dass sich die Farbe des Öls in Braun geändert hatte. „Das oxidiert aber schnell!“, dachte ich. Ich aß mit Vergnügen und stellte den Rest des Salats zurück in die Küche. Da war das Öl wieder grün. Nun glaube ich nicht an Hokuspokus und liefere gleich die Erklärung: Das eine Zimmer beleuchtete ich mit einer ordinären Glühbirne das andere mit einer Energiesparlampe.

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Dem Vernichter sei Dank! (KW32 2008)

Wie manche Leserinnen und Leser wissen, war ich in meinem früheren Leben Nachtwächter in Zürich. Wenn ich meine Runden drehte, hatte ich immer ein Rapportbuch bei mir, in das ich jede noch so kleine Kleinigkeit eintragen musste. Etwa: „4.32 Uhr: gekipptes Fenster im Raum 46a der Firma xy geschlossen“. Oder: „1.30 Uhr: Schreibtischlampe im Zimmer 19 der Firma yx ausgeschaltet.“ Manchmal sah ich in einer meiner schutzbefohlenen Firmen einen noch eingeschalteten Aktenshredder. Da schrieb ich – weil es besser klang – „Vernichter ausgeschaltet“. Ein Nachtwächter, der einen Vernichter ausschaltet: das macht was her, dachte ich.

Auch in unserer Firma gibt es so einen Vernichter, wofür ich unendlich dankbar bin. Denn: Bei Aufräumarbeiten in meiner Wohnung fand ich Hunderte und Aberhunderte Zettel voll mit Jugendgedichten, also Gedichten, die ich in meiner Jugend verfasst – besser: verbrochen – hatte, eines peinlicher als das andere. Der Gedanke, dass diese jemals jemand lesen könnte, ließ mir fast Grausbirnen wachsen. Folgendes Schreckensszenario etwa: Einbrecher kommen in meine Wohnung, stellen alles auf den Kopf und richten ein noch größeres Durcheinander an, als bei mir ohnehin herrscht. Polizisten durchsuchen meine Wohnung, um Spuren zu sichern und finden die überall herumliegenden Jugendgedichte und lesen sie.

Doch wie gut kann ich wieder schlafen, seit ich die Millionen von Jugendgedichten dem Vernichter anvertraut habe, der die Zettel in Abermillionen von kleinen Streifen zerschnitt und dermaßen verwurschtelte, dass kein Mensch mehr je auch nur eine Zeile rekonstruieren kann.

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Lizenz zum Beißen (KW34 2008)

Das Gerechtigkeitsgefühl, das von einem gesunden Hausverstand gespeist wird, und die Gerechtigkeit, die einem die Justiz zuteil werden lässt, sind zwei Paar Schuhe. Ein Beispiel gefällig? Die Lizenz zum Beißen: Vor elf Wochen wurde ich von einem frei laufendem Hund gebissen, der von seiner Besitzerin nicht gebührend beaufsichtigt wurde. Die Bisswunde ist heute noch deutlich zu sehen und schmerzt noch immer bei manchen Bewegungen. Sieben Behandlungen musste ich im Krankenhaus absolvieren. Ich hatte einen enormen Zeitaufwand, einen finanziellen Schaden von zirka 200 Euro sowie drei Wochen sehr lästige körperliche Beeinträchtigungen durch die Wunde. Bei der Polizei gab ich den Vorfall zu Protokoll. Nun bekam ich vom Gericht die Auskunft, dass das Verfahren gegen die Hundebesitzerin eingestellt wurde, weil "die dem Ermittlungsverfahren zu Grunde liegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist (...)". Die Hundebesitzerin musste nur zur Polizei gehen, ihre Version des Hundebisses zu Protokoll geben und schon war die Sache für sie erledigt.

Obwohl der Leser nicht der erste ist, den dieser Hund gebissen hat, läuft "Buccy" noch immer frei herum, und die Besitzerin kann sich ins Fäustchen lachen, da das Beißen und frei Herumlaufen lassen ja offenbar gerichtlich erlaubt ist.

Sollten Sie oder Ihr Kind einmal von einem Hund gebissen werden, können Sie sich also eine Anzeige bei der Polizei ruhig sparen.

Zum Glück hat der Leser eine Rechtsschutzversicherung. Diese finanziert einen Rechtsanwalt, der versucht, zumindest einen Ersatz des finanziellen Schadens, den der Leser hatte, übers Gericht einzuklagen.

Nachtrag: Dank Rechtsanwalt bekam ich den finanziellen Schaden abgegolten und auch ein Schmerzensgeld. Beides bezahlte die Versicherung, was den pädagogischen Effekt für die Hundebesitzerin deutlich schmälert. Und die Kosten für meine medizinischen Behandlungen zahlten freundlicherweise Sie, liebe Leserinnen und Leser: mit Ihren Krankenkassenbeiträgen.

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Das Geheimnis der Rucksäcke (KW36 2008)

Großes Erstaunen rufen in mir Leute hervor, die nie Taschen oder Sackerl oder andere Trageeinrichtungen mit sich führen und trotzdem immer alles bei sich haben, was man so braucht, wenn man etwa auf einen Kaffee geht.

Bevor Rucksäcke salonfähig wurden, hatten Männer ein Problem, während den Frauen Handtaschen zur Verfügung standen. Es zählt zu den best gehüteten Geheimnissen der Frauenwelt, was so alles in den Tiefen der Handtaschen ruht, und es würde mir niemals einfallen, an diesem Tabu zu kratzen.

Anders ist es bei Rucksäcken. Diese haben die magische Eigenschaft von selbst immer voller zu werden. Den Rucksack, den ich immer bei mir habe, muss ich mindestens einmal pro Woche leeren, da nichts mehr hinein passt und ich auch die Last meinem Rücken nicht zumuten kann. Natürlich finde ich im Rucksack nichts, was ich nicht selbst hinein gestopft habe. Etwa Zeitungen, eine Wasserflasche, ein Reserve-T-Shirt und so weiter, und natürlich auch die Dinge, für die ich den Rucksack verwende: eine kleine Digitalkamera, ein Notizbuch mit Kugelschreiber, Geldtasche, Handy und dergleichen.

Nur einmal wunderte ich mich was da für Klumpert in meinem Rucksack war. Alles Dinge, die ich nie und nimmer hinein gegeben hätte. Und die Sachen, die ich im Rucksack erwartet hätte, waren nicht zu finden. Die Lösung: Ich hatte aus Versehen den baugleichen Rucksack einer Freundin mit meinem verwechselt. Und ich nehme an, die Dinge, die sie darin verstaut hatte, sind jene, die auch in Damenhandtaschen zu finden sind. Natürlich werde ich niemals verraten, was in dem Rucksack war.

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Ufos landen im Mostviertel (KW38 2008)

Je schlüssiger eine Verschwörungstheorie ist desto wahrscheinlicher ist es, dass es sich nur um Humbug handelt.

Nehmen wir einmal die Handymasten. Dass manche von ihnen nicht nur hässlich sondern auch strahlungsaktiv sind ist evident. Über die Wirkung dieser Strahlung gehen die Meinungen schon wieder auseinander: Während manche eine massive Gesundheitsbeeinträchtigung fürchten meinen andere, so schlimm wird’s schon nicht sein.

Eine interessante Theorie hörte ich dieser Tage: Über die Handymasten können Strahlen ausgesandt werden, die die Menschen träge, faul und leicht manipulierbar machen. In London werde das bereits im Stadtteil Soho erfolgreich getestet und jetzt sollen wir im Mostviertel ebenfalls mit Trägheitsstrahlen gefügig gemacht werden. Und das sei wissenschaftlich erwiesen. Was mich beruhigt: Sobald jemand behauptet, etwas sei wissenschaftlich erwiesen – ohne die dazugehörige Forschungsmethode zu kennen – haben wir schon wieder Humbug.

Da könnte man gleich behaupten, das Mostviertel sei eigentlich ein Ufo-Landeplatz. Die Kirchen am Sonntagberg und am Kollmitzberg sind genau genommen nichts als eine Art Leuchttürme für Ufos, und die Einflugschleuse liege genau dazwischen. Außerirdische haben die Ingenieure der ÖBB dahingehend manipuliert, dass sie die neue Bahntrasse geich als Landebahn bauten. Ich kenne Leute, die bereits unter den unter uns wandelnden Zeitgenossen den einen oder anderen Außerirdischen wahrzunehmen meinen.

Wir könnten dieses Gerücht jetzt nähren und würden immer wieder Indizien finden, die es bestätigen. Bis jemand behauptet, es sei wissenschaftlich erwiesen.

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Helfen Sie keinem Hund über die Straße (KW40 2008)

Mit den Weltdingsbumstagen ist es wie mit den Denkmälern: Es gibt sie, aber keiner nimmt von ihnen sonderlich Notiz.

Nehmen wir den Welttierschutztag am 4. Oktober: Was geschieht an dem Tag? Werden wir einem alten Hund über die Straße helfen und der Nachbarkatze eine Büchse sauteures Gourmet-Katzenfutter schenken – das, nur so nebenbei, aus weniger geschützten Tieren hergestellt wurde? Die wahren Probleme des Tierschutzes wie Überfischung der Meere, Tiertransporte, Massentierhaltung, Pelztierfarmen und dergleichen werden gar nicht erst angegangen. Zudem laufen Tierfreunde Gefahr, wegen Gründung einer terroristischen Vereinigung schon einmal im vorauseilendem Gehorsam ins Gefängnis geschmissen zu werden. Helfen Sie also dem alten Hund lieber nicht über die Straße, wenn Ihnen Ihre Freiheit wichtig ist.

Lustig wird der Weltspartag mit dem der Reigen Weltdingsbumstage im Oktober endet: Wenn Sie mitverfolgen, wie derzeit die Aktien an den Börsen an Wert verlieren, werden Sie vielleicht das gute alte Sparschwein wieder in Ehren halten. Allein am Montag verschwanden 1,2 Billionen Dollar, also 1.200 Milliarden, wenn ich richtig rechne. Dass so eine Menge Geld einfach „schwuppsdiwupps“ verschwinden kann, kann ich mir nur so erklären, dass es auch vorher gar nicht da war. Da werden an den Börsen virtuelle Werte gehandelt, und wenn diese auf die Realität treffen, dann nennt man das Crash.

Oh, wie angenehm echt waren damals die Münzen, die aus der Sparbüchse purzelten, wenn wir diese am Weltspartag zur Bank brachten.

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Das Ende der wundersamen Geldvermehrung (KW42 2008)

Wenn es ums Retten der Finanzmärkte geht, dann ist der Staat wieder gut genug. Jetzt auf einmal! Wo bleiben die Leute mit ihrem Slogan „Mehr privat, weniger Staat“? Dieser gilt wohl nur für Gewinne. Wenn es darum geht, das zu reparieren, was durch übertriebene Gewinnsucht kaputt gemacht wurde, dann darf der Staat – sprich wir Steuerzahlenden – für die Kosten aufkommen.

Bei den Themen Klimaschutz oder Hunger in der Welt hieß es, da gebe es leider kein Geld. Wenn aber die Finanzwelt in Not ist, dann werden sofort Abermilliarden Euro und Dollar locker gemacht.

Dabei lag es offen auf der Hand, dass wundersame Geldvermehrung ohne weiteres Zutun nur eine bestimmte Zeit funktionieren kann, nämlich solange bis genug drauf kommen, dass dieses viele Geld nicht in der Wirklichkeit vorhanden ist sondern in der Fantasie.

Wer dem entgegenwirken will, der kann zum Beispiel öfter mal zum Wirten essen gehen oder sich selbst was Gutes kaufen. Am besten regionale Produkte. Das Geld, das hier in Umlauf kommt, kurbelt die echte Wirtschaft an und sichert Arbeitsplätze. Auch auf klassische Weise auf ein Ziel hinsparen, mit vernünftigen Zinserwartungen, kommt der echten Wirtschaft zugute.

Spekulationsgeld dagegen vernichtet Arbeitsplätze. Ein Beispiel: Wenn die Aktien einer Firma steigen, weil sie Arbeitnehmer wegrationalisiert (wobei von Ratio keine Rede sein kann), und die Manager dafür Provision bekommen, dann werden sie dafür sorgen, dass genug Arbeitnehmer fliegen. Diesen wiederum fehlt dann das Geld, das sie in die echte Wirtschaft fließen lassen könnten.

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Ein Lob der Sanitärtechnik (KW44 2008)

Zu den herausragendsten Leistungen, die die moderne Sanitärtechnik hervorgebracht hat, zählen die Sensoren, die „Wasser marsch!“ geben, sobald man die Hände unter einen Wasserhahn hält. Wenn man Glück hat, hat die Person, die den Wasserhahn zuvor bedient hat, sogar eine angenehme Wassertemperatur eingestellt. Die Engländer müssen auf dieses Glück verzichten, denn in England gibt es überall zwei Wasserhähne an Waschbecken: Aus einem kommt brühend heißes, fast kochendes Wasser heraus, beim anderen derart eiskaltes, dass einem fast die Hand am Hahn picken bleibt.

Jüngst hatte ich das Glück in einem Lokal zu speisen, wo auch der Seifenspender und das Licht durch Sensoren gesteuert wurden.

Beim Seifenspender brauchte ich eine Weile, bis ich dahinter kam. Zuerst suchte ich nach dem Spendeknopf indem ich unter dem Spender herum tastete. Kaum hatte ich aufgegeben und die Hand weggezogen kam ein Schwall Seife aus dem Spender, die mangels Hand auf den Boden floss. Beim zweiten Versuch wedelte ich mit meiner Hand unter dem Seifenspender und tatsächlich landete eine Portion Seife in meiner Handfläche. Es war die Zeit, als der Sensor des Lichtes befand, dass es im Raum jetzt lang genug hell war, und er schaltete das Licht aus. Um den Sensor darauf aufmerksam zu machen, dass da noch wer im finsteren Waschkammerl ist, musste ich ein bisschen herumtanzen, wodurch ich der Seife verlustig ging. Endlich: das Licht schaltete sich ein, ich holte mir eine weitere Portion Seife und hielt meine Hand unter den Wasserhahn und siehe da: kurz darauf waren meine Hände gewaschen und ich konnte mich sauber zu Tisch begeben.

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Ich bin wieder erreichbar (KW46 2008)

Guat is gonga, nix is gscheng! Jetzt war ich tatsächlich von Freitagnachmittag bis Montagmorgen telefonisch nicht erreichbar. Ich hatte mein Handy im Büro vergessen. Fast wäre ich schon versucht gewesen, nach Amstetten zu fahren, um das Trum zu holen. Aber das kam mir dann doch zu albern vor: Drei Stunden in der Gegend herum zu fahren, nur für den Fall, dass diesmal der ultimative Anruf kommt und ich was weiß ich was versäumen könnte.

Komisch: in den ersten 38 Jahren meines langen Lebens, als ich noch kein Handy hatte, wären mir solche Gedanken nie gekommen. Auch bei meiner Nachtwanderung am Freitag: Da dachte ich, wenn ich jetzt ausrutsche und mich verletze oder wenn mich wieder einmal ein Hund beißt, dann könnte ich nicht einmal Hilfe holen. Wie habe ich in meiner Prä-Handyzeit nur all die unzähligen Nachtwanderungen unbeschadet überleben können! (Dass Hunde, die „nur spielen“ wollen, auch ganz gern einmal zubeißen, das lernte ich erst später.)

Einmal hätte ich nicht drei Stunden durch die schneeverwehte Puszta gehen müssen, bis ich die Party in Sierning fand, wo mich alle schon sehnlichst erwarteten. Einmal hätte ich nicht in einem Café fast vergeblich warten müssen, während die Freundin, mit der ich verabredet war, in einem anderen Café mit einem sehr ähnlichen Namen fast vergeblich wartete. Und einmal hätte ich nicht am Wiener Westbahnhof die Freundin abzuholen versucht, die schon in Hütteldorf ausgestiegen war. Das war alles!

Jetzt wollen Sie sicher wissen, ob jemand versucht hatte, mich anzurufen? Es war nur ein Anruf in Abwesenheit verzeichnet. Und das war ich selbst per Skype: auf der Suche nach dem Handy.

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Mantel-Nahkampf (KW48 2008)

Gern greife ich die Anregung des Lesers Christian L. auf und schreibe über die Mantelverknotungen in öffentlichen Garderoben. Da kommt man als früher Gast und hängt seinen Mantel an einen freien Haken. Eine Viertelstunde später sind alle Haken mit je einem Mantel versehen. Ab da werden die Haken dann mehrfach behängt – und bis dann alle da sind, hängen auf allen Haken so viele Mäntel, wie nur irgendwie drauf passen. Lustig wird es dann am Ende der Veranstaltung: Wenn die frühen Gäste auch die ersten sind, die die Veranstaltung verlassen, brauchen sie schon eine spezielle Kunstfertigkeit, den eigenen Mantel unter Bergen von ineinander verschlungenen Mänteln erst einmal zu finden. Wer, so wie ich, günstige Mäntel in großen Kaufhäusern kauft, hat eine gute Chance, dass mehrere baugleiche Mäntel herum hängen. Nun gilt es die sieben fremden Mäntel vom Haken lösen und irgendwie in einer Hand zu halten, um den eigenen, den untersten, zu bergen – wobei mit Sicherheit mindestens ein Schlauferl eines fremden Mantels reißt; und das in exakt dem Moment, in dem man den eigenen Mantel vom Haken gelöst hat. Nun liegt natürlich genau der Mantel am Boden, dessen Besitzer gerade in der Garderobe auftaucht. Böse Blicke sind das Geringste, das man dafür ausfasst. Besonders unterhaltsam ist so ein Mantelsalatspiel in engen Garderoberäumen, wenn viele gleichzeitig gehen wollen.

Wir haben jetzt fast ein halbes Jahr Winter vor uns: Zeit genug, uns in der Mantelkampftechnik zu perfektionieren.

Einen guten Tipp möchte ich Ihnen noch mitgeben: Haben Sie auch einen 08/15 Mantel, markieren sie ihn mit einem über einen Ärmel gebundenen bunten Tuch, bevor Sie ihn in einer Garderobe aufhängen.

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Der "Kennstmi Nimma" und seine Lederjacken (KW50 2008)

Ich gestehe: Manchmal begegne ich Menschen, die ich zwar kenne aber gerade nirgends zuordnen kann. Da weiß ich manchmal nicht, ob wir per Sie oder per Du verblieben sind. Wenn mir diese Leute auf der Straße begegnen geht es darum, die richtige Grußformel zu finden. Falls Sie diese Situation auch kennen, mein Tipp: Schauen Sie die unbekannte Person einfach freundlich an oder nicken sie ihr aufmunternd zu. Das ist immer besser als so zu tun als würde man die Person nicht sehen. Mir als sowieso freundlicher Mensch fällt das nicht schwer.

Ganz anders verhält es sich mit dem „Kennstmi Nimma“, der gerade im Bezirk Amstetten sein Unwesen treibt. Der fährt mit dem Auto durch die Straßen und wenn er wen findet, der gutgläubig aussieht, dann hält er an, steigt aus und ruft voll Freude „Servas! Kennst mi nimma?“ und stellt sich als „Arbeitskollege von früher“ vor, wobei er voll Wiedersehensfreude förmlich platzt. Und dann erzählt er, dass er gerade von einer Modemesse komme, wo ihm ein paar Lederjacken übrig geblieben seien. Und blöderweise fehle ihm Geld für Benzin für die Heimfahrt. Aber als alter Arbeitskollege könne er dem Gutgläubigen ein paar Lederjacken zu einem unglaublich günstigen Preis anbieten.

Dieser Trick ist zwar uralt, scheint aber immer noch zu funktionieren.

Sie bekommen jetzt den zweiten Tipp dieser Wortspende: Falls Ihnen der „Kennstmi Nimma“ über den Weg läuft, wimmeln Sie ihn ab, denn seine Lederjacken sind nichts wert. Merken Sie sich die Nummerntafel seines Autos und verständigen Sie die Polizei. Die erkennt ihn vielleicht wirklich.

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Die Wanderung der roten Fusseln (KW52 2008)

Im Jahr 1990 verlor ein Frachtschiff 30.000 Paar Turnschuhe und im Jahr 1992 verlor ein anderes Schiff 29.000 Badewannen-Enten. Diese trieben jahrelang im Meer und kamen heuer an der Küste vor Neuengland an. Der Meeresforscher Curtis Ebbesmeyer konnte anhand der Routen, die diese Schuhe und Plastikenten nahmen, die Meeresströmungen präzise berechnen.

Ähnliche Studien könnte der Meeresforscher nun in meiner Wohnung anstellen: Ein roter Pullover, dem das Waschen nicht gut getan hatte, verlor eines Abends unzählige Fusseln, die zu Boden schwebten. Obwohl die meisten Fusseln dem Staubsauger zum Opfer fielen, blieben genug über, die seither durch meine Wohnung wandern. Ich trug den Pullover nur in zwei Zimmern, aber mittlerweile gibt es kein Zimmer, in dem nicht immer wieder das eine oder andere rote Fusserl auftaucht.

Ähnlich kompliziert wie die Meeresströmungen sind auch die Luftströmungen in meiner Wohnung. Der Lufthauch, der durch Öffnen und Schließen von Türen entsteht, die Thermik über den Heizkörpern, der Wind, wenn ich zum Lüften alle Fenster der Wohnung öffne: All dies hält die Fusseln auf Trab. Zum Luftantrieb kommt noch die elektrostatische Ladung der Fusseln, die ebenfalls in Bewegungsenergie umgewandelt wird. Eine dieser Fusseln schwebte am Samstag sogar in den Topf, in dem ich gerade „Altwiener Erdäpfel“ zubereitete.

Manche Fusseln nahmen ein noch schlimmeres Ende: Ich beobachtete, wie eine von einem Staublurch verspeist wurde und jetzt schön langsam verdaut wird. Fusseln eignen sich daher auch als Studienobjekte für die Lurchologie.

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Spendenaufruf (2009, KW2)

Spenden an „mildtätige“ Organisationen sind ab sofort steuerfrei. Warum der Ausdruck „mildtätig“ gewählt wurde, ist mir schleierhaft; vielleicht, weil er sehr weich interpretierbar ist. Obwohl arme Menschen und vor allem arme Menschen in sogenannten Schwellenländern am meisten unter Umweltzerstörung leiden, sind Spenden an Umweltorganisationen von der Steuerbefreiung ausgeschlossen.

Vor Weihnachten sind unzählige Spendenaufrufe durch alle Medien gegeistert und auch ich darf jetzt – wo es von der Steuer abgesetzt werden kann – appellieren, die Herzen und Brieftaschen ein bisschen zu öffnen.

Vielleicht meinen Sie, dass es in der Welt derart furchtbar zugeht, dass so eine Spende nur einem Tropfen auf einem heißen Stein gleicht. Möglicherweise; aber für die einzelnen Personen, denen geholfen wird, macht es viel aus.

Nehmen wir zum Beispiel „Licht für die Welt“. Mit einer Spende von 30 Euro kann ein Blinder sehend gemacht werden. Ich weiß nicht, welchen Unterschied es für Sie ausmacht, 30 Euro mehr oder weniger zu besitzen. Für den Blinden bedeutet das einen Riesenunterschied. Und wir sprechen hier nicht von Blinden in unserer sozial halbwegs abgesicherten Gesellschaft sondern von Blinden in Ländern ohne jede soziale Sicherheit.

Dasselbe gilt für „Ärzte ohne Grenzen“. Auch hier sind es Einzelschicksale von Menschen, die Sie mit Ihrer Spende zum Besseren beeinflussen können.

Mit diesen beiden Beispielen will ich keine Hilfsorganisation gegen andere abwägen. Wenn Sie sich ein bisschen umschauen, finden Sie sicher eine, die dazu beiträgt, die Welt in Ihrem Sinne ein bisschen schöner zu gestalten.

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Unter Beobachtung (2009, KW 3)

Manchmal kommt es vor, dass ich in meiner Küche herum werke und plötzlich das Gefühl habe, beobachtet zu werden. Und tatsächlich: Ich sehe zwei Augen, die jede meiner Bewegungen mit größter Aufmerksamkeit verfolgen. Diesen Augen entgeht kein Detail. Sie gehören der Nachbarkatze und diese sitzt am Balkon und schaut durch die Balkontür. Sobald die Katze sieht, dass ich sie entdeckt habe legt sie eine Traurigkeit in ihren Blick, dass es einem das Herz zerreißen könnte. Dann stemmt sie sich gegen die Balkontür bis ich nicht anders kann, als sie herein zu lassen. Futter bekommt die Katze von mir nur selten, dafür nehme ich mir ein paar Minuten Zeit, die Katze zu streicheln. Davon kann sie nie genug bekommen und sie schnurrt dabei, dass die Wände wackeln.

Irgendwann muss ich mich aber wieder meiner Arbeit zuwenden. Dann hüpft die Katze auf einen Küchensessel und putzt sich so lange, bis der voller Haare ist. Nun hüpft sie auf den nächsten und putzt sich weiter – bis sie alle Sessel durch hat. Manchmal schärft sie sich auch am Sesselpolster die Krallen. Irgendwann rollt sie sich dann ein und beginnt ein Nickerchen. Oft ist das der Zeitpunkt, zu dem ich weg muss. Was für die Katze bedeutet, dass ich sie auf den Balkon hinaus tragen muss. Manchmal tut sie dann so, als ob sie eh gerade gehen wollte, manchmal aber straft sie mich mit einem unendlich traurigen Blick.

Interessierte und leuchtende Augenpaare anderer Art, die mich beobachten, sehe ich auch des Nachts, wenn ich vom Bahnhof nach Hause gehe: Da gehe ich auf einer unbeleuchteten Straße einen Acker entlang und es sind wohl die Augen von Hasen, die den Schein meiner Stirnlampe widerspiegeln.

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Plastiktegel-Kobolde (2009, KW5)

In jedem gut sortierten Haushalt gibt es Plastiktegel und Frischhaltekunststoffdosen in allen möglichen Farben und Größen. Und – das ist quasi ein Naturgesetz – in jeder Plastiktegelsammlung gibt es ein paar Tegel, zu denen kein Deckel passt und ein paar Deckel ohne dazugehörigen Tegel. Warum das so ist, ist eines der ungelösten Rätsel der Menschheit. Vielleicht gibt es kleine Plastiktegel-Kobolde, die in der Nacht durch die Haushalte geistern und Deckel vertauschen; vielleicht steckt auch der Geheimdienst dahinter.

Daher empfehle ich, Plastiktegelpartys zu veranstalten, bei denen nicht verkauft sondern zusammengetauscht wird: Alle bringen die Tegel und Deckel mit, die zu keinen anderen Teilen passen. Dann werden alle auf einen Tisch gelegt und die Partygäste suchen die zusammenpassenden Stücke. Je mehr bei so einer Party mitmachen, desto größer ist die Chance, dass jeder Tegel seinen Deckel findet.

Bitte erlauben Sie mir, an dieser Stelle Werbung in eigener Sache zu machen: Ich habe von meinem Buch „Kabelsalat und Topfen. 99 Wortspenden“ eine zweite, veränderte Auflage erarbeitet, die ab sofort in allen Buchhandlungen und Internet-Buchhandlungen bestellt werden kann. Bei der Vorbereitung zu einer Lesung ist mir aufgefallen, dass manche Texte ein bisschen rumpelten. Diese habe ich glatt poliert und geschliffen. Ein paar Tippfehler habe ich korrigiert und dafür neue übersehen: Sie heißen deshalb „Druckfehler“ weil man sie erst entdeckt, wenn das Buch gedruckt ist. Und neun Geschichten habe ich durch neue ersetzt. Das Buch hat 140 Seiten, kostet 12 Euro und hat die ISBN 9-783837-016369.

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Ich wurde mit ganz viel Geld überschüttet (2009, KW7)

Da sieht man wieder, wie vertrauenswürdig ich bin. Obwohl er mich nicht persönlich kennt, bot mir Benedict Smith aus London ein Supergeschäft an. Er arbeitet dort in einer internationalen Bank und weiß mit Gewissheit, dass das Geschäft, das er hier anbietet, bei mir in besten Händen ist. Bei dem Geschäft geht es um nicht weniger als 36.759.000 Pfund. (In Worten: Sechsundreißigmillionenundsoweiter). Diese Summe habe ein libanesischer Premierminister in der Bank angelegt und sei anschließend verstorben, ohne Erben zu benennen. Und weil dieses Geld jetzt im Weg herum liegt, müsse es – da es aus dem Ausland stamme – wieder ins Ausland transferiert werden, schrieb mir Mr. Smith. Und da sei er auf mich gekommen, da ich der einzige Ausländer sei, den er zwar nicht kenne, dem er aber trotzdem all sein Vertrauen schenke. Und deshalb wolle er die Summe auf mein Bankkonto überweisen. Was dann weiter mit dem Geld geschehen solle, teilte mir Mr. Smith leider nicht mit. Dass bei diesem Deal aber ein hübsches Sümmchen für mich herausschaut, darf man wohl annehmen. Und das dürfte sich bereits zu einem gewissen Albert herum gesprochen haben, der mir – ebenfalls per E-Mail – eine Luxusuhr zum Kauf anbot. Er selbst habe seiner Frau so eine gekauft und sie liebe diese Uhr – ohne zu merken, dass es sich um ein perfekt gemachtes Imitat handelt. Wer so eine Uhr kaufe könne 29.750 Dollar sparen. Es dürfte wohl einer meiner großen Glückstage gewesen sein, an dem ich dermaßen mit Geld überschüttet werden sollte. Wenn jetzt auch noch ein goldenes Fahrrad vom Himmel fällt, dann beginne ich wieder ans große Glück zu glauben.

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Vogelsichere Frisur (2009, KW9)

Ich weiß ja nicht, ob Sie sich schon einmal Gedanken über meine Frisur gemacht haben. Falls nein: Wenn Sie mich in naher Zukunft sehen, werden Sie sich wohl Gedanken machen. Darum will ich Ihnen jetzt schon berichten, was da geschehen ist: Ich war seit gut 20 Jahren nicht mehr beim Friseur, da mein Haar sowieso nicht frisurentauglich ist. Wenn ich dann befinde, dass es wieder einmal an der Zeit ist, nehme ich einen „Schafscherer“ und schneide mir die Haare selbst. Diesmal aber habe ich aus Versehen die kürzest mögliche Stufe eingestellt und mir eine Extremkurzhaar-Schneise geschnitten. Jetzt bin ich aber doch schon aus dem Alter heraus, in dem man mit komischen Frisuren punkten kann. Deshalb musste ich den Rest des Haares ebenfalls sehr sehr kurz schneiden.

Dafür kann mir nicht das passieren, was Maria W. widerfuhr: Sie besitzt einen Nymphensittich, der in der Wohnung frei herum flattern darf. Eines Nachmittags setzte sich der übermütige Vogel Maria W. auf den Kopf. Dabei verfingen sich seine Beine derart in den Haaren, dass der Vogel nicht mehr loskam. Maria W. blieb nichts anderes übrig, als die betreffenden Haare abzuschneiden. Sie befürchtete aber, dabei das Tier zu verletzen. Weil sie allein zu Hause war, musste sie die Nachbarin um Hilfe bitten. Diese konnte gerade nicht weg, weil sie was am Herd hatte. So musste Maria W. mit dem Vogel am Kopf – den sie unter einem Kopftuch verbarg – zur Nachbarin gehen. Zum Glück ist ihr auf der Straße niemand begegnet. Maria W. trug das aber mit Humor und meinte, das wäre eine tolle Geschichte für die Zeitung. Zu schade, dass es von der Aktion keine Fotos gibt!

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Zugverspätung als Jungbrunnen (2009, KW11)

Alle Intercity-Züge aus Richtung Wien haben in Amstetten Verspätung. Das ist so seit Sommer 2008 und daran wird sich auch in naher Zukunft nichts ändern. Damit könnte ich ja gut leben, könnte ich mich darauf verlassen, dass die Züge – sagen wir einmal – zehn Minuten verspätet sind. Aber gezählte vier Mal kam der Zug pünktlich. Deshalb habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, so knapp zum Bahnhof zu gehen, dass ich auch einen pünktlichen Zug gerade noch erwischen würde. Und nicht selten komme ich zum Bahnhof und sehe an der Anzeigentafel, dass der Zug pünktlich ist. Kaum habe ich aber den Bahnsteig erreicht stehen da schon vier Minuten Verspätung. Ich weiß, dass es sich dabei nur um einen provisorischen Richtwert handelt, denn unter einer zweistelligen Zahl tun es die Züge nie. Und siehe da: Beim nächsten Blick auf die Anzeigetafel sind es schon acht Minuten. Einmal – nur einmal – habe ich mich auf die acht Minuten verlassen und bin nicht mit dem etwas langsameren Regionalzug gefahren, der gerade eine Stunde Verspätung hatte. Kaum war der Regionalzug aber weg, waren die acht Minuten auf 14 Minuten erhöht worden, um in weiterer Folge auf 28 Minuten zu steigen.

Nun – das muss ich jetzt leider zugeben – ist der Bahnhof Amstetten wirklich hässlich und obendrein sind die Bahnsteige sehr unwirtlich, da sie genau in Windrichtung stehen. Um mich warm zu halten, wandere ich die sehr langen Bahnsteige entlang. Und wenn ich dann am östlichen Ende bin, in der Höhe des Parkhauses, kann es sein, dass der Zug auf einmal doch früher kommt und ich voll losschwatteln muss, damit er mir nicht davon fährt. Zugfahren ist Sport. Darum sehe ich auch noch so jung aus.

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Zeit für den Inflator (2009, KW13)

Wissen Sie, was ein Inflator ist? Der Inflator begegnete uns in einem Film mit Stan Laurel und Oliver Hardy. Die beiden sahen bei einem Trickbetrüger einen Kasten mit einer kleinen Kurbel. Wenn man oben einen Fünf-Dollarschein hinein schob und ihn mit der Kurbel durch den Kasten zog, kam unten ein Zehn-Dollarschein heraus. Stan und Ollie kauften den Inflator und mussten schnell herausfinden, dass sie reingelegt wurden. Denn der Trick funktionierte nur beim ersten Mal.

Unsere sogenannte Wirtschaftskrise basiert auf dem selben Trick: Firmen, Banken, Privatpersonen, sogar staatliche und staatsnahe Betriebe – wie die ÖBB – und Gemeinden meinten, Geld zur Geldvermehrung einsetzen zu können. Sie meinten, das Geld könne und werde für sie arbeiten. Und wie beim Inflator schien am Anfang die Rechnung auch aufzugehen, denn manche Spekulierer fuhren satte Gewinne ein. Aber aus irgendeinem Grund fragte niemand, wo denn das viele Geld herkommen soll, das alle mit ihren erwarteten 20 Prozent-und- mehr-Renditen „erwirtschaften“ wollten. Die Antwort scheint einfach: Dieses Geld ist nicht vorhanden und war auch nie vorhanden. Daher ist es nur logisch, dass die USA nun beginnen, jene Banknoten zu drucken, die fehlen, um das virtuelle Geld durch echtes zu ersetzen. Mit anderen Worten: Sie werfen den Inflator an. Dass das ebenfalls nur befristet funktionieren kann scheint mir nur logisch.

Ich gebe gern zu, dass ich von Wirtschaft keine Ahnung habe. Aber mich tröstet, dass ich mich in dieser Hinsicht nicht wesentlich von Wirtschaftsexperten unterscheide.

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Versteckte Kamera (2009, KW15)

Natürlich habe ich es genau gewusst, ich habe es voraus gesagt und ich habe Recht behalten. Aber lassen Sie mich von vorn beginnen. Ich hatte einen kleinen Ausflug nach Wien unternommen und eine kompakte Digitalkamera mitgehabt, die ich schon richtig lieb gewonnen hatte – obwohl ich mit ihr am Anfang gar nicht glücklich war. Als ich am nächsten Tag meinen Rucksack durchsuchte war die Kamera nicht mehr da. Auch in der Redaktion, bei der ich auf der Rückfahrt kurz vorbei geschaut hatte, war die Kamera nicht. Sie war nicht in dem Lokal, in dem ich einen Tee getrunken hatte, und im Fundamt der ÖBB war sie auch nicht abgegeben worden. Jetzt hatte ich natürlich auf die Kamera auch ein Zetterl gepickt, auf dem mein Name und meine Kontaktdaten standen. Gemeldet hat sich allerdings niemand. Ich beschloss, noch eine Woche zu warten, dann fand ich mich damit ab, dass die Kamera perdü ist und kaufte mir eine neue. Und ich prophezeite: Meine alte Kamera wird erst dann auftauchen, wenn ich eine neue habe. So war es dann auch: Meine neue Kamera lag auf dem Tisch. Ich machte mich für eine Ausrückung bereit und zog mein Sakko an, das schon eine Zeit lang in der Redaktion hing. Und was war in der Innentasche? Eben!

Meine Freundinnen und Freunde meinten zwar, ich hätte die Geschichte nur inszeniert, um meiner Fotoapparatsammlerleidenschaft fröhnen zu können. Um sie Lügen zu strafen, verkaufte ich gleich eine meiner Kameras zu einem derart günstigen Preis, dass sie mir förmlich aus der Hand gerissen wurde. Und jetzt frage ich Sie, liebe Leserinnen und Leser: Kann man bei einem Besitzer von vier Fotoapparaten schon von Sammlerleidenschaft sprechen?

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Unterhaltsames Straßentheater (2009, KW17)

Über Tier- und Kinderschutzkeiler, die sich Passanten in den Weg stellen, um Mitgliedschaften abzuschließen, wurde schon hinlänglich geklagt.

Höchste Zeit, einmal die positive Seite dieser Aktivitäten – des „Campaning“, wie es die Organisationen nennen – hervorzuheben. Ich spreche hier vor allem den Unterhaltungswert an. Setzen Sie sich einmal auf eine Parkbank oder in einen Schanigarten, wo Sie einen guten Blick auf das „Campaning“ haben und betrachten Sie das als eine Art Straßentheater.

Beobachten Sie die Veränderung der Körperhaltung der Keiler sobald sie ein Opfer ausgewählt haben. Und nun wenden Sie die Aufmerksamkeit auf das Opfer, schauen Sie wie es reagiert, sobald es erkennt, wer ihm da gutgelaunt mit grinsendem Gesicht entgegen schlendert. Versucht das Opfer auszuweichen oder so zu tun, als würde es den Keiler nicht bemerken? Das wird ihm nicht gelingen, denn der Keiler – oder auch die Keilerin – wird sich in den Weg stellen, die Arme ausbreiten und das Opfer zumindest so lange fixieren, bis es sagen muss, dass heute laut Mondkalender ein ganz schlechter Tag zum Beitritt in eine Tierschutzorganisation ist.

Auch wenn Sie von Ihrem Beobachtungsposten aus nicht hören, was zwischen Keiler und Opfer gesprochen wird: Sie werden es von der Körpersprache ablesen können.

Besonders unterhaltsam sind Keiler, die wie Wölfe in Gruppen agieren und die sich so postieren, dass ein Opfer, wenn es einem Wolf ausweicht direkt dem nächsten in die Arme läuft.

Sind gerade keine Opfer in Sicht, gesellen sich die Keiler zueinander und klagen darüber, wie abweisend die Leute heute wieder sind.

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Wirklich triftige Gründe zum Ärgern (2009, KW19)

Im Waschraum eines Flughafen-WCs sah ich einen Mann, der sich furchtbar ärgerte, weil der Papierhandtuchspender nicht richtig funktionierte. Voll Wut rief er in die Welt hinaus: „So a Scheißdreck! Oiweu des söhbe! De Putzweiba schlofm woi in da Pendluhr!“ Man sah ihm an, dass ihm der Handtuchspender gründlich den Tag verdorben hatte; und das, obwohl in dem Waschraum noch vier weitere funktionierende Handtuchspender hingen.

Da dachte ich, dass es wohl noch viele ebenso triftige Gründe gibt, sich maßlos zu ärgern. Etwa, wenn man nach einer Wanderung in einer Jausenstation Rast hält und dann einen Wanderer sehen muss, der die Frechheit besitzt, zuerst das Schuhband des linken Wanderschuhs und DANN erst das des rechten zu binden.

Auch beim Zugfahren fände unser Held von oben reichlich Anlass, sich aber so richtig aufzuregen, etwa wenn bei einer Haltestelle der Ausstieg auf der linken Seite statt auf der rechten ist: eine Unverfrorenheit sondergleichen! Ausgesprochen ärgerlich ist es auch, wenn ein Dienstag auf einen ungeraden Kalendertag fällt. Solche Tage sind eine kalendarische Frechheit – vor allem, wenn dann auch noch die Sonne scheint.

Zum Glück übernachtete der Hitzkopf nicht in der Wohnung des Paares, das ich in London besuchte: Nach einer wirklich eiskalten Dusche fragte ich die beiden, ob denn ihre Warmwasserheizung kaputt sei. „Aber nein, wieso denn?“ wunderten sie sich. Nach der zweiten eiskalten Dusche stellte ich fest, dass in ihrem Badezimmer das Heißwasser aus dem Hahn kommt, auf dem „cold“ steht und das Kaltwasser aus dem mit der Aufschrift „hot“.

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Jugendlichkeit mit perfektem Biss (2009, KW20)

Ich komme schön langsam in ein Alter, in dem vor allem Männer ein letztes Aufbäumen ihrer Jugendlichkeit inszenieren. Die einen kaufen sich Cabrios oder flotte Sportwägen, andere wiederum schaffen sich Motorräder an. Da mich beides nicht interessiert, habe ich an eine Zahnspange gedacht. Meine Überlegung war die: Ich schaue jetzt schon zehn Jahre jünger aus als ich bin; mit der Zahnspange kommen dann nochmals drei Jahre dazu. Und das wären die drei Jahre, die es dauern würde, bis ich den perfekten Biss und ein Zahnpastawerbungslächeln erarbeitet hätte.

Mein Hauszahnarzt empfahl mir einen Spezialisten, der meine Zähne und das Gebiss ausführlich untersuchte. Meine Zähne in wunderschöne Perlenschnüre zu verwandeln sei kein Problem, erklärte er mir. Aber dazu müsste auch mein Unterkiefer operiert werden. Und da zerbröselten meine Vorstellungen von schönen Zähnen. Denn so schön kann ich in drei Jahren gar nicht sein, dass ich mir eine Kieferoperation antue. Meine Leidensbereitschaft stößt bereits bei der Herumplagerei mit einer Zahnspange an ihre Grenzen. Aber eine Operation? Niemals!

Einen Vorgeschmack auf die Zahnspange bekam ich schon vorige Woche. Da baute mir der Spezialist sogenannte Separatoren in die Zähne ein. Das ist eine Art Gummibänder, die die Zähne ein bisschen auseinander zwängen. Diese Behandlung führte dazu, dass das Beißen derart schmerzhaft wurde, dass ich mich eine Woche lang nur von Suppen und Püree ernähren konnte. Und genau in dieser Haferschleimwoche hagelte es Einladungen zum Essen, zum Grillen und zu einem tollen Buffet. Ich glaube, ich muss wohl meine Jugendlichkeit auf eine andere Art inszenieren.

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Die Geschwader aus dem Nichts (2009, KW21)

Gentechnisch gesehen unterscheidet sich der Mensch nur unwesentlich von der Obstfliege: 70 Prozent der genetischen Ausstattung von Fliege und Mensch sind ident. Der Hauptunterschied zwischen Mensch und Obstfliege besteht darin, dass man Menschen fragen kann, woher sie kommen. Wenn ich zum Beispiel unerwartet unbekannte Menschen in meinem Musikzimmer antreffen würde, könnte ich sie so manches mehr fragen, zum Beispiel ob sie sich etwa verirrt haben.

Bei Obstfliegen hilft nur Rätselraten. Und dieses Rätselraten beschäftigt mich seit ein paar Tagen. Ich frage mich, woher diese lästigen Kleinflugzeuge herkommen. Gut, ich gestehe: Ich habe über Nacht ein halb volles Glas Most in meinem Musikzimmer stehen lassen. Und seither durchschwärmt ein Geschwader Obstfliegen den Raum. Nun entstehen diese Viecher ja nicht im Most, sie werden nur angelockt. Aber in welchen Startlöchern sie mit den Füßen scharren und warten, dass jemand Most oder Rotwein öffnet, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Ein Freund meinte, solche Obstfliegen sitzen mitunter bereits im reifen Obst. Und um zu überdauern, genügt ihnen auch ein kleiner Obstfleck. Sie können auch in Blumenerde auf das Startsignal warten. In meinem Musikzimmer war allerdings noch nie unvergorenes Obst – und in meiner ganzen Wohnung gibt es keinen einzigen Blumentopf.

Ich sage Ihnen: Vielleicht besteht das größte Rätsel der Obstfliegen darin, dass sie – schwuppsdiwupps! – ganz von selbst aus dem Nichts entstehen. Und die Menschen haben nichts Besseres zu tun, als ihren langweiligen Gencode zu erforschen!

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Eigentlich und aber (2009, KW22)

Mein Balkon ist ein typischer Fall von "eigentlich und aber".

Eigentlich ist der Balkon ein kleines Paradies. Wenn ich am Abend oder in der Nacht am Balkon sitze, dann sehe ich die Lichter von Enns und dahinter die der VOEST, an klaren Tagen auch die von Linz und der Pöstlingbergkirche. Dazu die weißen Lichter der Autos auf der Autobahn, die hinter der Lärmschutzwand verschwinden und die roten, die hervor gleiten. Sterne sehe ich nur vage, denn dazu ist es zu hell.

Nicht selten laufen Rehe und Hasen durch den Garten, Igel sowieso; manchmal fliegt eine Eule ganz dicht an mir vorbei und in der Dämmerung tanzen die Fledermäuse durch die Luft. Wenn die Katze der Nachbarn merkt, dass ich am Balkon bin, dann kommt sie kurz vorbei, um zu schauen, ob ich nicht etwas Essbares für sie habe.

Tausende Zikaden feiern fröhliche Urständ und machen einem Mordstamtam: Manchmal zirpen sie alle durcheinander, dann schwingen sie wieder im Einklang.

Wenn ich Glück habe, dann höre ich die Autos auf der Autobahn sehr laut. Und damit sind wir beim "aber". Denn wenn ich die Autos höre, dann kommt der Wind vom Westen und bringt mir frische Luft. Kommt der Wind allerdings vom Osten, dann bringt er mir die Luft, die zuvor zwei Schweinegroßmastbetriebe durchstreift hat, und das ist Luft, die 3.000 Schweine eingeatmet und wieder ausgeschieden haben. Am Montag mischte sich auch intensiver Gestank frisch ausgebrachten Adels unter diese Brise. Natürlich weiß ich, dass es sich hier um landwirtschaftliche Notwendigkeiten handelt, um das zu produzieren, was ich dann esse, aber ein bisschen jammern mögen Sie mir bitte nicht übel nehmen.

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Bin ich böse? (2009 KW 28)

Halten Sie mich für einen bösen Menschen, wenn ich Ihnen sage, dass ich die niederösterreichische Landeshymne nicht mag? Bei Spatenstichen und ähnlichen Feierlichkeiten werden gern die anwesenden Polit-Promis dazu vergattert, die Hymne zu singen. Dazu müssen sie ernste und bedeutungstragende Minen aufsetzen. Und das Publikum muss sich zumindest von den Sitzen erheben, wenn die Hymne erklingt. Fast als handelte es sich um eine religiöse Zeremonie. Als Fotograf kann ich mich zum Glück während des Landeshymnensingens hinter der Kamera verstecken. Denn – und jetzt sage ich es wirklich – ich mag die Landeshymne nicht. Schon die Melodie finde ich langweilig. (Beethoven wird mir diese Kritik wohl ebenso verzeihen, wie er so manche Darbietung verzeiht, die ich schon mitanzuhören das Vergnügen hatte.)

Und dann der komische Text des NS-Sympathisanten und Hatschi Bratschis Luftballon-Erfinder Franz Karl Ginzkey! Zum Beispiel die Sache mit dem „innersten Gebot“, das im Herzen geschrieben stehe. Also in meinem Herzen steht was anderes als innerstes Gebot als die Heimat zu lieben. Und überhaupt: Was soll das für eine Liebe sein, die einem befohlen wird!

Gnädigerweise wird bei den besagten Feiern nur die erste Strophe gesungen. Würde die Musikkapelle aber die zweite und dritte Strophe auch spielen, dann müssten die Promis noch komischere Verse singen: Zum Beispiel „Getreu dem Geist der Ahnen“. Auf wessen Geist spielt Ginzkey da an? Und: Was sollen die Fahnen, die „an ernster Mahnung reich“ im Wind wehen? Nicht böse sein, aber für mich sind das alles nur leere Worte. <

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„Nur noch fünf Minuten!“ (2009 KW 30)

Heute wollen wir ein neues Wort lernen: Es heißt „V-Zeit“. V-Zeit nenne ich die Verzögerung, die man bei Zeitangaben mitrechnen darf. Ein Beispiel: Sagt Kollege X. „Nur noch fünf Minuten!“, dann wissen alle, dass man von mindestens zehn Minuten ausgehen muss. Frage ich dann „V-Zeit oder Normalzeit?“ wird er selbstverständlich „Normalzeit!“ sagen aber V-Zeit meinen. Sagt er „Ich komme spätestens um 2 Uhr“, wissen wir, dass wir ab halb drei mit ihm rechnen dürfen. Kennt man den V-Faktor sind solche von der Normzeit abweichende Angaben kein Problem.

Interessant ist die V-Zeit auch bei Zug-Verspätungsangaben am Amstettner Bahnhof. Ein freundlicher Bahnhofsvorstand erklärte mir, warum die Verspätungsangaben an den Anzeigetafeln von der tatsächlichen Verspätung abweichen: Es wird immer der Verspätungsstand angegeben, den der Zug gerade hat. Manchmal kann er aber bis er in Amstetten ist ein bisserl Zeit aufholen; manchmal kommt zusätzliche Verspätung dazu. Das macht die Berechnung der V-Zeit sehr schwierig. Fast hätte ich jetzt die ÖBB ausnahmsweise einmal gelobt: Im Internet kann man die jeweilige Verspätung der Züge erfragen. Leider aber nur bis zur geplanten Abfahrtszeit. Hat mein Abendzug, der um 23.39 Uhr abfahren soll eine Stunde Verspätung, dann kann ich bis 23.39 den aktuellen Verspätungsstand erfragen, ab 23.40 gibt‘s die Auskunft nur noch telefonisch – allerdings erst nach zehnminütiger Wartezeit. V-Zeit, versteht sich.

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Englischer Verkehr (2009 KW 34)

Ich darf wieder einmal meinen Bildungsauftrag erfüllen und Ihnen Wissenswertes aus meinem bevorzugten Reiseland – England – mitteilen.

Eine Kulturtechnik, die in unserer Region noch ausbaufähig ist, und die England zu dem Imperium machte, das es heute ist, ist das Anstellen. Egal ob vor der Supermarktkasse, beim Bahnschalter oder im Strandcafé: Wo bei uns Ellbogenstich und andere Kampftechniken zum Einsatz kommen, stellen sich Engländer an. Und wer sich vordrängt wird zurück an den Start geschickt. Gern werden Anstellende – sogar in Supermärkten – mit Absperrbändern zum Schlangenbilden geleitet.

Österreichische Supermärkte fahren eine andere Strategie, um Anstellende zu unterhalten: Die Gänge zwischen den Regalen sind gern so angeordnet, dass zwei parallele Gänge zu einer Kasse genau in der Mitte führen. Da stellen sich links und rechts Leute an – und vor der Kasse bräuchte es dann jemanden, der den Einkaufswagerlverkehr regelt. Da es aber an Einkaufswagerl-Lotsen mangelt, kommen jene schneller zum Ziel, die besser im Vordrängen geschult sind.

In der Gegend, wo ich unterwegs war, sind fast alle Straßen so schmal, dass oft nur ein Auto Platz hat. Kommen einander zwei Autos entgegen, muss eines zurückschieben bis eine Stelle gefunden wird, an der beide aneinander vorbeifahren können. Gäbe es solche Stellen bei uns dann hätten wir jeden Tag Verletzte: nicht durch allfällige Unfälle sondern weil viele ihre Vorfahrt mit Fäusten erkämpfen würden.<

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"Heh, du hast einen Bart!" (2009 KW 36)

Alle, die mich in den letzten drei Wochen nicht gesehen haben, haben etwas versäumt. Ich hatte einen Bart. Das hatte einen ganz pragmatischen Grund: Ich wanderte drei Wochen lang mit einem Rucksack am Buckel die Küste Cornwalls entlang und legte dabei ganz schön Höhenmeter zurück. Mein Rucksack war mit 15 Kilo auch so schon schwer genug, deshalb verzichtete ich darauf, auch noch einen Rasierapparat mitzuschleppen. (Von der Größe des Rucksacks zeugen die Reaktionen, die ich immer wieder hervorrief: Wanderer kamen mir entgegen, starrten auf den Rucksack und riefen dann: „Oh, my god!“).

Nach drei Wochen hatte ich einen Bart, wie er mir halt so gewachsen war. Nur an den Wangen habe ich mich mit Einwegrasierern geschoren. An Oberlippe und Kinn geht das nicht, da würde ich mich derart verschneiden, dass die Leute glauben könnten, ich würde einer schlagenden Burschenschaft angehören.

Noch nie hat mein Äußeres so viele Reaktionen ausgelöst und Gespächsstoff abgegeben wie mein Bart. „Heh, du hast einen Bart!“ hörte ich unzählige Male. Eine Umfrage unter zirka 20 Frauen ergab eine deutliche Mehrheit für den Bart, allerdings solle ich ihn etwas kürzen. Gegen den Bart sprach, dass ich ihn als sehr unpraktisch empfand und er immer struppiger wurde. Deshalb waren es auch ganz pragmatische Gründe, warum ich ihn wieder abrasierte: Als ich mein Gesicht mit Sonnencreme eincremte, war mir der Bart im Weg. Seither höre ich immer wieder: „Heh, du hast den Bart abrasiert!“

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Meine Kochrezeptsammlung reicht für Jahrhunderte (2009 KW 38)

Ich darf heute an die Kolumne meiner Kollegin Michaela Aichinger von der Vorwoche anknüpfen. Sie berichtete vom Rezepte-Dschungel, der dadurch entstand, dass sie Kochrezepte aus Zeitungen und Zeitschriften sammelte und zu einem Zettelberg unordnete.

Ich sammle keine Rezeptzettel, ich sammle gleich Kochbücher. Wenn ich all meine Kochbücher nebeneinander stelle, kommen nicht ganz zwei Laufmeter zusammen. Eine Hochrechnung ergab, dass ich in dieser Sammlung gut und gern 15.000 Rezepte horte. Wenn ich in eine Buchhandlung gehe, muss ich mir beide Hände auf den Rücken binden, um nicht weitere Kochbücher zu kaufen. Zu verlockend sind all die bunten Bilder, die zum sofortigen Nachkochen ermuntern.

Allerdings weiß ich, dass ich damit ungenießbare Speisen produzieren würde. Denn damit die Fotos besonders schön bunt leuchten, werden die Speisen eingefärbt und mit Lack übersprüht.

Wenn ich bedenke, dass ich nur an zwei Tagen der Woche zum Kochen komme und außerdem viele Speisen mehrmals koche, dann müsste ich mehrere Jahrhunderte alt werden, um alle Rezepte meiner Sammlung zumindest einmal zu probieren.

Warum ich trotzdem so gern Kochbücher kaufe? Ich genieße Rezepte so wie andere Leute Gedichte. Beim Lesen stelle ich mir vor, wie das alles schmeckt, füge in Gedanken Zutaten dazu, lasse andere weg und träume mich in die Länder, aus denen die Gerichte stammen. Das ist fast wie Kochen und Essen gleichzeitig.<

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Die Arche Strengberg (2009 KW 40)

Das sind so die Ideen, die mir beim Radfahren kommen: Der Teil des Donau-Radwegs, der durch die Strengberger Au führt, hat, seit das Gasthaus geschlossen wurde, keine Labstelle mehr. Da dort Überschwemmungsgebiet ist, dürfen auch keine Gebäude mehr errichtet werden.

Aber wie wär‘s mit einer Arche? Eine Jausenstation in einer Art Schiff, das in der Au im Trockenen liegt. Sobald Hochwasser droht, werden die Luken dicht gemacht. Wenn der Wasserspiegel steigt, dann steigt das Schiff mit ihm und sobald das Hochwasser zurückgeht sinkt das Schiff wieder unbeschadet zu Boden. Ich habe einen Experten gefragt, der mir bestätigt hat, dass das technisch durchaus möglich wäre. Damit das Schiff wieder dort zu Boden sinkt, wo es hingehört, müsste eine entsprechende Führung geschaffen werden.

Wie man das mit dem Kanal, und der Wasser- und der Stromleitung lösen könnte, weiß ich zwar nicht, bin aber sicher, dass Spezialisten da schon was einfallen würde.

Soweit ich informiert bin, gibt es so eine Arche nirgends in Europa und sie wäre damit auch ein Publikumsmagnet. Dazu gäbe es ein pfiffiges Angebot regionaler Spezialitäten und radlerfreundliches Service – wo etwa Luftpumpen und Kettenöl zur Verfügung gestellt werden. Der Donauradweg bietet ja ein großes touristisches Potential und die „Arche Strengberg“ würde nicht wenige Leute anlocken. Und auch ich würde dort so manches Topfenbrot und so manches Glas Birnensaft zu mir nehmen.

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Kein Geld für Faire Milch (2009 KW 42)

Konsumenten, die beim Eurospar Amstetten Faire Milch kaufen wollen werden enttäuscht. Wie mir das Service Team von Spar mitteilte, war Spar zwar das erste österreichische Handelsunternehmen, das Faire Milch im Sortiment führte, leider sei allerdings die Nachfrage der Kunden seit der Einführung sehr schwach gewesen und angesichts des wirtschaftlich schwierigen Jahres waren die Kunden noch weniger bereit, den höheren Preis dieser Milch zu bezahlen. Deshalb wurde die Faire Milch aus dem Grundsortiment genommen. Nur noch auf Bestellung der jeweiligen Filialleiter gebe es weiterhin Faire Milch bei Spar.Bevor ich mich mit der alles erklärenden und alles rechtfertigenden Krise abfand, schaute ich in den Getränke-Regalen, wofür die Konsumenten anscheinend bereit waren Geld auszugeben: Da gab es billig produzierte Limonade, die nicht gekühlt werden muss und ewig lang hält und trotzdem teurer war als Milch. Da gab es Mineralwasser aus Frankreich zu einem wahrhaft königlichen Preis. Würde das niemand kaufen, wäre es nicht im Sortiment. Selbst im Milchregal fand ich Produkte, die mit viel Zucker und bunten Farben um Käufer warben. Oder in kleine Plastikdosen abgepackte Wundermittel, die ganz laut „Wellness!“ rufen. Dass viele dieser Produkte wesentlich mehr kosteten als Faire Milch scheint selbst in der allgegenwärtigen Krise keine Käufer zurückzuschrecken.

Je mehr ich mir die Preise solcher Produkte, die ich sonst nicht beachte, zu Gemüte führte, desto mehr erschien mir der Preis der Fairen Milch geradezu lächerlich billig.<

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Eine Welt voller Klänge (2009 KW 44)

Mein täglicher Weg zum Bahnhof führt an einem kleinen Wasserfall vorbei. Manchmal nehme ich mir Zeit, seinen Klängen zu lauschen. Zuerst höre ich einfach das Rauschen des Wasserfalls. Doch schön langsam höre ich, wie sich dieses Rauschen aus unzähligen verschiedenen leisen Geräuschen zusammensetzt. Da ein Plätschern, dort ein Prasseln, da ein Gurgeln dort ein rhythmisches Tropfgeräusch. Je länger ich zuhöre, desto mehr Einzelgeräusche kann ich ausmachen und desto mehr Freude habe ich an dem Rauschen.

Doch dieses Spiel funktioniert nicht nur mit Naturgeräuschen: Das geht auch mit alltäglichnen Störgeräuschen, etwa dem ewig präsenten Lärm, mit dem die Autobahn meinen Balkon beschallt. Dieses Rauschen zerfällt – je länger ich zuhöre – in die Geräusche unterschiedlich großer Reifen, das Aufheulen eines Motors beim Beschleunigen, das Brummen von Lastwagenmotoren, dazwischen auch mal ein Hupen, das Surren der Kühlmaschinen von Kühltransportern und so weiter.

Diese Geräuschkulisse habe ich rund um die Uhr.

Nur einmal, in einer frühen Nachtstunde, war es plötzlich verdächtig still. Ich schaute nach und sah, dass sich ein langer Stau gebildet hatte und alle Autos – vor allem LKWs – still standen. Und mitten in diese Stille und in die Nacht hinein begann auf einmal jemand zu singen: mit lauter Stimme und voll Inbrunst. Ich kannte die Melodie nicht. Möglicherweise war es ein ukrainisches oder ein moldawisches Volkslied, das ein einsamer LKW-Fahrer sang.<

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Post von der ÖBB-Abteilung für Fahrgastvertreibung (2009 KW 46)

Wieder einmal die liebe ÖBB und ihr Kampf gegen die Fahrgäste: Ich wollte einmal mit dem Zug von Amstetten nach Steyr fahren.

Dann hatte aber der Zug in Am­stetten ein mittelgroße Verspätung. Obwohl die Schaffnerin in St. Valentin anrief und mitteilte, dass einige Fahrgäste nach Steyr reisen wollen, wurde ihr beschieden, dass der Anschlusszug von St. Valentin nach Steyr trotzdem nicht warten werde. Ich musste mich daher von einem Kollegen mit dem Auto abholen lassen, um nicht zu spät zu kommen.

Am nächsten Tag ging ich zum Amstettner Bahnhof, um das Geld zurückzuverlangen. Die Beamtin meinte, sie könne mir die 1,80 Euro schon zurückgeben, aber das würde 10 Euro Gebühr kosten. Daher schickte sie meine Rückforderung ein, wofür ich ein umfangreiches Formular ausfüllen musste.

Nun bekam ich Post von der ÖBB-Abteilung für Fahrgastvertreibung. Die Sachbearbeiterin entbot mir „Vielen Dank für Ihre Fahrpreiserstattung ...“ und bedauerte, dass meine Fahrt von Amstetten nach Steyr nicht wunschgemäß verlaufen sei. Ich hatte den Fahrpreis allerdings nicht erstattet sondern im Voraus bezahlt – und die Fahrt hatte mangels Zug gar nicht stattgefunden. Trotz vielen Danks und Bedauern bekomme ich mein Geld nicht zurück, so die Dame, da erst ab 20 Euro eine Entschädigung ausbezahlt werde.

Klar: verglichen mit den ÖBB-üblichen Beraterhonoraren sind 20 Euro gar nichts, ich aber muss dafür zwei Stunden arbeiten.

Trotzdem hoffte die ÖBB „... Sie wieder als unseren Fahrgast begrüßen zu dürfen“. Wie es doch so schön heißt: Die Hoffnung stirbt zuletzt.<

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Fitness-Training und Stromtherapie (2009 KW 48)

Fitness wird bei uns ja sehr groß geschrieben. Und da geht es nicht darum, dass wieder einer der Kollegen einen neuen Weltrekord im Schnelllaufen, Weitschwimmen oder Bergauf­radeln aufstellt sondern um das Fitnesstraining, das wir im täglichen Leben einbauen können und praktizieren.

Auch unser Fitnessgerät Nummer eins hat eine weitere Funktion. Nicht dass Sie jetzt denken, es handelt sich um einen Hometrainer, der früher oder später in eine Wäschespinne umfunktioniert wird. Nein: Unser Fitnessgerät dient uns auch als Bürotür. Die geht dermaßen schwer auf, dass man sich mit aller Kraft dagegen stemmen muss, um sie zu bewegen – und sie geht nur nach innen auf. Wir kennen den Schmäh natürlich und haben dank des muskelstählenden Türtrainings auch keine Mühe mehr die Bürotür zu bewegen. Probleme macht die Tür nur unseren Besucherinnen und Besuchern, die sie mit einem handelsüblichen Kraftaufwand zu öffnen versuchen. Doch da rührt sich die Tür keinen Deut und die Besucher laufen regelmäßig dagegen. Auch wenn sie versuchen, die Tür nach außen zu öffnen scheitern sie regelmäßig. Daher müssen wir unseren Besuchern nach dem Abschiedsgruß meist noch ein „Ziehen!“ nachrufen.

Brauche ich zusätzlich zu diesem Training eine Aktivierung der Lebensgeister, dann öffne ich ein Fenster: Dank Teppichboden und Schlapfen bin ich meist furchtbar elektrisch aufgeladen. Sobald ich den Fenstergriff berühre blitzt es und mich durchfährt ein Stromschlag, der intensiver wirkt als 13 Tassen Bohnenkaffee.<

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Das vermaledeite Telefonbuch im Internet (2009 KW 50(

Sehr praktisch ist das Telefonbuch im Internet. Da spart man sich die meterdicken Telefonbücher von früher, die meist gleich drei Schubladen des Vorzimmerkastls ausfüllten. Seit es keine Diaprojektoren mehr gibt braucht man auch keine Telefonbücher mehr zum Unterlegen.

Neben Auskünften von Telefonnummern bietet das Telefonbuch im Internet auch Unterhaltung; zum Beispiel dient es als Geschicklichkeits- und Geduldspiel, vor allem Letzteres.

Als ich die Tage eine Telefonnummer ausfindig machen wollte, wurde meine Geduld geradezu einer Zerreißprobe ausgesetzt. Und das kam so: Ich öffnete das Internettelefonbuch und wollte schon den Namen der gesuchten Person eintippen, da öffnete sich ein Werbefenster einer Telefongesellschaft und zwar so dumm, dass es das Feld zum Nameneingeben verdeckte. Als ich mit dem Mauszeiger in ein anderes Feld fuhr, verschwand das Werbefenster. Jedoch als ich den Namen eintippen wollte, öffnete sich das vermaledeite Fenster wieder. Nun lassen sich die Werbefenster ja meist wegklicken – dieses aber nicht. Wenn man auf das Wegklickkasterl klickte, öffnete sich die Homepage der Telefongesellschaft. So ging es ein paar Mal hin und her. Als ich das fünfte Mal auf der Homepage dieser Telefongesellschaft landete, hatte ich sie bereits derart lieb gewonnen, dass ich mir vornahm niemals mit ihr Geschäfte zu machen.

Und die Telefonnummer holte ich mir von einem Kollegen, der sie in einem Notizbuch aus Papier eingetragen hatte.<

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Gesegnete Mahlzeit! (2009 KW 52)

Wir erleben gerade eine Saison, die wohl den einen oder anderen Vorsatz, in Zukunft weniger zu essen, hervor bringt.

Da muss ich Ihnen von einer Beobachtung berichten, die in die gegenteilige Richtung schlägt und die ich schon mehrmals im Bekanntenkreis machte: Bei gemeinsamen Abendessen langten manche besonders tüchtig zu, weil sie ja demnächst auf Kur fahren und dann eh fasten müssten. Daher gelte es, vorher noch so richtig ausgiebig zu tafeln.

Nach der Kur haben die Leute dann so viel abgenommen, dass sie das Gewicht haben, das sie hatten, bevor die Kur bewilligt worden war.

Ich war zwar noch nie auf einer Kur, weiß aber aus Berichten, dass es in der Nähe von jeder Kuranstalt mindestens eine Jausenstation gibt, die vor allem von Kurgästen frequentiert wird, die laut Kurplan eigentlich gerade wandern sollten, sich aber bei dick bestrichenen Schmalzbroten – begleitet von Most und Bier – von den Strapazen der Kur erholen. Und damit sich die Schmalzbrote nicht anlegen, gibt es nachher noch ein Schnapserl.

Ein Jausenstation-Wirt erzählte mir, dass er sein Hauptgeschäft mit Kurgästen mache, die eigentlich auf Diät gesetzt sind.

Manche nehmen sogar gern einen längeren Fußmarsch auf sich, um sich dann mit einer Brettljause zu verwöhnen. Ganz ohne Bewegung verläuft die Kur aber doch nicht: Nach den Schmalzbroten und dem Schnaps lieben es die fidelen Kurgäste zu tanzen.

Sollte ich in 50 Jahren auch einmal eine Kur machen, werde ich Ihnen gern berichten, ob es auf Kuren wirklich so läuft.<

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Wir sind Krise (2010 KW 1)

Auch wenn der helle Teil der Tage immer länger wird, fällt es mir schwer, den Optimismus, den manche Zeitgenossen an den Tag legen, zu teilen.

Nehmen wir die so genannte Krise, von der einige glauben, sie sei schon im Abklingen. Wenn ich höre, dass an den Aktienbörsen Spekulierer schon wieder das große Geld machen und das als Zeichen gewertet wird, dass sich die Finanzwirtschaft erholt, dann bin ich mehr als skeptisch. Wenn jetzt genau jene Spiele, die zur Krise führten, fröhliche Urständ feiern, dann brauchen wir nicht lange bis zum nächsten Umfaller warten.

Die Banker sind ja zuversichtlich, dass es der Papa Staat schon richten wird – siehe Hypo Alpe Adria, die ebenso viel Geld versenkt hat wie die BAWAG, nur dass diesmal der aktuelle Finanzminister zähneknirschend Kärnten von den Lasten befreit und diese den Steuerzahlern aufgebürdet hat.

Oder nehmen wir das Klima: Der Gipfel in Kopenhagen war – gelinde ausgedrückt – für den Hugo. Hier zeigt sich, dass der Mensch unfähig ist, langfristig zu denken. Und im Vergleich zu dem, was uns der Klimawandel bescheren wird, ist die sogenannte Krise ein Lercherlschas.

Auch das politische Klima macht mir Sorgen: Wenn diejenigen, die Zwietracht und Missgunst säen, mehr Zulauf haben als jene die für Versöhnung und Solidarität eintreten, dann frage ich mich, wie unsere Gesellschaft wohl in ein paar Jahren aussehen wird.

Vielleicht täusche ich mich aber auch und wir gehen rosigen Zeiten entgegen.<

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Der Tulpenbär (2010 KW 3)

Als Reaktion auf meine vorige Wortspende, in der ich doch sehr pessimistische Zukunftsaussichten skizzierte, schrieb mir Leserin Silvia F.: "Warum schreiben Sie denn so traurige Sachen! Schreiben Sie doch was Lustiges. Schreiben Sie zum Beispiel etwas über den Tulpenbären!"

Gern, Frau F., Ihr Wunsch ist mir Befehl! Also der Tulpenbär – ursus tulipae, wie ihn Zoologen nennen – ist ein putziges Tier, das – aus Holland eingeschleppt – in unseren Wäldern lebt und sich manchmal sogar in die Gärten verirrt, wo er sich zum Leidwesen der Gartenfreunde liebend gern über Tulpenzwiebeln hermacht. Zur Zeit der Tulpenblüte erkennt man auch an den geköpften Tulpen, dass der Tulpenbär wieder einmal zu Gast war.

Dass man den Tulpenbären so selten zu Gesicht bekommt, liegt daran, dass er ebenso scheu wie zutraulich ist. Im Wald meidet er Wanderer so gut es geht. Läuft ihm aber ein Wanderer unverhofft über den Weg, dann flüchtet er nicht. Seine Neugier zwingt den Tulpenbären dann geradezu, den Wanderer zu beschnüffeln und ihm mit der Schnauze in die Kniekehle zu stupsen. Dabei ist der Tulpenbär als reiner Pflanzenfresser völlig harmlos. Trotz seines niedlichen Aussehens und seiner scheinbar tollpatschigen Art eignet sich der Tulpenbär nicht als Haustier. Als Wildtier braucht er die Freiheit und weite Wälder, die er nach Tulpen absuchen kann. Findet er keine Tulpen, bettelt er Wanderer an, wobei er dann so treuherzig dreinschaut, dass man es nicht übers Herz bringt, ihm keine Tulpen zu geben. Nur einen Nachteil hat der Tulpenbär: Es gibt ihn nicht.<

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Am Ende meiner Schilaufbahn 2010 KW 5

Mit dem Schifahren habe ich es ja nicht so. Im Jahr 1981 (!) wollte ich es noch einmal wissen. Ich borgte mir eine Schiausrüstung aus, fuhr in Hintertux einen halben Tag Schi und seither weiß ich, dass mir das keinen Spaß macht.

Dabei darf ich vermerken, dass ich in meinem Leben vier Paar Schier besaß, wobei ich die ersten beiden Paare auf einem Hang mit nur drei Metern Höhenunterschied aufbrauchte. Das war aber sehr lustig, denn auf dem „Hang“ waren alle Kinder der Siedlung und alle hatten eine Mordsgaudi.

Die Alternative wäre gewesen, auf den Rohrberg zu gehen. Das hätte aber hin und zurück einen Fußmarsch von über drei Kilometern bedeutet, was – mit den Schiern am Rücken und den Schischuhen an den Füßen – für ein achtjähriges Kind doch zu weit war. Dazu galt es ja auch noch nach jeder Abfahrt die Schi wieder nach oben zu tragen.

Später lernte ich dann auch „richtig“ Schifahren mit Lift und dem Anstellen davor.

Vor zwei Jahren wollte ich es mit dem Langlaufen versuchen. Mit einem Langlauflehrer und dessen Freundin fuhr ich ins Mostviertel. Der Lehrer zeigte mir genau, wie das geht. Dann – swap, swap, swap – zischten die beiden scheinbar mühelos los, während ich mir jeden einzelnen Meter schwer erkämpfte. Nach zwei Stunden fühlte ich mich, als hätte mich ein Mähdrescher überrollt und ich brauchte eine Wanderung von weiteren zwei Stunden, um alle meine Gliedmaßen wieder in die richtige Reihenfolge zu bringen.

Jetzt begnüge ich mich damit, täglich zu Fuß zum Bahnhof zu gehen; manchmal noch bevor der Schneepflug gefahren ist. Da habe ich auch meinen Wintersport.<

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Fragen Sie Onkel Norbert (2010 KW 7)

Lieber Frage-Onkel Norbert,

woran erkennen Katzen einen Menschen? Ich habe einmal folgendes Experiment mit meiner Katze gemacht: Ich streichelte sie und ging dann in ein anderes Zimmer. Dort zog ich mir komplett andere Kleidung an und setzte mir auch noch eine Pudelmütze sowie eine Schibrille auf. Dann ging ich zurück zur Katze. Sie erkannte mich anscheinend trotzdem und reagierte überhaupt nicht auf meine Verwandlung.

Ihr Abt Enormtrost

Lieber Abt Enormtrost,

um Ihre Frage beantworten zu können, unternahm ich das gleiche Experiment mit der Katze meiner Nachbarn, die des Öfteren zu mir Futter holen und sich ausrasten kommt. Sie reagierte nicht einmal, als ich mir den Rollkragen meines Pullovers über den Kopf zog. Da ich dank meines Gary Larson-Studiums die Gedanken der Tiere lesen kann, kann ich Ihnen antworten: Der Katze ist es einfach egal, wer ins Zimmer kommt und ob sie ihn erkennt oder nicht; Hauptsache, sie wird gestreichelt und kriegt was zu futtern. Als ich den Trick mit dem Rollkragenpullover machte, dachte die Katze: „Ach, der Schmäh schon wieder! Am besten gar nicht erst reagieren.“

Nun eine ganz andere Frage an Sie, liebe Leserinnen und Leser:
Was haben „Mistrevolte“, „Vetter im Los“ und „Meister Volt“ gemeinsam – und welcher Landstrich kann damit bezeichnet werden? .

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Der Hundefänger bin ich ja (2010 KW 9)

Ich habe das Zeug zum Hundefänger. Früher legten es Hunde darauf an mich zu beißen oder zumindest zu verbellen. In letzter Zeit aber laufen sie mir mehr zu. Erst diese Woche war es der fünfte Hund, der mich gern adoptiert hätte.

Das geht meist so, dass ich spazieren gehe und dann ein Hund freudestrahlend angaloppiert kommt und dann mit mir so mitgeht, als würde er mir gehören. Ein dackelförmiger Hund zum Beispiel lief bei einer Wanderung immer schwanzwedelnd zehn Meter vor mir. Interessant wurde es an Kreuzungen. Da entschied sich der Hund für eine Straße. Nahm ich die andere, kam er zu mir gelaufen, um gleich wieder vor mir her zu dackeln. Ich brauchte fast eine Stunde, bis er ein anderes Herrl zum Mitlaufen fand.

Ein semmelfarbener Hund kam aus einem Bauernhaus gelaufen und folgte mir. Nach einiger Zeit nahm ich den Hund, drehte ihn in die richtige Richtung und sagte ihm: „Dorthin musst du gehen.“ Aber kaum war ich ein paar Schritte gegangen, da hörte ich ihn schon wieder hinter mir hecheln. Ich brachte ihn zum Bauernhaus zurück, wo ihn die Bäuerin so lange festhielt, bis ich außer Sicht war.

Und ob Sie es glauben oder nicht: Sogar zwei Ziegen sind mir einmal auf einer Wanderung gefolgt. Sie gehören dem Besitzer jenes Hundes, der mich schon einmal gebissen hat und mich seither, wenn er mich auf der Straße sieht, freudestrahlend und schwanzwedelnd begrüßen kommt. Die Ziegen gingen zirka zwei Kilometer mit mir mit, dann wurde ich ihnen zu langweilig und sie suchten ein anderes Opfer.

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Bitte keine Wasserfarben (2010 KW 11)

Sammeln ist eigentlich eine komische Angewohnheit. Meist besteht sie im Anhäufen von Dingen, die keinen praktischen Wert haben, seien es Briefmarken, Stecknadeln oder Zigarrenbauchbinden. In den USA gibt es einen Milliardär, der sogar aufgelassene Fabriken sammelt.

Und ich? Ich sammelte Kugelschreiber mit Werbeaufschrift. Die Idee kam mir in meiner Studienzeit als ich in meiner Schublade mehrere Reklamekugelschreiber entdeckte, ohne mich zu erinnern, wie ich zu diesen gekommen war. Da machte ich einen Test mit Studienkollegen, die Reklamekugelschreiber benützten, und fragte sie, woher sie diese haben. Und mehr als drei Viertel konnten beim besten Willen keine Antwort geben. Seither sehe ich Reklamekugelschreiber als geheimnisvolle Objekte, die von Ort zu Ort, von Mensch zu Mensch reisen, dort und da eine Zeit verweilen, um dann wieder weiter zu reisen. Mittlerweile umfasst meine Sammlung zwei Schuhkartons voll Reklamekugelschreiber.

Eine ähnliche Sammlung habe ich halb unfreiwillig angelegt: Unvorsichtigerweise hatte ich im Freundeskreis ein paar Mal berichtet, welche Freude es mir mache, einen ganz neuen Wasserfarbenkasten zu benutzen – eine Lust, die mir in meiner Schulzeit versagt blieb. Nun bekam ich zu allen möglichen Gelegenheiten Wasserfarbenkästen geschenkt. Mittlerweile könnte ich bis an mein Lebensende und dann noch hundert Jahre malen, ohne dass meine Wasserfarben zur Neige gehen würden. Bald habe ich Geburtstag, und ich ersuche Sie: Schenken Sie mir bitte keine Wasserfarben.<

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